Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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Mann fesselte. Aber dann meldete sich die leise Stimme der Vernunft, und sie rief: »Denk an die Menschen, die dir vertrauen, denk an deine Berufung.« Und da murmelte sie: »Ich kann nicht fort von hier, Max, es geht nicht. Noch nicht. Vielleicht spüre ich irgendwann, daß meine Aufgabe hier erfüllt ist. Aber noch liegt sehr viel Arbeit vor mir. Und ich darf nicht nur an mich denken, auf diese Weise wird man nicht glücklich im Leben.«

      Er gab sie frei, blickte sie ernst ein. Eine kühle Brise strich sacht über ihre erhitzten Gesichter, und da war es, als gewinne die Vernunft ein ums andere Mal die Oberhand.

      »Ja, du hast recht. Ich darf dich net drängen. Verzeih mir, Julia. Wennst mir versprichst, mich net zu vergessen...«

      »Sag nix.« Sie legte ihm die Hand auf den Mund und lächelte, traurig und tapfer zugleich. »Du wirst immer in meinem Herzen sein, Max. Und wenn ich es nimmer aushalte vor Sehnsucht, dann werde ich zu dir kommen. Das darfst nicht vergessen!«

      »Ich werde mich daran erinnern«, versprach er ihr ernsthaft. Der Kuß, den sie dann tauschten, schien diese Abmachung zu besiegeln und ihnen zugleich ein wenig Trost zu geben in dieser bittersüßen Stunde des nahen Abschieds.

      *

      »Das mach ich keine Sekunde länger mit!« Christel Brenner verließ erbost die Praxis und eilte nach oben in die Wohnung von Josef Brinkmeier. Der alte Doktor lächelte so milde, während sie sich bitterbös über Dr. Haselbeck beschwerte, daß Christel schließlich stutzte und wissen wollte: »Ist was geschehen? Hast Schmerzen, Doktor? Soll ich die Rettung anrufen?«

      »Die Rettung kommt schon«, erklärte dieser mit einem so seligen Lächeln, wie die Sprechstundenhilfe es noch niemals zuvor erlebt hatte. Das ließ nur einen Schluß zu. »Der Max kommt heim? Sag halt, Doktor! Hat er sich’s doch anders überlegt?«

      »Er ist schon unterwegs. Mei, Christel, ich hab nimmer daran glauben mögen. Aber es stimmt, er hat mich angerufen.« Josef erhob sich ein wenig schwerfällig, seine Miene zeigte deutliche Entschlossenheit. »Und jetzt werde ich den Haselbeck eigenhändig an die frische Luft befördern, bevor der mir auch noch den letzten Patienten vergrault!«

      Christel atmete tief durch und lächelte vergnügt. »Mei, das hätte ich net gedacht. Aber froh bin ich arg. Ich frag mich nur, was ihn umgestimmt hat. Am Telefon war er recht abweisend.«

      »Er hat sich halt daran erinnert, daß er auch noch eine Verpflichtung mir gegenüber hat. Besser spät als nie«, meinte der Landarzt überzeugt.

      Christel machte eine skeptische Miene. »Du, Doktor, daß du mir den Max net gleich wieder vergraulst mit deiner Sturschädelei, gelt? Gewiß ist es ein großes Opfer für ihn, wenn er jetzt sein ganzes Leben umkrempelt, um dir zu helfen.«

      »Weiß ich selbst«, brummte der. In der Tür blieb er noch einmal stehen und warf Christel einen fragenden Blick zu. »Was meinst, wird er diese Bruckner mitbringen? Vielleicht sind die zwei sogar verheiratet. Mei, das würde mir net recht schmecken.«

      »Soweit ich informiert bin, sind sie net verheiratet. Aber wenn sie mitkommst, kannst froh sein. Zwei Doktoren im Haus sind allerweil besser als nur einer.«

      »Na, ich weiß net...«

      Kurz nachdem Dr. Haselbeck das Feld geräumt hatte, erschien Alois Burgmüller in der Praxis. Er maß den Doktor mit einem prüfenden Blick und wollte wissen: »Du wirst doch net so unvernünftig sein und wieder die ganze Arbeit allein machen wollen, Doktor? Oder ist vielleicht was dran an dem Gerücht, das im Dorf umgeht? Der Max kommt zurück?«

      Josef Brinkmeier lächelte leicht. »Mei, Lois, wennst für jedes Mal, wo du das Gras wachsen hörst, ein Fünferl hättest, wärst so reich wie der Bill Gates.«

      Der Bürgermeister lachte geschmeichelt. »Und, stimmt’s denn?«

      »Schon. Mein Bub hat sich entschlossen, die Praxis zu übernehmen. Weißt, die Entwicklungshilfe, das war doch mehr ein Abenteuer für die jungen Jahre. Jetzt ist der Max ein bisserl gesetzter und denkt an was Solides.«

      »Wie sich die Dinge manchmal fügen, schon erstaunlich. Als dann, ich will dich net aufhalten. Eins sollst aber noch wissen: Ein jeder hier im Tal wird froh sein, daß uns die Brinkmeiers erhalten bleiben. Darauf kannst gehen!«

      So verbreitete sich durch die tatkräftige Hilfe des Bürgermeisters die große Neuigkeit rasch, daß man in Wildenberg bald einen neuen Doktor haben würde. Allerdings waren nicht alle so begeistert von dieser Aussicht. Manch einer, und dazu zählten vor allem die älteren Semester, legte eine große Skepsis an den Tag. Man traute dem Jungen nicht so viel zu wie seinem Vater. Und daß er so lange im Ausland gelebt hatte, wurde ebenfalls als eher suspekt betrachtet. Als Alois Burgmüller zur monatlichen Gemeinderatssitzung rief, kam man naturgemäß denn auch auf dieses Thema zu sprechen.

      »Es ist fei gut, daß die Sach jetzt geregelt wird«, meinte Georg Fellner, der Bergbauer. »Der Haselbeck hat einen Schmarrn getrieben und die Leut net richtig behandelt.«

      »Was du alles weißt«, murrte der Bürgermeister. »Hast am End selbst Medizin studiert und kennst dich deshalb aus?«

      »Das net. Aber ich kann mir auch so ein Urteil bilden. Schließlich bin ich auch kein Anwalt und hab trotzdem Recht gekriegt«, parierte der Fellner und traf damit genau Alois’ wunden Punkt. Eh dieser aber ausfällig werden konnte, bat Hochwürden Hirtner um Mäßigung. Der Pastor von Wildenberg war im gleichen Alter wie der Bürgermeister und hatte einst zusammen mit ihm die Schulbank gedrückt. Er war der einzige Mensch im Tal, der etwas Einfluß auf den Burgmüller ausüben konnte, von dem dieser sich auch mal was sagen ließ. Und so verkniff er sich denn eine giftige Erwiderung in Richtung Georg Fellner und stellte fest: »Der alte Brinkmeier wird noch net in den Ruhestand gehen, sondern seinem Sohn nur die meiste Arbeit überlassen, wenn ich das recht verstanden hab. Dann können die Leut sich fei langsam umgewöhnen, und das find ich sinnvoll.«

      »Der Max hat lang in Afrika gelebt. Vielleicht mag er mal vor meiner Klasse was erzählen«, meldete Kurt Taschner, der Schullehrer, sich zu Wort. »Ich denk, es könnte schon sein, daß manch einer deshalb voreingenommen gegen ihn ist.«

      »Aber der Max ist doch ein gebürtiger Wildenberger«, hielt Anna Stadler dem Lehrer entgegen. »Der wird sich schon wieder rasch bei uns einfügen.«

      »Wir werden sehen«, brummte Alois, dann rollte er eine große Gemarkungskarte auseinander und wechselte das Thema. »Ich hab vor ein paar Tagen ein Schreiben von einer Münchner Firma erhalten. Die wollen Ferienhäuser in unserer Gegend bauen. Recht exklusiv und nur für gut Betuchte. Ich denk, das wäre ein Projekt, wo wir einsteigen könnten. Land ist genug vorhanden.«

      »So was Ähnliches hast uns schon einmal verkaufen wollen, Alois«, erinnerte der Fellner ihn wenig begeistert. »Unser Dorf ist doch kein Urlaubsparadies.«

      »Hören wir uns den Vorschlag doch erst mal im Detail an«, schlug Hochwürden vor. »Was und wo genau soll denn gebaut werden, Alois?«

      »Über dem Dorf, hier und hier.« Er deutete auf einige Punkte in der Karte, wo durch Wellenlinien Höhenzüge markiert waren. »Es wäre ein gutes Geschäft für diejenigen, die Land da oben besitzen.«

      »Also erst mal für dich«, merkte Anna Stadler mit leiser Ironie an, die ihr einen gekränkten Blick des Bürgermeisters einbrachte. »Und wer ist noch betroffen?«

      »Moment mal!« Georg Fellner stand von seinem Platz auf und rief: »Dabei mache ich net mit. Das Land grenzt an meine Almen. Und dort droben kann ich keine Touristen gebrauchen.«

      Wie es schien, hatte der Burgmüller genau diese Reaktion erwartet, denn er lächelte zufrieden und belehrte seinen ehemaligen Spezl herablassend: »Du bist aber net allein auf der Welt, Schorsch. Und den Fortschritt kannst auch net aufhalten. Wenn gebaut wird, dann hast das hinzunehmen!«

      »Das werden wir ja noch sehen.« Der Bergbauer deutete auf die Karte. »Ganz in der Näh liegt die Wildenklamm, da ist ein Wasserschutzgebiet. Damit kommst net durch, dafür sorge ich!«

      »Ach ja? Willst vielleicht wieder klagen?« knurrte Alois. »Von mir aus.


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