Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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So ist das nun mal zwischen Brüdern. Die Frotzelei hab ich vermißt.«

      Lukas verzog abwertend den Mund und brummte: »Ich net.«

      In diesem Moment erschien Afra und verkündete: »Das Essen steht auf dem Tisch!«

      Während der gemeinsamen Mahlzeit führte Christel Brenner das große Wort. Sie war so sehr bemüht, keine Mißstimmung aufkommen zu lassen, daß Lukas’ Bemerkungen immer ätzender wurden. Als es dem Bauern aber nicht gelang, seinen Bruder zu provozieren, meinte er endlich: »Ich muß jetzt heim. Kann net den ganzen Tag hier umeinand hocken und plaudern.«

      »Bleib halt noch und sei net so ungemütlich«, forderte Christel. »Dein Bruder kommt nur einmal nach zehn Jahren heim.«

      »Das reicht auch«, knurrte Lukas und erhob sich. Max bemerkte, daß sein Vater zu einer strengen Zurechtweisung ansetzte, und stand ebenfalls auf. »Ich bring den Lukas noch aussi. Komm, Bruderherz, nach dem guten Essen wär ein Verdauungsspaziergang genau das rechte. Ich begleite dich noch ein Stückerl.« Er merkte, daß Lukas das gar nicht recht war, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Die beiden Brüder verließen das Haus und spazierten eine Weile wortlos nebeneinander her. Gleich groß waren sie und schauten beide fesch aus. Doch sonst schien es keine Gemeinsamkeiten mehr zwischen ihnen zu geben. Lukas behandelte Max wie eine lästige Zufallsbekanntschaft.

      Am Wegkreuz blieb der junge Landarzt stehen und schaute seinen Bruder ernst an. »Was hast, Lukas? Bist immer noch sauer auf mich wegen früher? Das kann ich net glauben.«

      »Und wenns so ist? Ich trag sonst keinem was nach. Aber du hast mir die Kindheit versaut. Und das vergesse ich nicht.«

      »Moment mal, das lasse ich nicht auf mir sitzen. Wir zwei haben uns doch gut verstanden. Woher kam bloß dieser Mißklang? Wieso ist es so weit gekommen mit uns?«

      Lukas vergrub die großen Hände in den Taschen seines Jankers. Seine samtbraunen Augen waren dunkler als sonst, seine Stimme klang rauh vor unterdrücktem Zorn. »Das will ich dir sagen. Als sich rausgestellt hat, daß du dem Vater nachschlägst und ich nur ein Bauer bin, da hat der Alte dich bevorzugt. Immer hast alles gedurft, was mir versagt war. Immer hab ich hintan stehen müssen. So was prägt fürs Leben. Das kann keiner vergessen.«

      Max schaute seinen Bruder betroffen an. »Ich wußte net, daß du so empfindest. Und ich hab auch nicht gemerkt, daß der Vater einen Unterschied zwischen uns macht. Er war doch auch immer stolz auf dich. Schließlich bist ein tüchtiger Bauer. Und das ist allerweil mehr wert als ein schlechter Arzt.«

      »Aber du bist kein schlechter Arzt. Ich wett, in Afrika haben sie auch von dir geschwärmt. Weißt was? Ich hab gehofft, daß du dort bleibst. In den letzten Jahren, da hatte der Vater nur mich. Gewiß, ich bin kein rechter Ersatz für meinen wunderbaren Bruder. Aber es gab nur mich. Und das war recht angenehm. Ich hab mich net immer an dir Supermann messen müssen.« Er seufzte leise. »Die Zeiten sind nun leider vorbei.«

      »Du redest dir was ein, Lukas. Wenn ich jetzt mit dem Vater zusammenarbeite, dann können doch auch wir versuchen, wieder miteinander auszukommen. Der Vater hat mich freudig aufgenommen, obwohl noch einiges zwischen uns steht. Willst es ihm net gleichtun? Ich möchte gern dein Vertrauen und deine Liebe zurückgewinnen. Wir sind doch eine Familie.«

      »Das waren wir nie«, behauptete der Bauer abfällig. »Die Brinkmeiers hatten einen Sohn, der dem Vater nachschlug. Und dann war da noch der Depp fürs Grobe. Ich nehm dir net ab, daß sich das jetzt ändern wird. Und ich leg auch keinen Wert darauf. Um mit anzusehen, wie du alle beeindruckst, hab ich keine Lust. Such dir also lieber ein anderes Publikum und laß mich in Ruh!«

      Noch ehe Max etwas einwenden konnte, war sein Bruder auf und davon. Bekümmert blickte er dem Bauern nach, der mit raschem Schritt dem Brinkmeierhof zustrebte. Er hatte nicht mehr gewußt, wie verbiestert Lukas sein konnte. Daran hatten auch die Jahre der Trennung nichts ändern können. Es würde nicht leicht werden, sich einander wieder anzunähern. Aber eben das wollte Max erreichen. Denn trotz allem stand sein Bruder ihm sehr nah. Auch wenn dieser es momentan noch hartnäckig leugnete...

      *

      Alois Burgmüller war geladen, als er von der Sitzung heimkam. Er gab sich aber Mühe, sich nicht gleich etwas davon anmerken zu lassen. Mühsam beherrscht betrat er sein Arbeitszimmer und kippte noch einen Enzian. Beim zweiten Stamperl hörte er Tobias die Diele betreten. Und gleich darauf schaute der Jungbauer ins Zimmer. »Vater, du bist schon wieder daheim. Wie war die Sitzung? Gibt’s was Neues?«

      »Schon. Setz dich halt kurz her, dann erzähle ich es dir.« Alois füllte ein zweites Stamperl, sein Sohn musterte ihn fragend, sagte aber nichts. »Das Geschäft mit den Ferienhäusern hat ein bisserl Anlaufschwierigkeiten. Aber ich denk, ich werde mich am End durchsetzen und einen ordentlichen Profit machen.«

      »Würde mich net wundern«, merkte Tobias schmunzelnd an.

      »Sonst gab es nix Wichtiges. Einmal davon abgesehen, daß der Bichler behauptet, du und die Lisa vom Fellner wärt ein Paar. Ich hab’s net glauben wollen und glaub es auch jetzt noch net. Es sei denn, du belehrst mich eines Besseren, Tobias.« Während er gesprochen hatte, hatten sich seine Augen zu Schlitzen verengt, und die Zornesader schwoll bedrohlich an. Tobias kannte diese Anzeichen, die tauchten immer vor einem Wutanfall seines Vaters auf. Sonst hatte er lieber klein beigegeben, als es auf so eine sinnlose Brüllerei ankommen zu lassen, die ihm aus tiefstem Herzen zuwider war. Nun aber mußte er standhaft sein. Es ging schließlich um sein Lebensglück.

      »Ich kann dir net widersprechen, Vater. Über kurz oder lang hätt’ ich dir die Lisa eh als meine Braut vorgestellt. Weil sie aber Angst gehabt hat, daß es wieder einen Unfried gibt, hat sie mich gebeten, noch zu schweigen. Wir haben gehofft, daß du und der Georg euch versöhnen tätet.«

      »So, das habt ihr also gehofft.« Der Burgmüller starrte seinen Sohn reglos an. Seine Stimme war leise, beinahe sanft. Doch was er sagte, machte dem Jungbauern überdeutlich, daß er nicht gewillt war, sich vernünftig zu unterhalten. »Ich fürchte, ich muß euch net nur in dem Punkt enttäuschen. Du weißt ganz genau, daß der Fellner für mich gestorben ist, seit er sich dieses Gerichtsurteil erschlichen hat. Einen schlimmeren Verrat hättest net begehen können.« Er hob unvermittelt seine Stimme und brüllte: »Du wirst das Madl nimmer wiedersehen, oder aber du kannst dich schleichen!«

      Tobias zuckte leicht zusammen und wurde ein wenig blasser. Doch er wollte sich nicht beugen. »Ich hab die Lisa lieb und werde sie heiraten. Was geht mich ein damischer Streit um ein Wegerecht an, das ganz und gar unwichtig ist? Du glaubst doch net im Ernst, daß ich deshalb auf mein Lebensglück verzichte.«

      »Es geht net um das Wegerecht, sondern darum, daß wir zusammenhalten, hast mich? Und du bist mir einfach in den Rücken gefallen, das dulde ich net!« Alois packte seinen Sohn am Kragen. »Hier und jetzt versprichst, das Madl nimmer zu treffen. Ich warn dich, Tobias, das ist kein Spaß. Wennst mir net folgst, dann bist die längste Zeit hier Jungbauer gewesen!«

      »Was ist denn da los? Seid’s narrisch worden?« Die Hauserin Franziska Schnürl stand in der offenen Tür, herbeigerufen von dem lauten Gebrüll. »Ihr weckt ja das ganze Haus auf!«

      »Schleich di, Franzi, ich hab was mit dem Buben zu bereden, das keinen sonst was angeht.«

      »Auch mich net?« Evi kam aus der guten Stube, eine Dose Cola in der einen Hand, eine Tüte Chips in der anderen.

      »Hast du gewußt, daß dein Bruder mit dem Fellner-Madl poussiert?« fragte Alois seine Tochter streng.

      Evi hob lässig die Schultern. »Freilich. Ist doch nix dabei. Die zwei haben schon letztes Jahr auf Kirchweih geschmust.«

      »Sackerl Zement.« Der Burgmüller schnaufte. »Dem Fellner sag ich die Meinung. Wenn der denkt, er kann sich hinten rum in unsere Familie einschleichen, hat er sich getäuscht.« Er stampfte aus dem Zimmer, grapschte nach Chips und Cola und polterte: »Hör auf, dich mit dem Müll vollzustopfen, das ist ungesund.« Mit Schwung landete beides in der Mülltonne und die Haustür gleich darauf im Schloß.

      Evi warf ihrem Bruder einen verständnislosen Blick zu. »Was hat er denn? So


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