Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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seinem Vater gehabt. Der Doktor ist drinnen und versucht, ihn zu beruhigen.«

      Josef sagte gerade zu Tobias: »Es wäre vielleicht besser, wenn ihr morgen net zusammen zur Messe geht. Dein Vater wird sich wieder aufregen wie narrisch und...« Er blickte auf, als Max erschien und ließ diesen wissen: »Der Hirtner hat dem Alois das Geschäft droben an der Wildenklamm-Alm verhagelt.«

      »Der Hirtner? Wie denn das?«

      »Er hat einen Spezl auf dem Umweltamt in Berchtesgaden sitzen«, berichtete Tobias aufgebracht. »Und dem hat er gesteckt, daß es droben an der Klamm viele seltene Wildpflanzen gibt. Jetzt wird geprüft, ob da ein Schutzgebiet eingerichtet werden soll. Der Brief vom Amt kam heut. Der Vater hatte einen schlimmen Wutanfall. Er ist gleich zum Hochwürden und hat dem Vorwürfe gemacht. Ihr könnt euch vorstellen, daß er jetzt erst recht nimmer gut auf die Fellners zu sprechen ist. Das Prüfverfahren wird sich hinziehen, da werden ihm die Investoren abspringen. Und das wäre dann wieder mal ein Sieg für den Georg. Aber deshalb werden wir net klein beigeben!«

      Max hatte dem Jungbauern aufmerksam zugehört, nun meinte er besonnen: »Du hast schon recht, Tobias. Der Hirtner ist auf eurer Seite. Und dein Vater muß endlich einsehen, daß euer Glück und seine Streitigkeiten mit dem Fellner zwei verschiedene Paar Schuhe sind.«

      Josef warf seinem Sohn einen skeptischen Blick zu. Nachdem Tobias die Stube verlassen hatte, um mit Lisa zu reden, gab er zu bedenken: »Das wird morgen die Feuerprobe für die zwei. Meinst wirklich, es ist recht, es drauf ankommen zu lassen?«

      »Mir wäre es auch lieber, wir könnten es ihnen ersparen. Aber danach schaut es jetzt net unbedingt aus.«

      Der alte Landarzt nickte bedächtig. »Ich glaub, du hast recht. Übrigens wollte ich noch mit dir reden, Max. Hast kurz Zeit?«

      »Gewiß. Was drückt dich, Vater?«

      »Ja, mei, so manches. Zunächst mal sollst wissen, daß ich mit dir sehr zufrieden bin. Hast es in kurzer Zeit geschafft, dich hier einzuarbeiten. Von den Patienten hört man nur Gutes.«

      »Es gibt noch viele, die kein Zutrauen zu mir haben.«

      »Noch. Aber das wird sich ändern. Du kannst was, Bub, bist ein guter Arzt. Und du weißt, wie man mit Menschen umgeht. Ich bin froh, daß du hier bist. Jetzt muß ich mir keine Gedanken mehr um die Zukunft machen.« Er drückte Max den Arm und lächelte mild. »Aber da ist noch was, die Altlasten sozusagen. Nach dem Studium haben wir beide uns sehr viel gestritten. Ich war ungerecht und hab dir dumme Vorwürfe gemacht.« Er bemerkte, daß sein Sohn ihm widersprechen wollte, und fuhr entschieden fort: »Dafür muß ich dich jetzt einfach um Verzeihung bitten. Im Grunde meines Herzens war ich nämlich immer recht stolz auf dich. Daß du in die Entwicklungshilfe gegangen bist, ist aller Ehre wert. Du sollst wissen, ich hab dich dafür im stillen bewundert, denn ich hätt’ mich das net getraut. Und daß du jetzt das alles für mich aufgegeben hast, rechne ich dir hoch an. Ich seh doch, wie sehr du dein Madl vermißt. Und ich hab deshalb auch ein schlechtes Gewissen. Denn ich will dich glücklich sehen, Bub.«

      »Man kann net alles im Leben haben«, hielt Max ihm bewegt entgegen. »Ich weiß, daß ich mich richtig entschieden habe. Und ich geb die Hoffnung net auf, daß die Julia mir folgen wird. Unsere Liebe wird das schon aushalten.«

      »Ich wünsch es dir. Noch was: Der Lukas ist kein glücklicher Mensch, das bedrückt mich. Er ist fleißig und auch zufrieden mit dem, was er macht. Aber er hat kein Selbstvertrauen.«

      Max nickte. »Ja, ich weiß. Er läßt keinen an sich ran, ich hab’s schon versucht, ohne Erfolg. Ich wollte ihn aber auch net drängen. Vielleicht gelingt es mir ja mit Geduld, ihm klarzumachen, daß wir wieder Spezln sein könnten. Es liegt nur an ihm, ich hab nie auf ihn herabgeschaut, wie er vielleicht denkt.«

      »Du hast dir also schon Gedanken darüber gemacht, das ist gut. Ich würde es gerne sehen, wenn ihr zwei euch vertragt.«

      Max nickte. »Ich auch. Das würde mir viel bedeuten...«

      *

      Am Sonntagmorgen schien eine noch wärmende Sonne vom klaren Herbsthimmel und vergoldete die bunt gefärbten Bergwälder rings um Wildenberg. Max und Josef saßen beim Frühstück, als Lisa in die Küche kam. Reichlich blaß um die Nase bat sie Afra bloß um eine Tasse Kaffee. Davon wollte die Hauserin aber nichts wissen, sie mahnte das Madl: »Du mußt was essen. Oder willst nachher in der Messe umfallen? Geh nur eini, die Doktoren sind beide da.«

      Nur zögerlich betrat das Madl das Eßzimmer. In diesem Moment erschien auch Christel Brenner, sie hatte Tobias im Schlepptau. Gleich flüchtete Lisa sich in die Arme ihres Liebsten und bat ihn leise: »Laß uns daheim bleiben, Tobias. Ich fürcht, es geschieht was Schlimmes. Gestern hast schon den Streit mit deinem Vater gehabt. Und wenn ihn jetzt der Schlag trifft, dann wär ich ja schuld daran.«

      »Schmarrn, du bist an gar nix schuld. Außerdem hat er sich ja in der Zwischenzeit beruhigt. Sauer ist er halt noch. Aber das hat er sich fei selbst zuzuschreiben. Im Grunde geht’s doch nur darum, daß er deinen Vater net hat ärgern können. Und die Lektion geschieht ihm ganz recht.«

      »Ich weiß net...«

      »Jetzt setzt euch her und eßt was«, forderte Josef. »Und wenn sich alle gestärkt haben, geht’s los!«

      Wenig später kam noch Anna

      Stadler, da war man gerade im Aufbruch. Sie trug ein besonders hübsches Dirndl, was Max gleich sah und ihr ein entsprechendes Kompliment machte. Anna strahlte. Auf dem Weg zur Kirche hängte sie sich dann an seinen Arm und plauderte munter drauflos. Alois Burgmüller sah das nicht gern. Doch sein Blick wurde noch finsterer, als er Lisa am Arm seines Sohnes gewahrte. Bleich und verkniffen betrat er das Gotteshaus und bedachte die Fellners im Vorübergehen mit einem Giftblick.

      Hochwürden Hirtner zögerte an diesem Morgen mit dem Predigen. Er ließ seinen Blick zunächst über die Anwesenden schweifen, dann legte er seine Predigt beiseite und erklärte: »Eigentlich sind wir im Jahreslauf heut bei Jesaja angekommen. Doch ich möchte zu euch über eine andere Bibelstelle sprechen. Bei Matthäus findet sich im sechsten Kapital ein Abschnitt über die Habsucht und die irdischen Sorgen. Jesus sagt dort: »Sammelt euch nicht irdische Schätze, sondern Schätze im Himmel. Denn niemand kann zwei Herren dienen, ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.« Und weiter: »Seid nicht besorgt für euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung?« Und schließlich: »So seid nun nicht besorgt um den morgigen Tag! Denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug.« Soweit die Worte Jesu.« Er schaute streng von Alois Burgmüller zu Georg Fellner. »Leider sind viele unter uns, die diese Worte vergessen haben. Ihr Tagwerk dient nur dem einen Zweck, sie wollen sich Schätze sammeln. Und das mit allen Mitteln. Die Habsucht aber ist eine böse Geißel, die es gilt, abzuschütteln, denn sie verhärtet unsere Herzen und läßt uns das Wichtigste im Leben vergessen. »Liebet eure Feinde!« Auch das ist ein Wort Jesu. Einige unter uns hat die Habsucht zu Feinden gemacht. Sie verblendet die Herzen, läßt sie kalt und berechnend werden. Und wenn sie nicht bekommt, was sie will, sinnt sie auf Rache. Nicht irdische Gerichte können dann das Recht wiederherstellen, es ist allein die Fähigkeit zu vergeben und zu vergessen. Einander die Hand im Guten zu reichen und den Frieden anzustreben. Liebe ist ein Geschenk Gottes. Es ist an uns, sie zu hegen und pflegen, sie zu bewahren. Und sie vor allen Dingen über das Materielle zu stellen. Nur so finden wir zurück zu einem Leben, wie es gottgefällig ist. Und nur so werden sich unsere Herzen wieder Gott zuwenden, dem wahren Herren.«

      Maria Fellner stieß ihren Mann leicht an und flüsterte: »Da hast es gehört, Schorsch, Hochwürden meint dich und den Lois. Geh nachher hin und gib ihm die Hand!«

      Der Bergbauer sagte nichts, seine Miene war abweisend. Und als der Burgmüller ihm einen unfreundlichen Blick zuwarf, brummte er bloß: »Ohne mich. Der Lois muß den Anfang machen.«

      Doch auch der Bürgermeister dachte nicht daran, den ersten Schritt zu einer Versöhnung zu tun. Er fühlte sich nicht einmal angesprochen und tat so, als ginge ihn das alles gar nichts an. Immer


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