Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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übergelaufen war. Aber bitte, dachte Alois grimmig, tut, was ihr wollt. Ich bin im Recht!

      Als der letzte Choral verklungen war, drückte der Burgmüller sich rasch nach draußen. Er wollte seinem ehemaligen Spezl keine Gelegenheit geben, auf die Worte von Hochwürden zu reagieren. Dominik Hirtner stand bereits an der offenen Kirchenpforte und drückte jedem seiner Schäfchen zum Abschied die Hand. Als die Reihe an Alois kam, knurrte dieser: »Das hast dir fein ausgedacht, mich bloßstellen und zu was zwingen. Aber dabei mach ich net mit, das kannst dir abschminken!«

      Der Hirtner lächelte milde. Er hatte Georg Fellner erspäht, legte dem Bergbauern eine Hand auf die Schulter und erklärte voller Freundlichkeit: »Ihr zwei solltet euch die Hand zur Versöhnung reichen. Bald wollen wir in dieser Gemeinde eine Hochzeit feiern. Und so ein Unfried stört dabei gewaltig!«

      Unvermittelt sah Alois sich von der ganzen Familie Fellner, den beiden Landärzten, Christel Brenner, Anna Stadler und dem jungen Paar umringt. Hinter ihnen blieben die Menschen stehen und machten lange Hälse. Der Burgmüller sah sich unter Zugzwang. Praktisch alle Augen waren nur auf ihn gerichtet. Wenn er nun nicht gute Miene zum bösen Spiel machte, würde er für immer der Buhmann sein. Und das konnte sich sowohl auf seine politischen Aktivitäten als auch auf seine Geschäfte sehr negativ auswirken. Also biß er in den sauren Apfel, streckte dem verdutzten Georg die Rechte hin und forderte: »Schlag halt ein, alter Hundling. Es wird Zeit, daß wir wieder Spezln werden, bevor die Kinder es uns wirklich übelnehmen.«

      Maria Fellner versetzte ihrer besseren Hälfte einen kräftigen Stoß in die Rippen, woraufhin dieser die Hand ergriff, die sich ihm bot. Alois suchte Anna Stadlers Blick, aber die schaute nur Max Brinkmeier an. Lisa fiel ihrer Mutter um den Hals, lachte und weinte in einem Atemzug und konnte ihr Glück kaum fassen.

      Als der Trubel sich gelegt und die Gemeinde sich zerstreut hatte, trat Alois noch einmal an Hochwürden heran und stellte klar: »Das werde ich mir merken, Nickel, daß du es nur weißt. Und ich werde mich beizeiten zu revanchieren wissen.«

      Der Hirtner mußte schmunzeln. »Nickel hast mich seit unserer Kindheit nimmer genannt. Ich glaub, ich hab was bewegt in deinem verhärteten Herzen, Lois. Und darauf bin ich wirklich stolz.«

      *

      Ganz so einfach, wie Dominik Hirtner es sich gedacht hatte, lief die Versöhnung der beiden Streithähne dann aber doch nicht ab. Zwar konnte Lisa wieder heim, ihr Vater begrub vorerst das Kriegsbeil und begann auch langsam, sich an den Gedanken einer Hochzeit seiner Tochter mit Tobias Burgmüller zu gewöhnen. Alois aber blieb stur. Er wollte nichts davon wissen, wenn sein Sohn von der geplanten Hochzeit sprach. Und er wurde ausfallend, erwähnte Tobias auch nur mit einem Wort die zukünftige Erbhofbäuerin.

      So verging eine Weile, ohne daß es wirklich einen Fortschritt zu verzeichnen gab. Tobias besuchte seinen Schatz nun jeden Tag auf dem Erbhof. Sie verbrachten ihre gesamte Freizeit miteinander, mußten sich nicht mehr verstecken und genossen diesen Zustand beide sehr. Als sie an diesem sonnigen aber schon sehr frischen Oktobertag noch einen kurzen Gang durch die Luft machten, brachte Lisa auf den Punkt, was auch ihren Schatz beschäftigte. »Es läuft darauf hinaus, daß wir ohne deinen Vater Hochzeit feiern. Und das will ich net.«

      »Meinst ich?« Tobias strich ihr zärtlich über die Wange. »Aber wir können auch net ewig warten, bis er vielleicht mal vernünftig wird. Ich möchte, daß du endlich die Meine wirst.«

      »Das will ich doch auch!« Sie blieben stehen und tauschten ein inniges Busserl. Dann setzten sie engumschlungen ihren Weg fort.

      »Wenn mir nur was einfallen tät, um den Vater endlich umzustimmen«, seufzte der Bursch. »Ich hab ihm schon gesagt, daß ich bei euch auf dem Hof bleibe, wenn er net einlenkt. Aber das hat ihn auch nicht überzeugen können.«

      Lisa erschrak. »Du kannst doch euren Hof net aufgeben, Tobias, net wegen mir. Da tät ich mir ewig Vorwürfe machen!«

      »Schmarrn. Es ist doch ganz einerlei, wo wir leben. Hauptsache, wie sind zusammen!«

      Der Meinung mochte das Madl sich allerdings nicht anschließen. Es wußte sehr genau, wie Tobias an dem Burgmüllerhof hing. Und Lisa war nun fest entschlossen, einen solchen Bruch zu verhindern. Und zwar mit allen Mitteln! Nachdem Tobias heimgefahren war, redete die Hoftochter mit ihrer Mutter. Und Maria hatte wie immer eine gute Idee. Die Berghofbäuerin, die ihre Tochter endlich glücklich sehen wollte, zögerte zudem nicht, diese gleich in die Tat umzusetzen...

      Am nächsten Morgen wunderte Georg Fellner sich, weil seine Tochter am Frühstückstisch fehlte, machte sich aber noch keine weiteren Gedanken. Als Lisa jedoch auch nicht zu Mittag erschien, fragte der Bergbauer seine Frau: »Ist die Lisa krank?«

      Maria lächelte ganz seltsam. »Net direkt krank. Ihr ist ein bisserl schwindlig. Und Gerüche machen ihr zu schaffen. Aber es ist nix Ernstes, keine Angst. Genaugenommen ist es ganz normal in ihrem Zustand.« Sie dehnte das letzte Wort verdächtig und spekulierte dann auf die Reaktion ihres Mannes. Und diese blieb nicht lange aus.

      »Zustand? Soll das heißen, wir werden Großeltern?« Georg ließ seine Frau gar nicht zu Wort kommen. »Mei, oh mei, dann muß aber unbedingt geheiratet werden.« Er lachte wie ein Lausbub. »Ich fahr rasch zum Lois. Jetzt ist Schluß mit den dummen Spielchen. Jetzt müssen wir wieder zusammenhalten!«

      Maria schaute ihrem Mann schmunzelnd nach. Als Lisa aus der Küche kam, meinte ihre Mutter: »Es hat funktioniert, wie gewünscht. Bei der Aussicht auf ein Enkel werden die zwei Streithähne ganz zahm, das hab ich dir doch gesagt.«

      »Ach, Mutterl, ich hoffe sehr, du hast recht!«

      Tatsächlich zeigte sich auch Alois nicht nur überrascht, sondern höchst erfreut von der großen Neuigkeit. »Net, daß du denkst, das ändert was«, polterte er jedoch sofort. »Zwischen uns, mein ich. Die Sach mit dem Wegerecht nehm ich dir noch immer übel. Aber wenn es so steht, dann werde ich fei eine große Bauernhochzeit ausrichten, das versteht sich von selbst. Wir feiern natürlich hier. In eurem Hüttel da droben gibt es net genug Platz und überhaupt...«

      »Was heißt da Hüttel? Mein Hof ist net kleiner als der deine. Außerdem richtet der Brautvater die Hochzeit aus, das ist so Tradition.«

      »Schmarrn, hier geht es um die Hochzeit meines Sohnes, net um ein Gartenfest. Laß mich nur machen, Schorsch, du verstehst eh nix davon und die Marie fehlt dir gleich gar. Ich will ja net, daß du noch pleite gehst.« Er lachte gönnerhaft.

      »Ach, und du kannst dir das leisten, obwohl die Ferienhäuser jetzt doch net gebaut werden?« stänkerte der Fellner.

      Kurz starrten die beiden Mannsbilder sich streitlustig an, dann war es aber Alois, der nachgab und nach dem Enzian griff.

      »Trink mer ein Stamperl«, schlug er resigniert vor. »Wir werden uns schon einig werden. Schließlich geht es um das Glück unserer Kinder.« So wenig hatte dem Burgmüller noch nie ein Enzian geschmeckt und er war fast sicher, daß dieser ihm beizeiten sauer aufstoßen würde...

      *

      Nach dieser positiven Wendung der Dinge ging es für Lisa und Tobias nun endlich um die konkrete Planung ihrer Hochzeit. Zwar brodelte es noch ein wenig zwischen Georg und Alois, doch mit Hinblick auf das gemeinsame Enkelkind gaben die beiden Dickschädel sich alle Mühe, miteinander auszukommen.

      Als das Brautpaar dann bei Hochwürden vorsprach, zeigte sich dieser überaus zufrieden. »Hat meine Predigt denn dieses kleine Wunder bewirkt? Ich kann es fast nicht glauben«, wunderte er sich. Doch Tobias versicherte ihm nachdrücklich, daß nur die mahnenden Worte seinen Vater zur Einsicht gebracht hatten. Von der kleinen List, die Maria Fellner ersonnen hatte, sagte er kein Sterbenswörtchen.

      So vergingen die nun folgenden Wochen mit hektischen Festvorbereitungen. Man feierte weder auf dem Berghof noch auf dem Burgmüllerhof, sondern im großen Saal des Wirtshauses. Diesen Kompromiß hatte Lisa errungen und hoffte, so beiden Vätern gerecht zu werden. Anfang November, kurz vor der Hochzeit, bestand Georg darauf, daß seine Tochter zur Vorsorge ging. »Das ist wichtig, es soll doch gesund zur Welt kommen, das Butzerl«, meinte er und verfrachtete Lisa ins Auto, noch ehe diese etwas hatte einwenden


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