Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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wenn dieser ihm das nicht glauben mochte. Und von einer Versöhnung mit Max mochte der Bauer erst recht nichts wissen.

      »Es reicht doch, wenn ihr euch versteht«, brummte er recht unfreundlich. »Was wollt’s da noch mit mir? Ich stör’ bloß.«

      »Du redest einen Schmarrn daher!« Josef schüttelte ärgerlich den Kopf. »Wir sind schließlich eine Familie, gehören zusammen. Es ist doch wurscht, was jeder einzelne schafft. Hauptsache, wir verstehen uns und halten zueinander.«

      »Das habt’s doch immer gemacht, der Max und du«, stichelte Lukas. »Ich kann mich noch gut besinnen, wenn es in der Schul Zeugnisse gegeben hat. Wie der Max da glänzen konnte. Gelobt hast ihn, und die Mama war auch recht stolz. Und ich? Ich hab dabei gestanden wie das Kind bei Dreck und hab mich geschämt, weil ich so deppert gewesen bin.«

      Der alte Brinkmeier schaute seinen Sohn nachdenklich an. Er hatte ganz andere Erinnerungen. Natürlich war er stolz auf Max gewesen, ihren »klugen Buben«, wie seine selige Walburga immer gesagt hatte. Aber er dachte auch ans Angeln, an die erste gemeinsame Hirschjagd, an die langen Winterwanderungen. Da war Lukas der Erste gewesen, mit dem Herzblut dabei. Genau wie er jetzt den Erbhof führte und ein fleißiger Bauer geworden war.

      »Ich will net noch einmal hören, daß du dich selbst deppert nennst. Deppen hab ich nämlich keine großgezogen. Und auch wennst es mir net glauben magst, sag ich es dir doch noch einmal ganz deutlich: Ich hab euch beide lieb und bin stolz auf euch. Es macht mir nur einen Kummer, daß ihr nicht miteinander auskommt. Und wennst mal ganz ehrlich bist, Lukas, dann mußt zugeben, daß dir dieser Zustand auch nicht gefallen kann. Denk drüber nach, ich bitte dich. Wenn ich weg bin, kannst die Gelegenheit nutzen und den Max mal besuchen. Ihr müßt miteinander reden, dann klappt es gewiß irgendwann mit der Versöhnung. So viel steht schließlich net zwischen euch.«

      Der Bauer musterte seinen Vater mit verschlossener Miene. Seine samtbraunen Augen verrieten nicht, was er dachte. Und sein Mund ebensowenig.

      »Ich wünsch dir eine schöne Reise, Vater«, sagte er nur. »Erhole dich gut.«

      Josef hielt sich nur noch kurz auf dem Brinkmeier-Hof auf, als Max ebenfalls das Doktorhaus verließ und zur Rosenapotheke ging. Er hatte Afra gesagt, wo er in den nächsten Stunden erreichbar war, was sie mit einem vielsagenden Blick und den Worten kommentiert hatte: »Willst net noch ein paar Blumerln mitnehmen, Doktor? Nur das nackerte Flascherl Wein?«

      Max schüttelte leicht den Kopf. »Das wird es schon tun bei einem Freundschaftsbesuch. Oder hast vielleicht Hintergedanken, Afra? Die sind ganz und ganz unangebracht.«

      »Gewiß net. Ich hab nie Hintergedanken«, behauptete sie in einem Tonfall, der das genaue Gegenteil besagte.

      Der junge Landarzt verzichtete auf eine Antwort und verließ gleich darauf das Haus. Afra, die alte Hauserin mit der rauhen Schale und dem Herzen aus Gold aber murmelte: »Ein schönes Paar wären sie schon, die beiden. Wenn er nur die andere vergessen könnt’...« Sie hatte Josef nicht bemerkt, der gerade heimkam und wissen wollte: »Seit wann führst denn du Selbstgespräche, Afra? Ich mein fast, du bist auch reif für den Ruhestand.«

      »Schmarrn! Ich hab nur darüber nachgedacht, daß der Max und die Anna Stadler gut zusammenpassen täten.«

      »Da kann ich dir nicht widersprechen. Ich fürchte nur, der Max denkt gar nicht an so was. Er hat doch seine Julia lieb.«

      »Eine Liebe über Tausende von Kilometern. Kannst mir mal sagen, wie das auf Dauer gutgehen soll, Doktor?«

      Das konnte Josef Brinkmeier allerdings auch nicht. Deshalb wechselte er das Thema und schlug vor: »Schauen wir uns doch die Quizsendung im Fernsehen an. Oder meinst, ich sollte vor der Abreise meine Koffer noch mal kontrollieren...« Er mußte schmunzeln, als Afra ihm drohte: »Ohne mich! Noch mal räume ich das ganze Graffel net ein, da... gehe ich wirklich lieber in den Ruhestand, daß du es nur weißt, Doktor!«

      Anna Stadler freute sich schon sehr auf Max. Seit dieser wieder in Wildenberg war, ging er ihr nicht aus dem Sinn. Die bildbhübsche Blondine mit den klaren rehbraunen Augen hatte eine Enttäuschung in der Liebe hinter sich und sich deshalb eigentlich nicht mehr binden wollen. Doch die Begegnung mit dem jungen Landarzt hatte das geändert. Anna mußte sich eingestehen, daß sie endlich wieder verliebt war. Daß Max’ Herz nicht frei war, erschien ihr dabei nicht unbedingt als Hinderungsgrund. Denn immerhin war die Frau, die er liebhatte, sehr weit weg. Und Anna besaß viel Feingefühl und ebensoviel Geduld...

      Als am Klingelstrang gezogen wurde, eilte sie die Treppe hinunter. Doch nicht der erwartete Besucher stand vor der Tür, sondern Alois Burgmüller, der Ortsvorstand von Wildenberg. Er hielt Anna ein üppiges Bouquet tiefroter Rosen unter die Nase und fragte zuckersüß: »Annerl, mein Schatz, darf ich dich vielleicht zum Essen einladen?«

      Ihre Miene verschloß sich und sie machte auch keine Anstalten, die Blumen zu nehmen. Seit einer Weile machte der verwitwete Großbauer und Viehhändler ihr nun schon den Hof, obwohl sie ihm mehr als deutlich gezeigt hatte, daß sie nicht interessiert war. Seit Max Brinkmeier sich in Wildenberg aufhielt, gleich zweimal nicht! Aber Alois war ein hartnäckiger Verehrer und gab nicht so schnell auf. Er hatte es sich einfach in den Kopf gesetzt, die schöne Apothekerin zu erobern.

      »Es tut mir leid, Bürgermeister, aber ich bin heut abend schon verabredet. Außerdem möchte ich dich bitten, mich net Schatz zu nennen und mir auch keine Blumen zu schenken.« Sie wollte die Tür schließen, doch er legte eine Hand dagegen und forschte: »Mit dem jungen Brinkmeier? Aber das ist doch Zeitverschwendung. Der hat ja eine andere.« Alois suchte Annas Blick. »Es ist ja keine Verabredung in dem Sinn. Ich möchte ein paar Dinge mit dir bereden, die nächste Woche im Rat zur Sprache kommen...«

      Als Annas Eltern sich zur Ruhe gesetzt und ihr die Apotheke übergeben hatten, war ihr auch der Sitz des Vaters im Gemeinderat zugefallen. Sie erfüllte diese Pflicht nicht ungern, auch wenn sie wußte, daß die meisten Mitglieder im Rat sie nicht ganz ernst nahmen. Die ewigen Flirtversuche des Bürgermeisters aber waren Anna wirklich zuwider.

      »Wenn es im Rat zur Sprache kommt, werde ich es noch früh genug erfahren. Und jetzt entschuldige mich, Alois, ich hab wirklich keine Zeit mehr...« Sie bemerkte Max Brinkmeier, der sich dem Haus näherte, und warf dem Bürgermeister einen giftigen Blick zu. Dieser brummte: »Also gut, ich geh. Viel Spaß.« Er grüßte den Landarzt knapp, dann knallte er die Tür seines schweren Jeeps zu und brauste mit einem Kavalierstart davon.

      »Hallo, Anna. Was ist denn mit dem Burgmüller los? Schlechte Laune?« Max grinste. »Hast ihn wieder abblitzen lassen?«

      »Reden wir nimmer davon, ja?« Sie seufzte leise. »Ich möchte mir wirklich nicht den Abend verderben lassen.«

      Tatsächlich wurde es ein sehr entspannter und gemütlicher gemeinsamer Abend für Anna und Max. Sie kannten sich schon aus der Kinderzeit und gingen freundschaftlich miteinander um. Der junge Mediziner fühlte sich in Annas Gesellschaft wohl, auch wenn er immer eine gewisse Distanz wahrte. Er wollte damit ganz einfach Komplikationen vermeiden. Und die sensible junge Frau spürte einmal mehr, daß ihr Besucher noch nicht bereit war, ein neues Kapitel in seinem Lebensbuch aufzuschlagen, das ihren Namen trug. Vielleicht würde er das niemals sein. Aber vielleicht... Sie betrachtete heimlich sein markantes Profil und geriet dabei ins Träumen. Ihr Herz schlug sehnsüchtig, und sie wünschte sich nur, daß Max ihr einen kleinen Schritt entgegen kommen würde. Doch als er ihren Blick bemerkte und ihr freundlich aber auf gewisse Weise auch unverbindlich zulächelte, mußte sie einsehen, daß die Zeit für solch romantische Träumereien noch längst nicht gekommen war. Und vielleicht auch nie kommen würde. Vielleicht nicht jetzt, aber vielleicht doch irgendwann...

      *

      Die Abenddämmerung senkte sich allmählich über das Land, das Licht verblaßte und wurde grau. Nicht sehr weit von Wildenberg entfernt lag ein kleiner Weiler, abgeschieden in einem Seitental zwischen Untersberg und Jenner. Die wenigen Menschen, die hier lebten, ernährte der fruchtbare Boden recht gut. Vieh stand in den Ställen, eine Idylle, abseits vom hektischen Getriebe des modernen Alltags. Doch diese Idylle hatte auch ihre Schattenseiten. Nicht alle, die hier lebten, waren glücklich. Und Unrecht geschah hinter verschlossenen


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