Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman - Sissi Merz


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Herzkasperl laß ich mich fei net aus der Bahn werfen«, sagte er so oft, daß Alois Burgmüller sich schließlich genötigt sah, ihm den Spiegel vorzuhalten.

      »Du bist keine dreißig mehr, Sepp. Die Praxis kannst dir abschminken, wennst noch ein Weilchen leben willst. Also sollten wir uns über einen geeigneten Nachfolger unterhalten.«

      »Das ist meine Praxis, und da arbeitet außer mir keiner«, kam es stur von ihm. »Wenn ihr mich nimmer wollt, machen wir halt zu. Sonst hab ich dazu nix zu sagen!«

      So sehr der Burgmüller sich auch bemühte, den alten Landarzt zur Vernunft zu bringen, es wollte ihm nicht gelingen. Schließlich wandte er sich an Christel Brenner, die bereits nach wenigen Tagen am Rande einer Nervenkrise wandelte. »Wir brauchen einen richtigen Doktor, keine solche Aushilfe wie den Haselbeck. Der kennt die Patienten net und ist meist schon wieder weg, bevor er richtig zu arbeiten angefangen hat. So kann es keine Woche weitergehen, sonst kündige ich!«

      »Und wen willst anstellen, Christel?« fragte Alois sie vollkommen ratlos. »Der Haselbeck ist der einzige Arzt hier in der Nähe. Ich wüßte keinen, der die Praxis übernehmen könnte.«

      »Ich schon. Aber dazu muß ich erst mit dem Doktor reden«, kam es entschlossen von ihr. »Morgen kann ich dir Bescheid sagen.«

      Dr. Brinkmeier war leicht eingenickt, als die Tür zu seinem Krankenzimmer sich öffnete und Christel Brenner erschien. Er blinzelte. »Du schon wieder. Warum bist net in der Praxis? So wie der Alois tut, läuft doch da alles wie geschmiert.«

      Die Sprechstundenhilfe zögerte kurz, dann gab sie sich einen Ruck und gestand: »Gar nix läuft. Um ehrlich zu sein, es ist eine Katastrophe. Der Haselbeck kann dich nie und nimmer ersetzen, Doktor. Manch einer fährt schon in die Stadt, wenn ihm was fehlt. Die Leut haben kein Zutrauen zu dem anderen. Und wenn ich ehrlich sein soll: ich hab’s auch net.«

      »Und was soll ich daran ändern? Hast doch selbst gehört, was die Kollegen da sagen. Ich gehör jetzt zum alten Eisen und darf in Zukunft nur noch im Lehnstuhl mein Pfeiferl schmauchen.«

      »Jetzt red keinen Schmarrn, Doktor«, mahnte Christel spröde. »Du wirst schon noch in der Praxis arbeiten können, aber nimmer so viel wie bisher. Einen Partner brauchst, einen Jungen, der dir vieles abnehmen und von deiner Erfahrung lernen kann. Das wäre die rechte Lösung, finde ich.«

      »Und wo soll der herkommen? Vielleicht kann die Afra mir einen backen«, spöttelte er bissig.

      Christel warf ihrem Gegenüber einen strengen Blick zu. »Du weißt sehr gut, woher der kommen kann. Wennst einverstanden bist, dann schreibe ich dem Max einen Brief. Ich weiß, daß er nur auf ein Wort vor dir wartet, damit ihr euch endlich wieder versöhnt und den dummen Streit von damals vergeßt. Also, was sagst? Soll ich ihm schreiben, daß du seine Hilfe gut gebrauchen könntest?«

      Josef schüttelte vehement den Kopf und preßte die Lippen fest aufeinander. Fast wirkte er da wie ein trotziger kleiner Bub.

      »Doktor, sei halt net so stur! Wärst früher vernünftig gewesen, dann müßten wir jetzt gar net darüber reden. Du hast es freilich so weit kommen lassen. Und es muß eine Lösung geben!«

      »Aber der Max steht net zur Debatte. Mal ganz davon abgesehen, daß er sich bei mir zu entschuldigen hat, bevor ich überhaupt wieder mit ihm rede, wird er kein Interesse haben. Das Abenteuer ist ihm wichtiger gewesen als die solide Arbeit hier daheim. Nein, das hat keinen Sinn. Und ich will net, daß du ihm schreibst. Das geht mir zuwider.«

      »Schön, wie du willst. Dann nehme ich meinen Resturlaub und kündige. Ich seh nämlich net zu, wie die Praxis auf den Hund kommt, bloß weil der Doktor seinen Sturschädel net bezwingen kann«, erklärte Christel da finster entschlossen.

      Josef Brinkmeier starrte sie einen Moment lang perplex an. Er meinte, sie drohe ihm nur, um ihn zum Einlenken zu zwingen. Doch ihre Miene war offen und ohne Hinterlist. Als sie sich zum Gehen wandte, forderte er: »Da bleibst. Was ist denn das überhaupt für eine Art? Ich hab die Praxis schließlich net freiwillig im Stich gelassen. Du weißt ganz genau, wie wichtig mir meine Arbeit und die Patienten sind. Schließlich hab ich mein ganzes Leben in Wildenberg verbracht. Aber ich kann doch jetzt net vor meinem eigenen Sohn einen Kniefall tun. Das mußt mir ersparen, Christel!« Der Landarzt seufzte schwer. Kummervoll blickten seine Augen auf die langjährige Mitarbeiterin, und er bekannte gequält: »Ich hab den Max in all den Jahren sehr vermißt. Und ich würde viel drum geben, wenn er hier wäre. Die Praxis hab ich an ihn weitergeben wollen. Er ist mir doch immer der Liebste gewesen. Aber daß er einfach weggegangen ist, das kann ich ihm net so leicht verzeihen.«

      Christel Brenner lächelte ihrem Chef ein wenig zu. »Du hast einmal zu mir gesagt, daß jeder Mensch seine Entscheidungen selbst treffen muß, Doktor. Und das gilt auch für den Max. Er hat da unten sein Glück gefunden. Aber ich denke, seine Wurzeln, die sind noch hier. Und wenn man es recht anfängt, dann könnte doch noch was draus werden aus der Zusammenarbeit von Brinkmeier senior und junior. Laß mich halt machen!«

      »Ich trau es dir zu«, meinte er nach einer Weile nachdenklich. »Du hast den Max immer gern gehabt wie eine Mutter. Aber ich will ihm auch nix aufzwingen. Bloß weil ich nimmer kann, wäre es da net falsch zu erwarten, daß er sein ganzes Leben ändert?«

      »Nach dem Studium hast es erwartet. Jetzt ist die Situation ganz anders. Denk halt drüber nach, es muß was passieren.«

      »Ja, du hast recht. Aber du wirst doch net kündigen, oder?«

      Sie lächelte angedeutet. »Ich kann für nix garantieren. Der Haselbeck ist eine Zumutung als Chef. Aber wennst mir bald sagst, was werden soll, harre ich halt noch aus.«

      »Das tu ich. Will es nur durchdenken«, versprach er.

      Als Christel eine Weile später nach Wildenberg zurückkehrte, hatte die Sprechstunde noch nicht begonnen, Dr. Martin Haselbeck war aber bereits anwesend. Er wühlte in der Patientenkartei und schimpfte:

      »Was ist denn das für ein komisches System? Man findet rein gar nix. Und wieso haben Sie ein Paßwort in Ihrem Computer, Frau Brenner? Ich hab mir nur eben geschwind die Krankengeschichte vom Bichler anschauen wollen und stehe vor einem unüberwindlichen Rätsel.«

      »Den Computer benutze nur ich«, erwiderte sie kühl. »Deshalb braucht außer mir auch keiner das Paßwort zu kennen. Hier.« Mit einem Griff hatte sie die gesuchte Krankenakte. »Wieso sind Sie überhaupt schon da? Die Sprechstunde fängt ja erst in einer halben Stunde an.«

      »Ach ja, ich muß heut früher weg, hab einen Termin außerhalb. Deshalb bin ich ein bisserl früher gekommen. Macht doch keinen Unterschied, oder?«

      »Nein, wenn ich in das leere Wartezimmer schaue, gewiß net«, murmelte Christel mißmutig.

      Der Landarzt bedachte sie mit einem kurzen, fragenden Blick, dann bat er: »Kochen Sie einen gescheiten Kaffee, net so dünn wie gestern. Und dann führen Sie den ersten Patienten herein.«

      Sie wollte einwenden, daß noch niemand da war, doch der Mediziner hatte bereits die Tür zum Behandlungszimmer ins Schloß geworfen. Christel schickte einen ärgerlichen Blick zur Decke und seufzte: »Entscheide dich bitte bald, Chef. Lange halte ich das nämlich nimmer aus...«

      An diesem Tag kam keiner in die Sprechstunde. Und als doch noch ein Patient erschien, war der Doktor bereits weg. Ärgerlich ließ er verlauten, demnächst einen anderen Arzt zu konsultieren. Es war, wie Christel vermutet hatte: die Praxis wurde von der Vertretung mehr als halbherzig betrieben und verlor bereits ihren guten Ruf. Dr. Haselbeck schien das einerlei zu sein. Christel fragte sich, ob er das vielleicht sogar mit Absicht tat, um einen Konkurrenten im Tal auszuschalten...

      Währenddessen besuchte Lukas seinen Vater im Spital.

      Der alte Landarzt hatte lange über das Gespräch mit seiner Sprechstundenhilfe nachgegrübelt und war mittlerweile gewogen, ihr zuzustimmen. Doch er wollte keine endgültige Entscheidung treffen, ohne vorher mit seinem Jüngeren gesprochen zu haben.

      Lukas setzte sich schweigend an das Bett des Vaters, er war kein Mensch der großen Worte. Der Alte wollte wissen: »Denkst


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