Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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fassen. Wie der Christian sich verändert hat in letzter Zeit, das hab ich mir net erklären können. Jetzt ergibt das alles einen Sinn. Aber warum hat er das getan? Wieso ist er net zu mir gekommen? Zusammen hätten wir bestimmt einen Ausweg gefunden. Seine Familie zu terrorisieren, das ist doch keine Lösung.«

      »Er hat halt alles mit sich selbst abmachen wollen, so war er schon immer. Der Doktor Brinkmeier meint, daß Christian paranoid ist. Er denkt, alle sind gegen ihn, wollen ihm was. Und er kann nimmer unterscheiden zwischen der Wirklichkeit und seinen Wahnvorstellungen.«

      »Mein Gott, Ben, das hört sich furchtbar an. Aber er ist doch net verrückt. Das kann und will ich nicht glauben. Er war mal anders. Es ist noch gar nicht lange her, da hat er sich um uns gekümmert, man konnte sich auf ihn verlassen...«

      Der Bauer schaute die junge Frau ernst an. »Mach dir nix vor, Moni, das hat keinen Zweck mehr. Der Christian hatte schon immer Probleme, schon als Bub. Daran hat sich bis heut nix geändert. Wir sind vielleicht alle ein Stückerl schuld daran, weil wir zu lange stillgehalten und geschwiegen haben. Er hätte schon vor langer Zeit behandelt werden müssen.«

      »Du meinst, es ist zu spät für ihn?«

      »Ich weiß es nicht. Aber wir können ihm jetzt nimmer helfen. Vielleicht schaffen die Ärzte das. Ich hoffe es jedenfalls.«

      »Und was soll aus uns werden? Ich weiß nicht...«

      »Ich bin für euch da, Moni, darauf kannst dich verlassen. Was auch kommt, ich stehe zu euch. Du mußt dich net fürchten, du wirst nicht allein gelassen. Zusammen stehen wir das durch.« Er lächelte ihr ein wenig zu, und da faßte sie tatsächlich neuen Mut. Denn daß sie auf Benjamins Wort bauen konnte, das wußte Monika aus eigener Erfahrung.

      »Was machen die Kinder? Geht es ihnen denn wenigstens gut?«

      »Ich nehm sie nachher mit nach Hause. Eigentlich hatte ich sie zuerst zu dir bringen wollen, aber der Doktor sagt, das wäre noch zu anstrengend für dich. Du brauchst jetzt viel Ruhe, Moni, hast einen schweren Schock erlitten. Ich geh auch bald, damit du schlafen kannst.«

      »Ach, Ben, ich glaube, ich finde keine Ruhe. Bleib bitt’ schön noch ein bissel hier.« Sie hielt seine Hand ganz fest. »Es war so grausig, was da gestern passiert ist. Wenn ich die Augen zumache, dann seh ich wieder den Christian vor mir. Ich hab wirklich geglaubt, er bringt uns alle um...« Sie fing an zu weinen, er strich ihr behutsam übers Haar.

      »Du wirst es vergessen, es ist ja noch mal gut ausgegangen. Und jetzt schlaf, ich bleib bei dir.«

      »Das ist..., schön...« Sie schloß die Augen und fiel fast übergangslos in einen tiefen Erschöpfungsschlaf. Benjamin blieb tatsächlich noch eine ganze Weile an Monikas Bett sitzen und wachte über ihren Schlaf. Sein Herz war voller Zuneigung und Dankbarkeit. Daß er nun bei Monika sein durfte, empfand er als großes Geschenk. Doch er wäre nie auf den Gedanken gekommen, ihr seine wahren Gefühle zu zeigen. Nun brauchte die junge Frau einen Menschen, der zu ihr stand und ihr uneigennützig half, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Und diese Aufgabe wollte der gutherzige Mann nur zu gerne übernehmen...

      Eine ganze Weile später verließ Benjamin Farber zusammen mit Birgit und Paul das Spital in Berchtesgaden, um sich auf den Rückweg nach Wildenberg zu machen. Die Kinder waren sehr still, Paul hatte sich an seine Schwester gedrückt und lutschte am Daumen; etwas, das er sich eigentlich längst abgewöhnt hatte. Doch die Kinder mußten auf ihre Weise mit dem schrecklichen Erlebnis fertig werden.

      »Ich möchte, daß ihr für ein paar Tag’ im Doktorhaus wohnt. So lange, bis eure Mama wieder heimkommt. Ist euch das recht?« fragte er die Kleinen, als sie ihr Ziel fast erreich hatten.

      »Können wir net bei dir bleiben, Onkel Ben? Wir versprechen auch, daß wir ganz leise sind und dich nicht stören«, bat Birgit bekümmert. Und Paul jammerte: »Die Mama soll kommen!«

      »Sie kommt ja bald, aber sie muß erst wieder gesund werden, du blödes Baby«, wies seine Schwester ihn streng zurecht.

      »Ich werde euch jeden Tag besuchen«, versprach der junge Mann da. »Aber ich hab net die Zeit, mich immer um euch zu kümmern. Das versteht ihr doch, oder?«

      Die kleine Birgit hob die Schultern. »Ja, klar...«

      Max Brinkmeier war gleich einverstanden, als Benjamin ihn bat, die Kinder im Doktorhaus aufzunehmen. »Ich lade euch die Arbeit net gern auf, aber ich hab sonst keinen, den ich fragen kann. Und ich weiß halt net, was die Kinder so alles brauchen. Hab doch keine Ahnung von solchen Sachen.«

      »Die Afra wird sich um die beiden kümmern«, versprach Max.

      Und die alte Hauserin sagte nicht nein; sie hatte ein Herz aus Gold und nahm sich der armen Würmer nur zu gern an. So hatte der Bauer zumindest eine Sorge weniger. Am nächsten Tag fuhr er wieder zu Monika, der es schon ein wenig besser ging. Er saß lange an ihrem Bett und als er ging, lächelte sie sogar ein wenig. So ging es fast eine Woche lang. Benjamin teilte seine knappe Zeit zwischen Hofarbeit und Besuchen im Spital, sowie im Doktorhaus ein. Er war froh, daß Monika sich allmählich erholte. Und als sie schließlich das Krankenhaus verlassen durfte, holte er auch die Kinder wieder heim.

      Birgit und Paul hingen wie die Kletten an Monika, bis ihr Onkel sie mahnte, es nicht zu übertreiben. Als sie dann allein waren, sprach der junge Mann etwas an, das ihn schon seit einer Weile beschäftigte.

      »Der Christian muß bis auf weiteres in der Psychiatrie bleiben, ich hab vor ein paar Tagen mit dem zuständigen Doktor gesprochen«, ließ er vorsichtig anklingen. »Aber er sagt, daß wir ihn besuchen können, wenn wir wollen. Was denkst? Möchtest mitfahren, wenn ich nach ihm sehe?«

      Monika zögerte mit einer Antwort. Sie war eine Spur blasser geworden, allein der Gedanke an ihren Mann machte ihr bereits zu schaffen. Benjamin hatte sich schon etwas ähnliches gedacht. Doch er wollte seiner Schwägerin die Entscheidung überlassen.

      »Ich glaube, es ist besser, wenn ich darauf verzichte«, meinte sie schließlich bedächtig. »Versteh’ mich net falsch, Ben. Es ist ja nicht so, daß ich den Christian nimmer sehen will. Ich glaube einfach, daß ich das nicht kann, noch nicht, verstehst?«

      »Freilich. Ich hab dich nur net übergehen wollen. Ich glaub aber auch, daß es besser ist, wenns’t dich noch von ihm fern hältst. Was geschehen ist, war einfach zu schlimm.«

      Sie lächelte ein wenig und versicherte ihm: »Ich bin sehr froh, daß du mich verstehst. Sag ihm einen Gruß von mir und den Kindern. Wir haben ihn net vergessen.«

      »Das wird er wissen. Aber ich sage es ihm gern.«

      Am nächsten Tag fuhr Benjamin also nach Berchtesgaden, um seinen Bruder zu besuchen. Max Brinkmeier hatte sich ihm angeschlossen, denn der Fall bewegte ihn noch immer.

      »Ich würde mich gerne mit dem zuständigen Kollegen unterhalten«, ließ er den Bauern wissen. »Es interessiert mich doch, ob man diese schlimme Geschichte vielleicht hätte verhindern können.«

      »Ich hab nix dagegen. Aber im Grunde ist mir nur eins wichtig: Ob der Christian wieder gesund wird. Die Moni hängt jetzt in der Luft, sie weiß ja net, wie es weitergehen soll...«

      Der Psychiater, der sich um Christian Farber kümmerte, war ein noch junger sympathisch wirkender Mann. Er stellte sich als Dr. Mario Brock vor und zeigte sich erfreut über den Besuch.

      »Es ist leider in solchen Fällen keine Seltenheit, daß die Angehörigen nichts mehr mit den Patienten zu tun haben wollen. Und das setzt diesen natürlich noch mehr zu«, erklärte er.

      »Verständlich. Wie geht es Herrn Farber?«

      »Nun, er ist stabil. Wir behandeln ihn medikamentös, was bereits eine gute Wirkung erzielt hat.«

      »Er wird also wieder gesund?« fragte Benjamin hoffnungsvoll.

      »Nun, das habe ich damit nicht gemeint«, stellte Dr. Brock richtig. »Ihr Bruder ist durch die Medikation ruhiger und auch ausgeglichener geworden. Er stellt nun keine Gefahr mehr für sich und andere dar. Aber von einer Heilung kann keine Rede sein. Es tut mir leid, doch die


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