Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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bleibt ihr daheim? Ich hab’ mir sagen lassen, so ein Hof, den sollte man immer im Auge behalten.«

      »Das stimmt schon«, gestand der Bräutigam ihr zu. »Aber der Bimberl kann mich fei mal für vierzehn Tag’ vertreten.«

      »Wir fahren nach Venedig. Davon hab’ ich immer geträumt«, ließ Tina Anna Stadler wissen. »Heut abend geht es schon los. Ach, ich kann’s kaum abwarten.«

      »Das verstehe ich. Da kann ich dich nur beneiden.«

      »Aber soll ich dir was sagen, Anna? Am allermeisten freue ich mich darauf, hier auf dem Hof leben und wirtschaften zu können. Weißt, meinen Beruf als Krankenschwester, den hab’ ich schon geliebt. Aber im Grunde wollte ich immer viel lieber Bäuerin sein. Schließlich komme ich ja vom Land und bin dieses Leben von klein auf gewöhnt.«

      »Ach, deshalb hast den Lukas noch als Zugabe genommen«, scherzte die hübsche Apothekerin. »Wir haben uns nämlich schon alle sehr darüber gewundert, daß du den alten Griesgram gern haben sollst…«

      »Das will ich aber nicht gehört haben«, beschwerte der Bauer sich launig. »Und wie steht es überhaupt bei euch? Feiern wir vielleicht bald noch eine Hochzeit?« Er achtete nicht auf Tina, die ihm bedeutete, sich zurückzuhalten. Und die etwas gequälte Miene seines Bruders schien ihm ebenfalls zu entgehen. Da stellte Josef gelassen fest: »Der Max weiß schon, was er tut. Kümmere du dich lieber darum, daß es deiner Braut net fad wird. Zeit ist es, den Tanz zu eröffnen.«

      Lukas verzog leicht den Mund, aber dann nahm er doch Tinas Hand und schenkte ihr ein verliebtes Lächeln. Gemeinsam gingen sie zum Tanzboden, und der Bauer rief den Musikern zu: »Den Hochzeitswalzer, bitt’ schön!«

      Federleicht lag Tina in den starken Armen ihres Mannes, während sie dann über den Tanzboden fegten und der beschwingten Melodie der Musik folgten. Es dauerte nicht lange, bis weitere Paare, alte wie junge, ihrem Beispiel folgten. Bald war der Tanzboden überfüllt, doch keiner scherte sich darum. Die Stimmung war ausgelassen, die Tanzmusik ging in die Beine, und das Brautpaar drehte sich inmitten all der anderen festlich gekleideten Wildenberger selbstvergessen und glückselig.

      Max wartete nicht lange, bis er Anna Stadler aufforderte. Doch die junge Apothekerin zögerte. Und als der Landarzt sie einfach bei der Hand nahm und zum Tanzboden führte, da machte sie ein so seltsames Gesicht, daß Max nicht recht wußte, was er davon halten sollte. Beim langsamen Walzer meinte er: »Was der Lukas da eben gesagt hat, darauf mußt nix geben, Anna. Er kann es halt noch immer nicht sein lassen, gegen mich zu sticheln. Ich fürchte, das wird mein lieber Bruder sich nimmer abgewöhnen können. Bist sauer deshalb?«

      »Unsinn.« Die schöne Blondine gab sich Mühe, unbefangen zu wirken, obwohl ihr doch ganz anders zumute war. Schließlich war sie in Max Brinkmeier verliebt. Und die Gewißheit, daß sein Herz einer anderen gehörte, die machte ihr in solchen Momenten schon ziemlich schwer zu schaffen. »Der Lukas ist einfach nur glücklich und vielleicht ein bissel übermütig. Und so abwegig ist der Gedanken ja auch nicht. Ich meine, falls die Julia sich entschließen sollte, nach Wildenberg zu kommen…« Sie musterte Max aufmerksam und dabei entging ihr nicht, daß ein Schatten über seine markante Miene flog.

      »Hoffentlich hab’ ich nix Falsches gesagt. Ich möchte uns den Tag nicht verderben.« Sie lächelte dünn. »Reden wir von was anderem. Bist schon mal in Venedig gewesen…«

      Der junge Landarzt wechselte nur zu gern das Thema. Denn auf der Hochzeit seines Bruders ausgerechnet über seine ständige Trennung von Julia Bruckner nachzudenken, das ging ihm doch zuwider. Und Anna war froh, wieder etwas weniger dünnes Eis betreten zu haben. So wurde es auch für Max Brinkmeier und Anna Stadler ein fröhliches Fest, das sie beide in vollen Zügen genossen. Kurz nach Mitternacht verabschiedete sich das frisch vermählte Paar in die Flitterwochen. Das Fest auf dem Erbhof aber dauerte noch bis in die frühen Morgenstunden hinein. Anna und Max tanzten noch oft miteinander. Und dann saßen sie beisammen, redeten über alte Zeiten und sinnierten über Gott und die Welt. Die junge Apothekerin konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so entspannt und guter Dinge gewesen war. Und daß Max Brinkmeier sie manches Mal ein wenig länger anschaute, zudem mit einem gewissen Ausdruck in den Augen, der ihr Herz schneller schlagen ließ, entging ihr dabei keineswegs und ließ sie wieder ein klein wenig Hoffnung schöpfen. Vielleicht würde es ihr ja eines Tages doch noch gelingen, seinem Herzen ein bißchen näher zu kommen…

      *

      Gegen halb zwei in der Nacht machten Anna und Max sich zusammen auf den Heimweg. Die junge Apothekerin war ein wenig angeheitert und mußte kichern, als der Landarzt behauptete, daß sie sich allein gewiß verlaufen würde.

      »Am End landest noch auf dem Burgmüller-Hof. Und ich kenne jemanden, der diese Situation ganz gewiß ausnützen würde.«

      Anna schüttelte vehement den Kopf. »Der Alois hat bei mir nix zu melden. So viel Wein gibt es auf der ganzen Welt nicht, daß ich mich mit dem alten Geschaftelshuber einlassen tät’!«

      »Aber immerhin ist er unser Bürgermeister, noch dazu der reichste Bauer im Tal«, stichelte Max schmunzelnd. »Und er hat dir sein Herz schließlich schon öfter zu Füßen gelegt.«

      »Ich glaube, du willst mich pflanzen, Max«, beschwerte Anna sich da. »Du weißt doch ganz genau, daß ich den Alois nicht leiden kann, den aufgeblasenen Angeber. Ich hab’ einen ganz anderen lieb, aber der soll das nicht wissen!«

      Dr. Brinkmeier seufzte leise. »Ja, so ist das Leben. Da sind wir. Ich wünsche dir eine gute Nacht, Anna. Schlaf schön.«

      »Ich werde mir Mühe geben«, versprach sie und lächelte ihm noch einmal strahlend zu, bevor sie im Apothekerhaus verschwand. Der junge Landarzt hatte es nun nicht mehr weit. Da alle Stuben im Dunkeln lag, vermutete Max, daß sein Vater und die Hauserin Afra noch auf dem Brinkmeier-Hof waren. Er wollte eben die Haustür aufschließen, als er mit dem Fuß gegen etwas stieß. Im Licht einer nahen Laterne erkannte Max einen Korb, der oben mit zwei Klappen geschlossen war. Der junge Mann zog die Stirn in nachdenkliche Falten. Was hatte jetzt das zu bedeuten? Es kam nicht selten vor, daß ein Bauer ihm nach erfolgreicher Behandlung einen Freßkorb mit allerlei feinen Sachen zukommen ließ. Allerdings hatte noch niemand sein Präsent mitten in der Nacht vor dem Doktorhaus abgestellt. Und keiner der Präsentkörbe hatte jemals Geräusche von sich gegeben. Dieser schon!

      Max meinte, sich verhört zu haben. Aus dem Korb kam ein leises Wimmern! Der junge Landarzt fragte sich, ob er vielleicht unter Halluzinationen litt. Aber er hatte nicht viel getrunken und sich eigentlich eingebildet, noch relativ nüchtern zu sein. Also konnte etwas nicht stimmen mit diesem Korb. Etwas war faul an der Sache. Max beugte sich nach unten und öffnete eine der Klappen. Wie von der Tarantel gestochen fuhr er zurück, als er ein kleines Köpfchen mit zartem Haarflaum erkannte. Er wischte sich über die Augen, schaute noch einmal hin – das Bild blieb. Beherzt öffnete er auch die zweite Klappe. Und tatsächlich: Da schaute ihn ein Baby aus großen, tiefblauen Augen an. Aber das konnte nur ein Traum sein. Der Landarzt von Wildenberg atmete tief durch und versuchte, logisch nachzudenken. Er wollte den Korb wieder schließen, dagegen hatte das Baby allerdings etwas, denn es fing augenblicklich an, zu weinen. Max öffnete die Klappen, fragte leise: »Wer bist du nur? Und woher kommst du?«

      Als hätte das Kleine ihn verstanden, gluckste es und schien bester Dinge zu sein. Dr. Brinkmeier dagegen hatte keine Ahnung, was er tun sollte, denn in einer solchen Situation war er bislang noch nie gewesen. Wären nur sein Vater oder Afra nun hier, die hätten ihm raten können. Doch er war allein und mußte eine Lösung für dieses überaus greifbare Problem finden.

      Das kleine Findelkind fing nun an, leise zu greinen. Vermutlich hatte es Hunger oder fror in seinem Körbchen. Max nahm den Korb kurzerhand mit ins Haus. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, löste sich eine schmale Gestalt von der gegenüberliegenden Hauswand und verschwand eilig in der Nacht. Offensichtlich hatte die Person nur darauf gewartet, das Baby in guten Händen zu sehen und war nun zufrieden.

      Dr. Brinkmeier brachte den Korb in die Praxis. Er öffnete die Klappen und nahm das Baby heraus. Es trug einen rosa Strampelanzug, woraus er schloß, es mit einem kleinen Mädchen zu tun zu haben. Im Korb fand sich allerdings nicht der kleines


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