Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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nehmen doch schon Buhla mit.«

      »Na hören Sie mal, das wird keine Vergnügungsreise. Ich brauche Buhlas Unterstützung, um den Leuten dort erst mal klar zu machen, was ich will. Aber ich denke, Sie werden mit der Kranken besser umgehen können als ich. Sie sind sensibel.«

      »Danke für die Blumen. Ich halte das aber für keine gute Idee. Wir können nicht beide die Station verlassen und Schwester Mary alles aufbürden. Ich werde hierbleiben und die Stellung halten.«

      »Na schön, wie Sie wollen.« Man sah Dr. Kennedy an, daß ihm diese Arbeitsteilung gar nicht gefiel. Doch er wußte nur zu gut, daß es keinen Sinn hatte, darüber zu streiten. Julia Bruckner hatte ihren eigenen Kopf. Sie ließ sich ebenso wenig etwas sagen wie er. Das machte ihre Zusammenarbeit ja so schwierig.

      Nachdem sie die Sprechstunde gemeinsam beendet hatten, aßen Julia und Tom in Ruhe und unterhielten sich dabei über die Patientin, die der schottische Arzt zur Station bringen wollte.

      Buhla, die Köchin, gesellte sich zu den Ärzten. Sie hatte selbst ein schweres Schicksal, war aus ihrem Dorf verstoßen worden, als sie ein uneheliches Kind erwartete. Das Baby hatte sie kaum durchbringen können, war schließlich halb verhungert auf der Missionsstation rund fünfzig Kilometer südlich der ruandischen Hauptstadt gelandet. Dort hatte die junge Frau nicht nur Aufnahme und ein neues Heim gefunden, ihr Baby war auch aufgepeppelt worden. Und nun, dank Dr. Kennedy, der das Kind am Herzen operiert hatte, war der kleine Tom wieder gesund. Buhla war den Ärzten sehr dankbar und sie war geblieben, nicht nur, weil sie sich in deren Schuld wußte.

      »Sie müssen behutsam vorgehen«, riet sie dem Schotten nun. »Die Leute denken sonst, daß Sie ein böser Zauberer sind. Und die leben auch heutzutage noch gefährlich.«

      Tom Kennedy wußte offensichtlich nicht so recht, was er davon halten sollte. »Sind die Menschen denn immer noch dermaßen abergläubig? Ich meine, immerhin gibt es in vielen Hütten doch schon Fernsehen.«

      »Das ändert nichts an dem, was die Leute glauben.« Buhla zündete sich ein Pfeifchen an. »Das ist nur äußerlich.«

      »Was rauchen Sie da eigentlich? Ich will hoffen, es ist kein Gras. Es riecht jedenfalls so ähnlich.«

      »Sie scheinen Erfahrung damit zu haben«, merkte Julia Bruckner überrascht an. »Waren Ihre Eltern vielleicht Hippies?«

      Tom Kennedy verzog den Mund, während Buhla ihn wissen ließ: »Das sind Kräuter, die hier im Urwald wachsen. Wollen Sie mal einen Zug nehmen? Es ist gesund, desinfiziert und macht auch ein bißchen munter.«

      »Und ein bißchen fröhlich, ja?« Tom nahm tatsächlich einen Zug, mußte husten und stellte fest: »Eine scheußliche Mischung. Nur gut, daß wir nachher in einem offenen Jeep fahren…«

      Julia konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Sie sollten sich langsam auf den Weg machen.«

      »Ja, Sie haben recht. Kommen Sie, Buhla, mal sehen, was wir in dieser Sache erreichen können…«

      Nachdem Dr. Kennedy und die Köchin abgefahren waren, stellte Schwester Mary fest: »Der Doktor macht, was er will. Ich finde, Sie sind viel zu nachsichtig, Frau Doktor Bruckner. Als ob wir nicht schon genug Patienten hier hätten.«

      »Tom Kennedy ist eben Mediziner mit Leib und Seele, er kann keinen Menschen leiden sehen. Das macht ihn mir sympathisch, da werde ich ihm ganz bestimmt nicht widersprechen.« Sie lächelte ein wenig und griff dann nach dem Telefon, das klingelte.

      »Julia? Hier ist Max!«

      Die schöne Ärztin schloß kurz die Augen, als sie die Stimme des geliebten Mannes hörte, dann fragte sie liebevoll: »Max, wie geht es dir? Es tut so gut, mit dir zu reden. Ich habe deine Anrufe in den letzten Tagen sehr vermißt!«

      Schwester Mary zog sich dezent zurück, Dr. Brinkmeier meinte entschuldigend: »Ich bin einfach nicht dazu gekommen, mich bei dir zu melden. Ich hatte zu viel um die Ohren. Lukas hat Tina geheiratet, und wir haben hier im Doktorhaus ein Findelkind!«

      »Was? Ein Findelkind? Das mußt du mir aber ein bißchen genauer erklären. Wie ist es dazu gekommen?«

      Max berichtete, wie er in der Nacht heimgekommen war und den Korb vor der Haustür gefunden hatte. Er erwähnte Anderl Stumpfs vergebliche Bemühungen, die Mutter ausfindig zu machen und endete mit der Feststellung: »Ich bin wirklich froh, daß Anna sich so um das Wurm kümmert. Weißt, die Afra hat das Kleine ja auch schon ins Herz geschlossen, aber sie ist doch ein bissel alt für so ein Abenteuer.«

      »Die Anna, aha.« Julia konnte nicht verhindern, daß sich die Eifersucht wie ein glühender Stachel in ihr liebendes Herz bohrte. Sie wußte, daß die fesche Apothekerin ein Auge auf Max geworfen hatte und keine Gelegenheit ausließ, ihm ein wenig näher zu kommen. »Ich hoffe, sie ist nicht gleich ins Doktorhaus gezogen und fühlt sich schon heimisch.«

      Dr. Brinkmeier stutzte kurz, dann erwiderte er leicht ungehalten: »Es gibt keinen Grund für spitze Bemerkungen, Julia. Anna kümmert sich ganz selbstlos um das Kind. Sie hat keinerlei Hintergedanken, wie du jetzt vielleicht.«

      »Ich?« Sie lachte künstlich. »Wie komme ich denn dazu? Tom und ich sind ja auch nur Kollegen. Ein Schelm, der dabei Böses denkt.« Sie biß sich auf die Lippen, denn sie bereute ihre Bemerkung schon. Aber es war zu spät, sie konnte ihre Worte nicht zurückholen. »Entschuldige, ich rede Unsinn. Sei mir nicht böse, Max, aber die Anna

      Stadler ist nun mal ein rotes Tuch für mich. Sie ist hübsch und klug und in dich verliebt. Das sind alles Pluspunkte, die mich aus der Fassung bringen.«

      Kurz herrschte am anderen Ende der Leitung Stille, dann versicherte Max ihr mit Nachdruck: »Du vergißt dabei nur eine Kleinigkeit. Ich hab’ die Anna nicht lieb, sondern dich.«

      »Manchmal frage ich mich, wie du das schaffst. Schließlich habe ich in letzter Zeit nicht viel dazu getan, oder?«

      »Das mußt du gar nicht, daran kann keiner mehr was ändern.«

      »Ich hoffe, du hast recht.« Sie blickte auf, als Schwester Mary erschien und ihr ein Zeichen machte, zu kommen. »Bitte entschuldige, Max, ich muß zu einem Patienten. Ich rufe dich bald an, versprochen. Und halte mich bitte auf dem laufenden, was dieses Findelkind angeht. Das interessiert mich doch.«

      Er versprach es, dann legte Julia auf und folgte Schwester Mary. In Gedanken aber war sie noch bei Max. Und sie fragte sich die ganze Zeit, ob es Anna Stadler nicht vielleicht doch gelingen würde, sein Herz zu bezwingen…

      *

      Rudolf Graf kam von der Gemeinderatssitzung nach Hause, als er in der Diele fast mit der Altmagd zusammenprallte. Sie war schon im Nachthemd, kreidebleich, und zitterte am ganzen Leib. Der Bauer herrschte sie an: »Was ist los? Hast vielleicht den Verstand verloren, Rosa? Raus mit der Sprach’!«

      »Die Christa, ich…« Die Alte biß sich auf die Lippen und schluckte. Da bugsierte der Bauer sie kurzerhand in die Küche, goß ihr einen Enzian ein und bestimmte: »Den trinkst jetzt auf ex. Und dann erzählst mir, was geschehen ist.«

      Rosa folgte, mußte husten, spürte aber gleich, wie der Alkohol sie ein wenig beruhigte. Mit halbwegs klarer Stimme berichtete sie: »Ich wollte noch mal nach der Christa schauen, weil sie sich doch heut den ganzen Tag nicht gut gefühlt hat.«

      »Was soll das heißen? Was hat das Madel?«

      »Ich weiß es nicht«, schwindelte die Alte und fuhr rasch fort: »Als ich in ihre Kammer gekommen bin, dachte ich erst, sie schläft tief und fest. Deshalb wollte ich leise wieder nach draußen schleichen. Dann hör’ ich das Stöhnen, es klang ganz schauerlich. Ich mache das Licht an und seh’, daß die Christa richtig glüht. Am ganzen Körper ist sie in Schweiß gebadet, dampft richtig. Aber der Schweiß auf ihrer Stirn ist kalt. Und sie läßt net mit sich reden, ist wie weggetreten. Das hat mir einen solchen Schrecken versetzt! Ich bin gleich wieder nach unten gelaufen und wollte den Doktor anrufen.«

      »Das erledige ich«, entschied der Bauer. »Geh du zu der Christa und hilf ihr ein bissel. Ich komme gleich nach.«


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