Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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      Und auch Max wollte es nicht glauben. Während er durch den milden Frühlingsabend marschierte, fragte er sich immer wieder, was Julias Zeilen wirklich bedeuten konnten. War sie einfach nur bemüht, das Arbeitsklima auf der Missionsstation zu verbessern, ging es ihr darum, mit diesem Kennedy auszukommen? Oder wollte sie schlicht einen Schlußstrich unter eine Vergangenheit ziehen, die seinen Namen trug? Er kam zu keinem Ergebnis. Aber die Vorstellung, Julia für immer zu verlieren, zog ihm den Boden unter den Füßen weg.

      Als Max sich schließlich auf

      den Heimweg machte, lief er Anna Stadler über den Weg. Sie freute sich immer, ihn zu sehen, doch sie bemerkte natürlich auch, daß etwas ganz und gar nicht stimmte. »Magst auf ein Haferl Kaffee reinkommen?« fragte sie ihn freundlich. »Ich hab’ eben frischen gekocht.«

      »Das ist nett von dir, Anna, aber…« Er wollte schon ablehnen, da überlegte Max es sich spontan anders. »Ja, warum eigentlich nicht? Ich wollte dir übrigens noch für deine Hilfe danken. Du hast dich so lieb um das Baby von der Christa gekümmert. Ich weiß gar nicht, was wir ohne dich hätten anfangen sollen…« Er folgte ihr ins Apothekerhaus.

      »Geh, das war doch selbstverständlich«, wiegelte sie ab. »Ein so süßes Butzerl, das muß man einfach lieb haben. Setz dich.« Sie füllte zwei Becher mit Kaffee und stellte eine Schüssel mit Keksen auf den Tisch.

      »Hast was auf dem Herzen, Max? Du siehst so unglücklich aus. Kann ich dir vielleicht helfen?«

      Er schaute sie eine Weile nachdenklich an, dann schüttelte er aber leicht den Kopf und erklärte: »Es ist nichts, ich bin nur ein bissel müd’ und abgespannt. Was hältst davon, wenn wir am Wochenende mal zusammen essen gehen? Mein Bruder und seine Frau kommen dieser Tage aus den Flitterwochen. Ich denk, so ein Abend zu viert könnte recht nett werden.«

      »Ich bin gerne dabei!« Sie lächelte ihm lieb zu, da legte er spontan eine Hand auf ihre und gestand ihr ein: »Ich freu mich, sehr sogar. Weißt, Anna, unsere Freundschaft, die ist für mich was ganz Besonderes, darauf möchte ich niemals verzichten müssen. Also, falls es dich mal erwischen sollte und du ans Heiraten denkst, schließ mich bitte nicht ganz aus deinem Leben aus, versprochen?«

      »Das würde ich nie tun«, versicherte sie vage. »Aber jetzt sagst mir, was mit dir los ist. Dich quält doch was. Hast denn kein Zutrauen zu mir?«

      »Ich will dich net mit meinen Problemen belästigen.« Er erhob sich. »Danke für den Kaffee. Wir sehen uns dann am Samstag, einverstanden?«

      »Freilich, wie du willst. Warte, ich bring dich noch zur Tür.« Anna wurde das Gefühl nicht los, daß Max tatsächlich schweren Kummer hatte. Zu gerne hätte sie ihm geholfen, sich zumindest angehört, was ihn quälte. Daß er so völlig abblockte, wollte ihr gar nicht gefallen. Bevor der Landarzt das Apothekerhaus dann verließ, gestand er der jungen Frau ein: »Du hast übrigens recht gehabt. Weißt du noch, was du zu mir gesagt hast, als wir über meine Fernbeziehung zur Julia geredet haben? Daß man die Liebe immer an die erste Stelle in seinem Leben rücken sollte. Das stimmt, ich habe es jetzt schmerzlich erfahren müssen. Dinge, die einem wichtiger sind, können irgendwann dazu führen, daß man sich zwar liebt – aber trotzdem verliert.«

      Anna schaute Max beklommen hinterher. Was hatte er damit sagen wollen? Hieß das vielleicht, daß Julia Bruckner auf Abwegen wandelte? Gab es doch noch eine Chance für die hübsche Wildenberger Apothekerin, das Herz von Max Brinkmeier zu erobern? Sie wünschte es sich mehr als alles andere. Aber um den Preis, den heimlich geliebten Mann unglücklich zu sehen? Nein, das wohl kaum.

      *

      »Was ist los mit Ihnen, Julia? Sie sind schon den ganzen Tag so still. So kenne ich Sie nicht.« Tom Kennedy lächelte seiner Kollegin ein wenig zu. »Sind Sie noch sauer auf mich?«

      Julia legte den Stift beiseite und klappte die Krankenakte zu, die sie eben aktualisiert hatte. Sie hatte schon seit einer Weile offen mit Dr. Kennedy reden wollen, aber bislang hatte sich keine Gelegenheit dazu geboten. Was er ihr am Wasserfall gesagt hatte, hatte sie tief beeindruckt.

      »Ich bin nicht sauer. Sie haben mich sehr getroffen mit dem, was Sie mir vorgeworfen haben. Weil es stimmt.«

      Der Schotte hob leicht die Augenbrauen. »Meinen Sie? Ich glaube, ich wollte Sie nur ein bißchen aus der Reserve locken, um unsere Zusammenarbeit zu vereinfachen.«

      »So? Das ist Ihnen gelungen. Ich mußte lange darüber nachdenken. Es stimmt schon, daß ich die Trennung von Max bis jetzt nicht überwunden habe. Vom Verstand her kann ich mir sagen, es ist okay, weil es keine andere Lösung gibt. Jedenfalls im Moment nicht. Aber das Gefühl läßt sich nicht so leicht überzeugen. Ich habe da wohl einige Fehler gemacht, das tut mir leid. Ich will mich bemühen, es in Zukunft besser zu machen.«

      Dr. Kennedy schaute sie nachdenklich an. »Wie wollen Sie das bewerkstelligen? Ihre Gefühle ändern?«

      »Das wird wohl kaum möglich sein. Ich habe mir aber vorgenommen, Ihre Arbeitsweise nicht mehr an der Vergangenheit zu messen. Sie haben recht, es kommt jetzt darauf an, daß wir ein Team bilden. Nur das zählt, zum Besten der Station.«

      »Ich weiß nicht… So leicht wird das sicher nicht. Seit ich hier bin, liegen wir uns praktisch ständig in den Haaren. Nehmen Sie zum Beispiel die Epilepsiepatientin. Sie waren im Grunde nicht mit meiner Aktion einverstanden.«

      »Na und? Der Erfolg hat Ihnen Recht gegeben. Der Frau geht es besser, das ist doch schließlich das Wichtigste.«

      »Meinen Sie? Sehen Sie, Julia, ich zweifle allmählich daran, daß aus uns tatsächlich noch ein tragfähiges Team werden kann. Wir sind einfach zu verschieden. Und wir haben nicht eben die besten Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit.«

      »Und welche Konsequenz ziehen Sie daraus? Werden Sie wieder nach Schottland gehen?«

      »Nein.« Er lächelte dünn. »Aber ich finde, Sie sollten nach Wildenberg gehen. Alles andere wird auf die Dauer nicht funktionieren.«

      Dr. Bruckner war von diesem Vorschlag ehrlich verblüfft. Und es dauerte nicht lange, bis sie wütend wurde. »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Sie sind erst ein paar Monate hier und wollen mir vorschreiben…«

      »Nun gehen Sie nicht gleich an die Decke und halten Sie mir nicht wieder Ihre zehn Jahre Ruanda vor. Ich weiß Bescheid. Aber ich sehe auch, daß es auf Dauer nicht funktionieren kann mit uns. Solange Sie den Kollegen Brinkmeier nicht nur im Herzen, sondern auch im Kopf haben, wird aus uns kein Team.«

      »Jetzt reicht es mir aber!« Julia starrte den Kollegen zornig an. »Sie mischen sich ständig in mein Privatleben. Es geht Sie schlicht nichts an, wie ich denke und fühle, verstanden? Sie haben auf jegliche nur denkbare Art versucht, Max aus meinem Herzen zu vertreiben. Und jetzt machen Sie sogar schon unsere Zusammenarbeit davon abhängig. Aber ich muß Sie enttäuschen; ich lasse mich von Ihnen zu nichts zwingen. Und ich möchte Sie sehr darum bitten, daß wir in Zukunft rein kollegial miteinander umgehen. Keine Privatgespräche mehr!«

      »Sie sind so böse auf mich, weil ich Ihnen den Spiegel vorhalte.« Er hob leicht die Schultern.

      »Aber ich gebe auch zu, daß Sie recht haben. Ich habe durchaus persönliche Motive. Nun, wir haben die Grenzen abgesteckt und können dieses Thema fürs erste ruhen lassen. Sie wollen bleiben, ich auch. Wir werden sehen, wohin uns das führt.«

      Julia seufzte leise, als sie allein war. Sie hatte wirklich mit den besten Absichten gehandelt, doch es schien wieder einmal alles vergebens. Sie hatte Max geschrieben, ihn um etwas Abstand gebeten, um ihr Denken und Handeln neu zu ordnen. Das alles nur, weil sie wollte, daß ihre Zusammenarbeit mit Tom Kennedy endlich funktionierte. Aber es schien keinen gemeinsamen Weg zu geben.

      Das Klingeln des Telefons riß Julia aus ihren trüben Gedanken. Sie war überrascht, als Max sich meldete, aber sie war auch sehr froh, seine Stimme zu hören. »Julia, ich habe deinen Brief bekommen und muß dir ganz ehrlich sagen, daß ich nicht weiß, was ich davon halten soll«, beschwerte Dr. Brinkmeier sich. »Haben wir denn nicht schon Abstand genug?«

      »Ja, sicher. Es tut mir


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