Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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nur warnen, Max. Du hast dich schnell in die Nesseln gesetzt. Und wenn dieser Farber wirklich so ein Fiesling ist, dann wird er den Spieß umdrehen und versuchen, dir zu schaden.«

      »Ja, vielleicht. Aber das Risiko nehme ich auf mich. Ich kann nicht einfach zusehen, wenn jemand leidet. Da hätte ich ja keine ruhige Minute mehr.«

      Anna warf Max einen vielsagenden Blick zu und lächelte leicht, als sie bekannte: »Eigentlich habe ich nichts anderes erwartet.«

      *

      Am späten Abend hatte Max Brinkmeier endlich Zeit, um Dr. Julia Bruckner anzurufen. Die Kollegin, die zehn Jahre sein Leben auf einer Missionsstation in Ruanda geteilt hatte, war die Frau, die Max liebte. Daran konnten auch Tausende von Kilometern nichts ändern, die trennend zwischen ihnen lagen.

      Als der Mediziner sich entschieden hatte, Afrika zu verlassen, um nach Wildenberg zurückzukehren und die Landarztpraxis von seinem Vater zu übernehmen, hatte er Julia eindringlich gebeten, ihn zu begleiten. Er hatte sie heiraten wollen, sie sollte auch in seinem neuen Lebensabschnitt der Mittelpunkt sein. Doch Julia hatte abgelehnt. Auch wenn sie fast noch mehr unter der Trennung litt als er, brachte sie es doch nicht über sich, ihre Arbeit auf der Missionsstation Holy Spirit, rund fünfzig Kilometer südlich der ruandischen Hauptstadt Kigali, aufzugeben. Seither waren sie also getrennt, nur einmal hatte Julia den geliebten Mann besucht, zum vergangenen Weihnachtsfest. Doch das war lange her. Mittlerweile zwitscherten schon wieder Vögel in den Bäumen, die dicke Blattknospen trugen, und die Matten rund um Wildenberg hatten einen grünlichen Schimmer. Der Frühling kam, doch die Trennung von der Frau, die Max liebte, machte ihm mehr denn je zu schaffen. Briefe und Telefonate waren eben nur ein erbärmlicher Ersatz für die Anwesenheit des Menschen, der das eigene Herz zum Singen brachte und einen in manchem Augenblick des Glücks etwas wie Vollkommenheit erahnen ließ.

      Der junge Landarzt seufzte leise. Er betrachtete das Foto der schönen Frau mit den kastanienbraunen Locken und den himmelblauen Augen und meinte fast, ihr heiteres Lachen zu hören oder den leisen Duft nach Veilchen zu riechen, der sich für Max so unlösbar mit Julia verband.

      Als sie sich am anderen Ende der Telefonleitung meldete, mußte er unwillkürlich lächeln. »Julia, Liebes, ich bin es, Max. Wie geht es dir? Habt ihr den Brand gut überstanden?«

      Vor einer Weile hatte jemand heimlich Feuer auf der Station gelegt, doch der Schaden hielt sich in Grenzen.

      »Max, wie schön! Hier ist alles in Ordnung. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie hilfsbereit die Leute aus dem Dorf sind. Zwei Maurer arbeiten schon seit Tagen daran, die Zellen für die Schwestern wieder aufzubauen. Und sie wollen keinen Lohn dafür.«

      »Ja, ich weiß. Die Landbevölkerung ist arm, aber trotzdem großzügig. Das ist eine Mischung, die man nur selten findet.«

      Julia lauschte seiner Stimme einen Moment lang nach, dann murmelte sie: »Natürlich weißt du das. Entschuldige...«

      »Es gibt nichts zu entschuldigen. Ich bin ja schon eine ganze Weile weg. Wie läuft es denn bei euch? Was macht die neue Köchin? Wie war doch gleich ihr Name...«

      »Buhla. Sie ist sehr nett und kann wunderbar kochen. Nur um ihr Baby mache ich mir noch Sorgen. Tom will es am Herzen operieren. Aber ich weiß wirklich nicht, ob das bei unserem Standard überhaupt möglich sein wird...«

      Tom! Dr. Brinkmeier verzog unwillig den Mund. Dachte er an den schottischen Arzt, der auf der Missionsstation seine Stelle eingenommen hatte, empfand er jedesmal Wut und Eifersucht. Natürlich war Max klar gewesen, daß Julia auf die Dauer nicht allein alle Arbeit erledigen konnte. Aber hätte es nicht eine zweite Ärztin sein können, die nach Holy Spirit kam? Mußte es unbedingt dieser seltsame Typ sein, den Julia zu Beginn nicht hatte ausstehen können, und von dem sie nun mit unverhohlener Sympathie sprach?

      »Sag mal, hörst du mir überhaupt noch zu?« hörte er Julia nun leicht ärgerlich fragen. »Langweile ich dich? Oder bist du nur müde? Irgendetwas stimmt doch nicht, Max.«

      Er mußte schmunzeln. »Dir kann man nichts vormachen. Aber du kennst ja meine Vorbehalte gegen diesen Kennedy. Es tut mir leid, doch der Kerl ist ein rotes Tuch für mich.«

      Einen Moment lang war Julia sprachlos, dann meinte sie verständnislos: »Wieso eigentlich? Dazu hast du keinen Grund. Du kennst Tom ja nicht mal persönlich.«

      »Ist auch nicht nötig. Du redest so freundlich, ja beinahe liebevoll über diesen Holzhacker, daß ich Bescheid weiß.«

      »Also, das ist doch... Nun hör auf, Max, die Rolle des eifersüchtigen Liebhabers steht dir nicht. Zwischen Tom und mir ist nichts. Ich bin froh, daß wir leidlich miteinander auskommen, das war schließlich nicht immer so. Vertraust du mir vielleicht nicht mehr?«

      »Das hat damit gar nichts zu tun«, behauptete er. »Du merkst es selbst nicht, aber ich höre die feinen Zwischentöne. Und daß der Kerl es eine ganze Weile verhindert hat, daß wir miteinander telefonieren, das nenne ich auch nicht gerade die feine englische Art. Nicht mal für einen Schotten!«

      Julia mußte wider Willen lachen. »Das ist doch Schnee von gestern. Und laß uns...«

      »Ich finde das nicht lustig! Du weißt, ich vertraue dir. Aber alles hat Grenzen. Und wenn ich erfahre, daß sich da etwas anbahnt zwischen dir und diesem Kennedy, dann weiß ich nicht, was ich tue. Dann garantiere ich für nichts!«

      »Max, ich bitte dich!« Dr. Bruckner wurde nun sehr ernst. »Was zwischen uns ist, das kann nichts und niemand ändern. In meinem Herzen hat nur ein Mann Platz, und das bist du. Oder hast du vielleicht vergessen, was wir einander bedeuten?«

      Er schloß kurz die Augen, bat sie leise: »Verzeih’ mir, Julia. Ich fürchte, die lange Trennung macht mich überempfindlich. Es tut mir leid, ich wollte dir wirklich nichts unterstellen.«

      »Schon gut. Aber ich finde, wir sollten nicht mehr darüber reden, das führt doch zu nichts. Erzähl’ mir lieber, was es in Wildenberg Neues gibt.«

      Eine Weile sprachen sie noch miteinander, und als sie das Telefonat beendeten, herrschte wieder Harmonie zwischen ihnen. Dr. Bruckner war erleichtert, doch ein leises Gefühl der Schuld nagte an ihrem Herzen. Fast jeden Tag fragte sie sich, ob es nicht besser gewesen wäre, Max nach Wildenberg zu begleiten. Obwohl sie sich ständig schrieben und telefonischen Kontakt hielten, konnten sie doch eine gewisse Entfremdung nicht verhindern. Sie spürte es an Max’ ständiger Eifersucht, an seinem Mißtrauen. Das waren Regungen, die früher in ihrer Beziehung keine Rolle gespielt hatten. Doch seit ihrer Trennung war eben alles anders geworden. Und vieles hatte sich nicht eben zu seinem Vorteil verändert...

      »Julia, kommen Sie? Es gibt gleich Essen.« Buhla, die junge Einheimische, die seit einer Weile auf der Station lebte und sich als Köchin nützlich machte, trat neben die Medizinerin und schaute sie fragend an. »Stimmt was nicht? Hatten Sie wieder Streit mit dem großen Schotten?«

      Sie nannte Tom Kennedy so, obwohl er das nicht mochte. Und Julia fand es doch irgendwie amüsant.

      »Nein, es hat nichts mit Doktor Kennedy zu tun. Ich habe eben mit Max, meinen Freund, telefoniert. Er lebt wieder in Deutschland. Und die Trennung, die ist für uns beide nicht leicht, verstehst du?«

      Buhla stammte aus der Gegend. Sie hatte ein Baby bekommen, obwohl sie nicht verheiratet war, und ihre Familie hatte sie deshalb verstoßen. Halb verhungert war sie nach Holy Spirit gekommen und hatte hier etwas wie eine neue Heimat gefunden. Besonders Dr. Bruckner hatte sich sehr um die junge Frau gekümmert, was diese ihr nicht vergessen würde.

      »Nein, das verstehe ich nicht«, sagte Buhla nun nachdenklich. »Wenn er Ihr Freund ist, warum sind Sie dann nicht bei ihm? Oder haben Sie ihn nicht mehr lieb?«

      »Doch, sehr sogar. Aber ich wollte die Station nicht verlassen und er mußte fort. Deshalb haben wir uns getrennt.«

      »Wieso hängen Sie so an der Station? Bedeutet sie Ihnen denn mehr als Ihr Freund?« wunderte die junge Frau sich da.

      »Nein, nicht mehr. Das ist eben etwas anderes. Ich lebe über zehn Jahre hier, und ich habe sehr viel Arbeit investiert. So etwas gibt


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