Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

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Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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nicht übers Herz gebracht.«

      Buhla schaute Dr. Bruckner bewundernd an. »Die Station ist also so etwas wie Ihr Lebenswerk. Ich wünschte, ich könnte mir auch etwas Eigenes aufbauen. Etwas, das nur mir gehört, das mir keiner mehr wegnehmen kann.«

      »Aber du hast doch dein Baby, den kleinen Tom. Er gehört zu dir. Und du kannst stolz darauf sein, daß du ihn eine ganze Weile allein durchgebracht hast.«

      »Ja, vielleicht. Doch das ist was anderes.«

      »Da hast du allerdings recht. Ein Mensch sollte einem immer wichtiger sein als alles andere.« Julia schaute ihr Gegenüber unsicher an. »Ich glaube, in der Beziehung habe ich wirklich einen Fehler gemacht. Aber es ist ja noch nicht zu spät, um diesen Fehler zu revidieren, nicht wahr?«

      *

      Benjamin Farber kam gerade aus dem Stall, als im Nachbarhaus Stimmen laut wurden. Er hörte, wie sein Bruder Monika anschrie und beschimpfte. Und dann klang ein klatschender Laut auf, der charakteristisch war. Den jungen Bauern packte da die Wut.

      Am Vorabend hatte er geduldig versucht, ein vernünftiges Gespräch mit Christian zu führen, aber nur Hohn und Spott geerntet. Sein Bruder gab sich unzugänglicher denn je. Und es schien ihm völlig einerlei zu sein, was Benjamin ihm hatte klar machen wollen. Er benahm sich weiterhin wie die Axt im Wald.

      Obwohl Monika ihn gebeten hatte, sich nicht mehr einzumischen, konnte Benjamin doch nicht einfach wegsehen. Kurz entschlossen eilte er nach nebenan. Er hielt sich nicht damit auf, am Klingelstrang zu ziehen, sondern stürmte einfach ins Haus. In der guten Stube hockte Monika auf einem Sessel, hatte das Gesicht in den Händen vergraben und weinte bitterlich, während ihr Mann mit hängenden Armen mitten im Raum stand und leise vor sich hin fluchte. Von den Kindern war nichts zu sehen. Benjamin ging auf seinen Bruder los, packte ihn am Schlafittchen und herrschte ihn an: »Was hast du nun wieder angestellt? Wieso kannst du dich nicht einmal wie ein vernünftiger Mensch benehmen, Christian?«

      »Laß mich los und scher dich raus!« schrie der unbeherrscht und wollte sich von seinem Bruder befreien. Doch der gab nicht nach, da brüllte der Bankangestellte: »Verschwinde endlich! Das hier geht dich nix an. Schaff dir gefälligst eine eigene Familie an, wenns’t dich einmischen willst!«

      »Ben, bitte...«, Monika legte eine Hand auf den Arm ihres Schwagers, was ihr Mann sofort zum Anlaß nahm, neuen Streit vom Zaun zu brechen.

      »Da schau her! Sehr vertraut! Bildet euch nur net ein, ich wüßte nicht Bescheid. Aber ich laß mir keine Hörner aufsetzen, hörst? Eher bring ich dich um, bevor ich es zugeb’...«

      »Nimm dich endlich zusammen!« Benjamin versetzte seinem Bruder einen Schlag mit der flachen Hand, der diesen tatsächlich verstummen ließ. »So kann es net weitergehen. Das ist kein Leben für deine Frau und deine Kinder«, mahnte der Bauer streng. »Du brauchst Hilfe, Christian. Weißt nimmer, damals, als wir noch Buben waren, da bist bei einem Doktor in Behandlung gewesen, der dir recht gut hat helfen können. Vielleicht wäre...«

      »Willst mich jetzt auch zum Irrenarzt schicken? Das habt’s euch fein ausgedacht! Aber da spiele ich net mit. Ich bin nämlich total normal. Und ich lasse mir von euch nix einreden.« Er starrte seinen Bruder kalt an. »Schleich di, Ben. Du hast dich lange genug in mein Leben eingemischt. Was ich tue und lasse, geht dich einen Schmarrn an. Und ich verbitte es mir, daß du ständig in unserem Haus herumlatschst, verstanden? Wir werden in Zukunft die Haustür abschließen, damit wir endlich in Ruhe leben können, hast mich?«

      »Hört doch endlich auf!« Monika ballte die Hände zu Fäusten, ihre Stimme kippte, als sie flehte: »Laß den Ben in Ruh’, Christian, er will uns ja nur helfen!«

      »Ja, ja, sicher! Alle tun das Rechte, nur ich bin zu blöd dazu! Aber ihr werdet euch noch wundern, euch werden die Augen übergehen!« Er starrte erbost von seiner Frau zu seinem Bruder, dann polterte er aus der Stube. Die kleine Birgit, die in der offenen Tür stand, schubste er grob beiseite. Das Kind fiel hin und fing an zu weinen. Monika war gleich bei Birgit, die sich an ihre Mutter klammerte und greinte: »Der Papa soll aufhören! Der Paul heult die ganze Zeit vor Angst!«

      Die junge Frau setzte sich und wiegte ihre Tochter, bis diese sich ein wenig beruhigt hatte. Benjamin tauschte einen fragenden Blick mit ihr, dann verließ auch er die Stube. Seinen Bruder fand er in der Garage. Er saß auf einem Stapel Reifen und starrte ausdruckslos vor sich hin. Der Bauer fragte vorsichtig: »Was ist los, Christian? Hast Druck in der Bank? Oder Geldsorgen? Es muß doch einen Grund geben, daß du so ausrastest. Hast vielleicht vergessen, was du mir vor eurer Hochzeit gesagt hast? Daß du dich für die Moni ändern willst, daß sie es wert ist. Denkst nimmer daran?«

      Christian schwieg verbissen. Er hielt den Blick gesenkt und schien die Anwesenheit seines Bruders gar nicht zu bemerken. Als dieser bereits glaubte, keine Antwort mehr zu bekommen, murmelte der junge Mann bekümmert: »Ich mach immer alles falsch. Ich weiß net, warum. Dabei gebe ich mir Mühe, ja wirklich. Ich hab’s versucht. Aber es klappt net. Ich werde die Moni verlieren, daran führt kein Weg vorbei. Du weißt es doch, Ben, ich mach immer alles kaputt, was in meine Nähe kommt. Schon als Bub...«

      »Jetzt quäl’ dich net. Das hat auch keinen Sinn. Willst mir nicht sagen, was los ist? Vielleicht kann ich dir helfen.«

      »Du? Na, mir kann keiner helfen. Es tut mir leid, Ben.« Christian erhob sich und verließ die Garage. Sein Bruder schaute ihm bekümmert nach. Eben hätte er ihn noch erwürgen können und jetzt tat der Jüngere ihm leid. So war es schon immer gewesen...

      Dr. Brinkmeier schaute am nächsten Morgen noch einmal bei den Farbers vorbei. Er erwischte die ganze Familie komplett, machte sich auch mit Christian bekannt, der sich leidlich freundlich gab. Daß der Landarzt aber ständig Hausbesuche bei ihnen machte, wollte ihm nicht behagen.

      »Der Paul ist doch wieder in Ordnung«, behauptete er. »Gelt, es geht dir wieder gut, Burschi?«

      Auf das schüchterne Nicken des Kindes gab Max nichts. Er deutete auf Birgits Unterarm. »Bist du auch hingefallen? Das ist ein ziemlich großes Hämatom.«

      »Ich hatte in der Schule Streit«, kam es wie aus der Pistole geschossen von dem Mädchen. »Und jetzt muß ich zum Bus.« Weg war sie. Auch Paul verdrückte sich auffallend schnell. Max wunderte sich nicht darüber. Er hatte die warnenden Blicke, mit denen Christian Farber seine Kinder offenbar in Schach hielt, sehr wohl bemerkt. Bevor der Bankangestellte das Haus verlassen konnte, fragte der Mediziner ihn: »Was ist eigentlich los mit Ihren Kindern, Herr Farber? Sie sind andauernd verletzt. Finden Sie das nicht seltsam?«

      »Sie sind vielleicht ungeschickter als andere«, spöttelte der Angesprochene humorlos. »Aber ich finde etwas ganz anderes seltsam, Herr Doktor: Menschen, die sich in Dinge mischen, die sie nichts angehen. Und ich kann solche Menschen absolut nicht leiden, verstehen Sie, was ich meine?«

      »Bitte, Christian, laß doch. Der Doktor Brinkmeier sorgt sich ja nur...« Monika verstummte, als ihr Mann sie anfuhr: »Scher dich in die Küche, wo du hingehörst. Und misch dich net ein, wenn ich mich unterhalte.«

      »Die Meinung Ihrer Frau interessiert mich aber auch«, hielt Max dem Mann entgegen, der ihm zunehmend unsympathischer wurde. »Frau Farber, finden Sie es richtig, was hier abläuft? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«

      Monika senkte den Blick und behauptete: »Ich weiß gar nicht, was Sie meinen, Herr Doktor. Mein Mann hat recht; Sie brauchen sich nimmer herzubemühen. Dem Paul geht es ja wieder gut.«

      »Schön, wie Sie wollen.« Max erhob sich. »Aber rechnen Sie nicht damit, daß ich die Sache auf sich beruhen lasse. Sollte mir zu Ohren kommen, daß Sie Ihre Kinder weiterhin mißhandeln, werde ich Sie anzeigen, Herr Farber.«

      »Scheren Sie sich raus! Ich warne Sie: Betreten Sie mein Haus noch einmal, dann werfe ich Sie eigenhändig raus!«

      Nachdem Dr. Brinkmeier gegangen war, verpaßte er Monika eine Ohrfeige und drohte ihr: »Das hast net umsonst getan. Der Doktor hat sich nur deshalb so aufspielen können, weil er was weiß. Es ist alles nur deine Schuld. Und das wirst bereuen!«

      »Aber, Christian,


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