Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten. John August

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Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten - John August


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      John August

      Arlo Finch

      Im Königreich der Schatten

      John August, geboren 1970 in Colorado, ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor und Journalist. Zu seinen bekanntesten Drehbüchern gehören – teils in Zusammenarbeit mit Tim Burton – die Kinoadaption von »Big Fish«, die Neuverfilmung von »Charlie und die Schokoladenfabrik« sowie »Corpse Bride« und »Frankenweenie«. »Arlo Finch« ist John Augusts Kinderbuchdebüt.

      Der Autor lebt mit Mann und Tochter in L. A.

       johnaugust.com

      Aus dem amerikanischen Englisch von Wieland Freund und Andrea Wandel

      Mit Illustrationen von Helge Vogt

      Die Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Arlo Finch in the Kingdom of Shadows« bei Roaring Book Press, zugehörig zu Holtzbrinck Publishing Holdings Ltd. Partnership, New York.

      © 2020 John August

      1. Auflage 2020

      © 2020 für die deutschsprachige Ausgabe Arena Verlag GmbH

      Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Dieses Werk wurde vermittelt durch die

      Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

      Aus dem Englischen von Wieland Freund und Andrea Wandel

      Umschlag und Innenillustrationen: Helge Vogt

      Umschlaggestaltung: Johannes Wiebel

      E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

      E-Book ISBN 978-3-401-80902-1

      Besuche den Arena Verlag im Netz:

       www.arena-verlag.de

      EIN TOTAL NORMALER ZELTAUSFLUG

      Eigentlich war es nicht einmal gelogen.

      Der Blaue Trupp wollte wirklich die neuen Campingkocher testen. Ende des Monats fand der alljährliche Kochwettbewerb der Pine-Mountain-Kompanie statt. Die letzten drei Male hatte der Grüne Trupp den Goldenen Göffel gewonnen – wollte der Blaue Trupp sich also eine Siegchance wahren, musste er seine Rezepte schon mit der richtigen Ausrüstung ausprobieren.

      »Aber wieso muss es ausgerechnet am Fluss sein?«, wollte Indra wissen. »Können wir es nicht einfach bei einem von uns im Garten machen? Das fragen sie uns bestimmt zuallererst.«

      Mit sie waren ihre Eltern gemeint. Der Blaue Trupp brauchte eine Ausrede, warum er einen zusätzlichen Zeltausflug einschob – einen Zeltausflug ausschließlich für ihren Trupp, Erwachsene oder andere Ranger waren nicht eingeladen.

      »Wir können doch sagen, dass wir für Wettkampfbedingungen sorgen müssen«, sagte Wu. »Das klingt plausibel.«

      Connor stimmte ihm zu. »Und das Feuerverbot nicht vergessen. Das müssen wir auch erwähnen. Das erklärt, warum es dieses Jahr anders läuft als sonst.« Nach einem bemerkenswert trockenen Sommer hatte die Forstverwaltung offenes Feuer in den Bergen Colorados untersagt, was bedeutete, dass den Trupps nur winzige Butangas-Kocher zur Verfügung standen. Mit begrenztem Brennstoff und nur zwei Kochplatten wurde das Kochen viel komplizierter.

      »Das erklärt aber immer noch nicht, warum es unbedingt der Zeltplatz am Fluss sein muss«, sagte Julie Delgado. »Unsere Eltern werden Fragen stellen.« Jonas, ihr Zwillingsbruder, teilte ihre Sorge.

      »Der Fluss ist der einzige Zeltplatz, den wir von der Stadt aus zu Fuß erreichen können«, sagte Wu. »So muss uns niemand fahren. Und wenn etwas schiefgeht, können wir einfach nach Hause laufen.«

      Arlo Finch schüttelte den Kopf. »Wir sollten gar nicht erst davon anfangen, dass etwas schiefgehen könnte. So was macht sie nur nervös. Es muss wie ein total normaler Zeltausflug rüberkommen.«

      In Wirklichkeit war der Ausflug alles andere als normal.

      In Wirklichkeit war es unglaublich riskant, was der Blaue Trupp an diesem ersten Samstag im September vorhatte. Der Plan sah Betrug, Feilscherei, geheimnisvolle Artefakte und eine elftausend Kilometer lange Reise vor. Zum Schiefgehen gab es hundertfach Gelegenheit.

      Doch Arlo Finch war sich sicher: Sie hatten nur diesen einen Versuch.

      Vor über einem Jahrhundert hatte ein Hochwasser das ursprüngliche Pine Mountain zerstört und dabei nichts als Schutt und Geistergeschichten hinterlassen. Als der Blaue Trupp an diesem Samstagmorgen seine Zelte am Big Stevens River aufschlug, schien allerdings kaum vorstellbar, dass ein so kleiner Bach einen derart furchtbaren Schaden anrichten könnte. Der Wasserstand war niedriger als je zuvor, getrockneter Schlamm klebte überall an den freigelegten Felsen. Wasserläufer huschten über flache, modrige Pfützen.

      »Es stinkt«, stellte Julie fest, die sich nie zu schade war, das Offenkundige zu sagen. Sie und Jonas bauten ihr Zelt in größtmöglicher Entfernung vom Wasser auf. In den drei Monaten, die seit dem Sommer-Camp vergangen waren, hatten Arlo, Wu und Indra darauf geachtet, die Zwillinge in sämtliche Pläne einzubeziehen, damit sie nicht zu sehr erschraken, wenn schon wieder eine übernatürliche Gefahr über sie alle hereinbrach. Aktuell rechneten sie zwar weder mit der nächsten Druse noch mit einem Troll, aber so ganz genau konnte man das ja nie wissen.

      Vorsichtshalber zogen Connor und Indra Bannkreise um ihr Lager. Indra hatte ihr Abzeichen für Elementare Magie fast schon in der Tasche, allerdings fehlte es ihr noch an der nötigen Erfahrung, die Steine richtig auszuwählen und so zu stapeln, dass sie das Lager verlässlich vor heimtückischen Geistern schützten.

      Wenn es doch nur Bannkreise gäbe, um Menschen fernzuhalten, dachte Arlo. Das war das größte Fragezeichen hinter ihrem Plan: Was machen wir, wenn plötzlich jemand auftaucht und Fragen stellt?

      Wegen des trockenen Sommers und des Feuerverbots kamen deutlich weniger Touristen als sonst, um das Herbstlaub der Espen zu bestaunen, Sorgen um neugierige Außenstehende musste sich der Blaue Trupp wenigstens keine machen. Die weit größere Gefahr bestand in elterlichen Spontanbesuchen – etwa zum Zweck einer überraschenden Kekslieferung. Diana Velasquez, Marshall der Kompanie, könnte womöglich auch auf die Idee kommen, einfach mal nach dem Trupp zu sehen.

      Connor hatte gesagt, sie sollten sich keine Sorgen machen. Falls jemand auftauchte, würden sie einfach improvisieren. Arlo blieb also nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass seine Freunde das im Zweifel schon hinkriegen würden. Denn er selbst würde dann nicht da sein.

      Er überprüfte noch ein letztes Mal seinen Rucksack, überzeugte sich, dass er wirklich zwei Wasserflaschen, vier Energieriegel, eine Schachtel wasserfester Streichhölzer und eine Rettungsdecke aus Aluminium enthielt – sowie eine mit Klebeband umwickelte Bowlingkugel. Dennoch war der Rucksack leichter als erwartet.

      Seinen Ranger-Kompass und das Geistermesser hatte sich Arlo in die Taschen gesteckt. Ihm war klar, dass er sie nah am Körper tragen musste.

      »Da kommt jemand!«, raunte Wu und deutete auf eine Gestalt, die von der Straße den Hügel runterlief. Alle hielten gespannt den Atem an, bis sie sich überzeugt hatten, dass es wirklich die Person war, die sie auch erwartet hatten.


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