Bernhard Häring. Martin Leitgöb
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MARTIN LEITGÖB
BERNHARD HÄRING
KIRCHE IM ZEICHEN DER BARMHERZIGKEIT
Band 9 der Reihe „Spiritualität und Seelsorge“, die von P. Martin Leitgöb und P. Hans Schalk im Auftrag der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen herausgegeben wird.
Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“
2015
© Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck
Umschlaggestaltung und Layout: Tyrolia-Verlag
Foto: Archiv Tyrolia-Verlag
Druck und Bindung: FINIDR (CZ)
ISBN 978-3-7022-3478-2 (gedrucktes Buch)
ISBN 978-3-7022-3501-7 (E-Book)
E-Mail: [email protected]
Internet: www.tyrolia-verlag.at
INHALT
Das Zweite Vatikanische Konzil
KIRCHE IM ZEICHEN DER BARMHERZIGKEIT
Konkretisierung des Liebesgebots
Barmherzigkeit nach Alfons von Liguori
Heilswissen vor Herrschaftswissen
Eucharistie: Sakrament der Barmherzigkeit
Priestersein und Barmherzigkeit
Menschlicher Umgang mit Normen
Flexible Anwendung des Kirchenrechts
LEBENSWIRKLICHKEIT EHE UND FAMILIE
Heilssorge an den Geschiedenen
Gewidmet dem Gedenken
an meinen Vater Franz
EINFÜHRUNG
Es ist höchste Zeit, an Pater Bernhard Häring zu erinnern. Er droht nämlich in Vergessenheit zu geraten, und das wäre schade. Dabei war der aus der Ordensgemeinschaft der Redemptoristen stammende, 1998 verstorbene Geistliche einer der maßgeblichen Erneuerer der Theologie im 20. Jahrhundert, nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern international. Für das Fach Moraltheologie bedeutete er zu seiner Zeit ähnlich viel wie zum Beispiel der Jesuitenpater Karl Rahner für die Fundamentaltheologie. Wie dieser gehörte auch Häring zu den bedeutendsten theologischen Beratern des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965). Vor allem auf die Pastoralkonstitution des Konzils, das berühmte Dokument „Gaudium et spes“, hatte er großen Einfluss.
Theologische Erneuerung hieß für Häring, Rahner und viele andere nicht ein Neuerfinden von Gott und Kirche – wie denn auch? –, aber ein Neudenken und ein neues Erfahrbarmachen vor dem Hintergrund einer veränderten und stets weiter sich verändernden Welt. Mit dem Begriff „Aggiornamento“ (Verheutigung) hatte der Konzilspapst Johannes XXIII. die Überschrift zu diesen Bemühungen gegeben. Andererseits war die Erneuerung aber auch eine Reform im Sinne einer Rückführung der christlichen Theorie und Praxis aus manchen Deformierungen hin auf die ursprünglichen Inhalte und auf die wesenhafte Gestalt. Oder anders formuliert: Man versuchte die Quelle des theologischen Denkens und des kirchlichen Lebens wieder besser freizulegen, um aus ihr das kostbare Wasser für den Glauben und für das Leben schöpfen zu können. Häring ging es in diesem Sinne stets um eine Erneuerung aus dem Geiste Jesu Christi und dessen frohmachender Botschaft.
Die Zeit, an den vielfach vergessenen Moraltheologen zu erinnern, ist gegenwärtig günstig. Man kann geradezu von einem „Kairos“ sprechen, also einem rechten Zeitpunkt, der nicht ungenützt verstreichen darf. Warum? Zum einen, weil mit Papst Franziskus die kirchliche Großwetterlage doch deutlich anders geworden ist. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass Häring, würde er heute noch leben, ein Theologe ganz im Sinne dieses Papstes wäre. Und umgekehrt: Franziskus ist ein Papst im Sinne von Bernhard Häring. Schon die Wahl eines Südamerikaners zum Petrusnachfolger und damit das endgültige Aufbrechen des kirchlichen Eurozentrismus hätten dem Moraltheologen Freude bereitet, mehr aber noch die Reformimpulse, die von diesem Papst ausgehen. Auch der neue Stil in der Ausübung des obersten kirchlichen Hirtenamtes hätte ihm zugesagt, unter anderem die von Herzen kommende Sprache