Seewölfe - Piraten der Weltmeere 696. Frank Moorfield
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© 1976/2021 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-118-0
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Frank Moorfield
Gefahr auf Great Abaco
Old Donegals Blick hinter die Kimm läßt die Arwenacks erschauern
„Gegen diese Stollen ist die Hölle ein gemütliches Spinnstübchen“, sagte Edwin Carberry und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
Er hatte recht. Die Schwefelminen von Kavali, nördlich von Madras, waren ein Ort des Grauens. Staub und Dreck, dazu noch die brüllende Hitze, gnadenlose Aufseher und Fesseln an den Füßen – das ging auch den Arwenacks mächtig an die Nieren …
Die Hauptpersonen des Romans:
Jean Ribault – hat für den Stützpunkt des Bundes der Korsaren eine schwere Entscheidung zu treffen.
Hesekiel Ramsgate – glaubt sich zu irren, als er nachts im Kontor seiner Werft einen kurzen Lichtschein sieht.
Milton Smithfield – der Dritte Offizier der gestrandeten „Glorious“ hat keine Skrupel, seinen Rettern das Fell über die Ohren zu ziehen.
Hosea Ashburn – ist als bankrotter Kaufmann ständig auf der Suche nach dem ganz großen Geschäft.
Siri-Tong – die Rote Korsarin gerät auf Tortuga in die Hände von Erpressern.
Thorfin Njal – der Wikinger erlebt bei seiner Rückkehr in den Stützpunkt eine böse Überraschung.
Inhalt
1.
Drawida Shastri, der falsche Sultan, hatte in der Tat ein feines Süppchen für den Seewolf und seine Mannen gekocht, indem er sie als Sklaven an den Besitzer der Schwefelminen verkauft hatte. Bei der mörderisch harten Arbeit und der äußerst mangelhaften Ernährung ließ der körperliche Zusammenbruch in der Regel nicht lange auf sich warten. Zudem führten Dunkelheit, dichte Staubwolken und gefährliche Schwefeldämpfe bei vielen Arbeitern zur Erblindung. Und am Ende des Weges lauerte der Tod.
Philip Hasard Killigrew trank in kleinen Schlucken von seiner spärlichen Wasserration.
„Du hast es wieder mal erfaßt, Ed“, sagte er. „Ich würde auch lieber der Großmutter des Teufels beim Gemüseputzen oder Zwiebelschneiden helfen.“
„Und ich wäre sogar bereit, die ganze Hölle aufzuklaren und die riesigen Kessel umzurühren, in denen die Bösewichte schmoren“, sagte Ferris Tucker. „Selbst das wäre noch erträglicher, als in diesen verstaubten Mauselöchern herumzuwühlen.“
Die übrigen Seewölfe dachten ähnlich. Die meisten umklammerten ihre hölzernen Wasserbecher, als seien sie mit Rum gefüllt, und wünschten sich nichts sehnlicher, als den Staub und Dreck der vergangenen Tage durch einen Sprung in klares Wasser abspülen zu können. Doch daran war vorerst nicht zu denken. Alles, was sie zu erwarten hatten, waren einige Stunden Schlaf unter strengster Bewachung durch die brutalen Aufseher. Danach, im ersten Morgengrauen, würde die ganze Tortur von vorn beginnen.
Das waren trübe Aussichten für die Männer, und wie es aussah, gab es keine Chance für sie, dieser Hölle an der indischen Ostküste zu entrinnen.
Die meisten redeten sich ihren Grimm von der Seele. Bis auf einen. Er saß an diesem Abend etwas abseits und hüllte sich – was sonst selten geschah – in anhaltendes Schweigen: Old Donegal Daniel O’Flynn.
Zunächst nahmen die Arwenacks an, der rauhbeinige Alte sei einfach nur müde. Schließlich hatte er es mit seinem Holzbein in den Stollen besonders schwer. Doch dann sahen sie sein verwittertes Gesicht, dessen Züge an eine aus Granit und Eisen gehauene Statue erinnerten.
Old Donegal hockte bewegungslos am Boden, hatte den Kopf in den Nacken geworfen und die Augen starr in die Ferne gerichtet. Wie es schien, nahm er weder seine Kameraden wahr, noch die Hitze, den Dreck und die trostlose Umgebung.
Die Arwenacks kannten das, und einige begannen zu grinsen, obwohl ihnen gar nicht danach zumute war.
„Donegal blickt mal wieder hinter die Kimm“, sagte Ben Brighton. „Hoffentlich sieht er was Hübscheres als wir.“
Ferris Tucker rieb sich die rötlichen Bartstoppeln. „Fast könnte man neidisch werden auf den alten Zausel. Während wir mit dummen Gesichtern hier herumhocken und auf bessere Zeiten warten, schaut er sich hübsche Meerjungfrauen an.“
„Vielleicht hat er auch Pech, und es sind heute nur alte, grauhaarige Wassermänner zu sehen“, meinte Mac Pellew mit griesgrämigem Gesicht. „Da hält der Spaß auch nicht lange an.“
„Abwarten“, beschied Edwin Carberry. „Vielleicht sieht der Admiral auch mal was Vernünftiges. Wie wär’s mit einem geheimen Gang, der von den Stollen aus geradewegs nach England führt und dort in den Weinkellern der guten Lissy mündet, was, wie?“
Die Männer lachten verhalten. Ihre verschwitzten und mit Staub verschmierten Gesichter wirkten dabei wie Grimassen. Dennoch achteten sie wohlweislich darauf, daß die Aufseher es nicht bemerkten. Wenn jemand lachte, gingen die Kerle in der Regel davon aus, daß es ihm zu gut ging, und dann sorgten sie gründlich dafür, daß ihm das Lachen verging.
Man ließ Old Donegal in Ruhe. Sehr oft passierte es ohnehin nicht, daß er „hinter die Kimm“ blickte, und aus einer Art Kameradschaftsgefühl heraus gönnte man ihm das kleine Vergnügen. Außerdem war die Zeit, in der man einigermaßen ungestört miteinander reden und Fluchtmöglichkeiten erörtern konnte, ohnehin sehr begrenzt. Sie mußte ausgenutzt werden, darüber waren sich die Arwenacks im klaren, denn mit jedem Tag, den sie in dieser mörderischen Mine verbrachten, rückten sie dem grinsenden Sensenmann ein Stück näher.
Die Zeit verstrich, und das gedämpfte Stimmengewirr der Minenarbeiter, das überall im Lager zu hören war, wurde immer wieder vom Brüllen und Fluchen der Aufseher übertönt. Die Peitsche saß bei diesen Burschen ziemlich locker, und so manch einer erfuhr nie, warum plötzlich die verknoteten Lederriemen blutige Spuren über seinen nackten Rücken zogen.
Noch bevor sich die Abenddämmerung rasch und