Sigurd 3: Im Auftrag des Königs. Thomas Knip

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Sigurd 3: Im Auftrag des Königs - Thomas Knip


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aller Kraft holte er aus und schleuderte den Speer in den geöffneten Rachen des Ungeheuers. Die breite Klinge bohrte sich tief in den Gaumen. Vor Schmerzen bäumte sich das Untier auf und stieß grollende Schreie aus.

      Es wand sich und taumelte und schnappte mit dem Maul ins Leere, um sich von der peinigenden Waffe zu befreien. Doch mit jeder Bewegung drang die Klinge tiefer in das weiche Fleisch.

      Sigurd verlor keine Zeit und rannte auf eine der beiden hoch aufragenden Säulen zu, auf denen mächtige Feuerbecken ruhten. Auf dem rauen Stein fand er sicheren Halt und konnte so rasch in die Höhe klettern.

      Die Bestie suchte inzwischen nach ihrem Gegner, der ihr diese Schmerzen zugefügt hatte. Halb wahnsinnig vor Schmerz lief sie durch die Arena und erkannte den Junker, der gerade das obere Ende der Säule erreicht hatte. Wütend blitzten ihn die blutunterlaufenen Augen an. Das Ungeheuer stellte sich auf die Hinterbeine und wollte nach ihm schnappen.

      Auf diesen Augenblick hatte Sigurd gewartet!

      Er stemmte sich mit dem Rücken gegen die Unterseite der Feuerschale. Zuerst schien es, als könne es ihm nicht gelingen, sie zu bewegen, als ein Knirschen folgte und die Schale in ihrer Verankerung wankte. Gerade als das Ungetüm ein weiteres Mal in die Höhe sprang, um nach seinem Gegner zu schnappen, überschlug sich das Feuerbecken und ergoss seinen glühend heißen Inhalt über den Kopf des Ungeheuers.

      Von der Glut geblendet und durch schwere Brandmale gezeichnet, taumelte das vor Schmerz brüllende Untier hilflos umher. Sigurd rutschte die Säule auf der abgewandten Seite so schnell wie möglich herab und eilte zu Bodo herüber, der gerade Gubo als Letzten von seinen Fesseln befreite.

      Er sah das ungläubige Entsetzen in Dagmars und Bettinas Augen und zog sie mit sich.

      »Kommt schnell!«, machte er ihnen mit eindringlicher Stimme klar und riss sie aus ihrer Starre. »Wir müssen so rasch wie möglich aus der Nähe dieses Ungeheuers!«

      Die Bestie setzte ihnen jedoch nach. Sie hatte nicht vergessen, wer ihr diese Schmerzen zugefügt hatte. Sigurd und Bodo zogen die entkräfteten Frauen mit sich, doch Gubo und seine Spießgesellen fielen zurück. Blind vor Wut und Schmerz stürzte sich das Ungeheuer auf die drei Männer.

      »Seht!«, schrie Bettina gellend. »Das Scheusal hat sich Gubo gepackt!«

      Sigurd verharrte in seinem Schritt und blickte sich um. Er sah, wie der Abenteurer verzweifelt die Arme in die Höhe warf, und dann erstickte sein Schrei.

      »Furchtbar …«, murmelte Sigurd und senkte den Kopf. »Ihm ist nicht mehr zu helfen.«

      Er sah den erschütterten Ausdruck in den Gesichtern seiner Gefährten. »Kommt!«, trieb er sie an und eilte auf den offenen Durchlass zu, durch den sie die Arena betreten hatten.

      Während die kleine Gruppe in den Gängen Schutz fand, begann das geblendete Untier rasend voller Schmerz ein grauenvolles Zerstörungswerk. Aus dem Jubel der Inselbewohner waren längst angsterfüllte und panische Schreie geworden, als die mächtigen Pranken wild um sich schlugen und die Tribünen zum Einsturz brachten. Menschen stürzten zu Boden oder wurden unter den Trümmern begraben.

      Es dauerte unendlich lange Augenblicke, bis das Untier seinen Verletzungen erlegen war und in der Arena leblos zusammenbrach. Nachdem die überlebenden Inselbewohner ihr Entsetzen überwunden hatten, stellte Vathu einen Trupp Bewaffneter zusammen. Voller Wut hatte er die Flucht der Gefangenen festgestellt und schwor sich, die Fremdlinge nicht entkommen zu lassen.

      *

      Doch der Vorsprung der Fliehenden war bereits zu groß. Sigurd holte Cassim aus seinem Versteck, der ihn nur fragend und fassungslos ansah. Er hatte aus der Ferne das Wüten und Toben mitangehört, ohne ahnen zu können, was vorgefallen war.

      Arnulfs Augen weiteren sich vor Überraschung, als er die Menschen auf sein Boot zuhetzen sah. Er stellte keine Fragen, als Sigurd ihn zur Eile antrieb. Die Männer halfen Dagmar und Bettina ins Boot und stießen dann den Rumpf mit aller Kraft vom felsigen Untergrund ab.

      Aus dem Wald waren nun die ersten Rufe und Schreie zu hören, die rasch näher kamen. Arnulf setzte mit schnellen Handgriffen das Segel, und sofort spannte sich der Stoff unter dem frischen Wind.

      Als die Wilden am Ufer erschienen und dem Boot einen Pfeilhagel hinterherschickten, lachte der alte Fischer auf. Er sah, wie die Geschosse weit hinter ihnen ins Wasser klatschten.

      »Seid unbesorgt«, meinte Sigurd, der sich neben ihn stellte, erleichtert. »Die Pfeile können uns nicht mehr schaden. Jetzt sind wir bereits in Sicherheit.«

      »Ja, wir sind gerettet …«, entfuhr es Dagmar ungläubig. »Das verdanken wir nur Euch und Euren tapferen Freunden!«

      »Wir taten es gerne für Euch, Gräfin. Ihr braucht uns nicht zu danken«, antwortete Sigurd mit einem Lächeln und genoss die frische Brise, die ihm durchs Haar fuhr. Er wandte sich an Arnulf. »Aber nun zu, Alter – lass den Wind in das Segel blasen. Die Damen werden erwartet!«

      VIER

      Graf Gebhart schloss seine Tochter überglücklich in die Arme, als sie zurück auf der Burg angekommen war. Sie ließ sich jedoch sofort entschuldigen und wollte nach ihrem Bräutigam sehen, nachdem sie von seiner Verwundung erfahren hatte.

      Gebhardt bat inzwischen Sigurd, ihm zu berichten, was vorgefallen war, und lauschte erstaunt den Erzählungen. Er schwor, sich darum zu kümmern, dass die Inselbewohner von ihrem Götzenkult abließen und die Insel keine Gefahr mehr darstellte.

      Als er die drei Freunde für ihre Rettungstat entlohnen wollte, lehnten diese dankend, aber entschlossen ab. Sie seien schließlich hier, um einer Hochzeit beizuwohnen, und das Brautpaar glücklich vereint zu sehen, sei Belohnung genug.

      Graf Gebhardt ließ es sich aber nicht nehmen, Sigurd, Bodo und Cassim in der Zeit bis zu Graf Hartmuts Genesung als Gäste auf seiner Burg zu bewirten. Sigurd ließ einen Boten mit einem Brief an seinen Vater schicken, in dem er alles erläuterte, und nahm wie seine Freunde das Angebot des Grafen an.

      Wochen später wurde eine prachtvolle Hochzeit gefeiert. Hartmut bat Sigurd, nach all dem, was er für ihn und seine Braut getan hatte, als sein Trauzeuge teilzunehmen. Sigurd war sich der Ehre bewusst und nahm voller Stolz an.

      Die anschließende Feier dauerte ganze drei Tage, und schließlich brachen die Freunde auf, um die Heimreise anzutreten. Der Abschied fiel herzlich aus, und Sigurd wusste, neue Freunde gewonnen zu haben.

      Als sie auf Burg Eckbertstein ankamen, konnten sie sehen, dass die Arbeiten zwar inzwischen weit fortgeschritten, aber noch lange nicht abgeschlossen waren. Sigurd, Bodo und Cassim nutzten die Zeit, um sich von dem vergangenen Abenteuer zu erholen. Bald jedoch übergab Sigurds Vater ihm einen neuen Auftrag, da er sehen konnte, welche Rastlosigkeit seinen Sohn schon nach einem Tag wieder erfüllte.

      Die Freunde brachen am nächsten Morgen auf, um eine Botschaft für einen befreundeten Fürsten zu überbringen. Der Frühling war inzwischen endgültig ausgebrochen, und an den Bäumen zeigte sich das frische Grün junger Blätter. Selbst der Wind hatte die schneidende Kälte des Winters verloren, und so genossen die Freunde den Ritt in den wärmenden Sonnenstrahlen.

      Als der Weg vor ihnen eine Biegung machte, sahen sie vor sich in einiger Entfernung einen Handelswagen. Es war ein Gespann mit vier Pferden, das langsam über die staubige Straße ruckelte.

      Sigurd kniff die Augen zusammen und versuchte, den Fahrer auf dem Kutschbock zu erkennen.

      »Du, Bodo, sag mal, ist das da vorne nicht der Wagen Mertens, des alten Handelsmanns?«

      Sein Freund schloss zu ihm auf und spähte nach vorne. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Ja, jetzt sehe ich es auch. Das ist unser alter Freund!«

      Merten war ein fahrender Händler, der seit langen Jahren schon auf Burg Eckbertstein ein- und ausging. Er überraschte seine Kunden immer wieder damit, aufgrund seiner guten Beziehungen in aller Herren Länder Köstlichkeiten und Kostbarkeiten besorgen zu können, nach denen andere sich vergebens


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