Falk 8: Pippo di Fiumes Schatz. Melanie Brosowski

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Falk 8: Pippo di Fiumes Schatz - Melanie Brosowski


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      Vielleicht ein anderes Mal, dachte Falk.

      Und irgendwie war Falk froh, dass Bingo ihn begleitete. Die Heimreise war nicht ganz ungefährlich. Und außerdem … »Ehrlich gesagt, die Trennung von dir wäre mir sehr schwergefallen. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber irgendwie hänge ich an dir. Du … du komischer Vogel!«

      Bingo, der neben ihm ritt, riss die Augen auf. Röte überzog sein volles Gesicht. »Komischer Vogel? Du nennst mich, den großen, einmaligen, herrlichen Bingo, einen komischen Vogel?« Seine Stimme überschlug sich fast. Er zügelte sein Pferd. »Steig von deiner Schindmähre, du trauriger Ritter, damit ich dir diese Beleidigung in dein freches Mundwerk zurückstoßen kann!«

      Falk war sich für einen Moment nicht sicher, ob Bingo wirklich wütend war – oder ob er nur so tat.

      Auch er hielt erneut an und stieg ab. Wissend, dass die Tiere so gut trainiert waren, dass sie nicht wegliefen, sondern an Ort und Stelle stehen bleiben würden.

      Bingo stand ihm in seiner vollen Pracht gegenüber.

      »Bist du bereit?«, fragte er herausfordernd, während die Feder an seiner Mütze wippte.

      »Ja!« Falk lachte. »Wenn du mich auf den Rücken zwingst, nehme ich den komischen Vogel zurück!«

      »Gut!« Und schon stürzte sich der Gaukler auf ihn.

      Es wäre ein Leichtes für Falk gewesen, den Angriff abzuwehren. Doch er tat es nicht. »He! Ha! Kitzeln gilt … ha, ha … nicht!«

      Augenblicke später wälzten sich Falk und Bingo im Staub der Landstraße. Für Außenstehende musste es den Eindruck machen, dass zwei Männer auf Leben und Tod miteinander kämpften.

      Und so bemerkten sie nicht den Mann, der sich ihnen näherte.

      »Ihr Herren! Um Himmelswillen, Ihr Herren!«

      Erschrocken zuckte Falk zusammen.

      Bingo hingegen hatte den Ruf anscheinend nicht gehört.

      »Auseinander!« Der Fremde kannte keine Furcht. Mutig packte er Bingo an der Schulter und versuchte, ihn von Falk wegzuziehen. »Auseinander, habe ich gesagt!«

      In seiner Ehre und Körperlichkeit angegriffen, fuhr Bingo ihn an: »He! Hände weg!«

      »Nein, kommt zur Vernunft! Ich bitte Euch!«, flehte der Fremde.

      Und ehe Falk es verhindern konnte, denn sicherlich hatte es der Bursche nur gut gemeint, hatte Bingo dem Mann die Faust ins Gesicht geschlagen.

      »Ah!« Die Wucht des Schlages ließ ihn zu Boden fallen.

      Sogleich stürzte Bingo sich auf ihn. »Was fällt dir ein, du ungehobelter Kerl, dich in unsere freundschaftliche Unterhaltung einzumischen?«

      Falk saß da, wissend, dass Bingo niemals auf einen wehrlos am Boden Liegenden einprügeln würde.

      Verwirrt starrte der Bärtige Bingo an. »F… F… Freundschaftliche Unterhaltung?«, fragte er verständnislos, nicht begreifend, was gerade vor sich ging. Ja, für ihn musste es nach einem ernsthaften Kampf ausgesehen haben. Vielleicht hatte er sogar gedacht, dass Bingo versuchte, ihn umzubringen.

      »Ja!« Schnaubend wandte der Ritter sich ab, schüttelte den Kopf. »Komm, Falk, lass uns weiterreiten, die Leute hier sind mir zu grob!« Er zog ihn hoch und dann mit zu den Pferden.

      Sie stiegen auf, während der Fremde noch immer dahockte und die Welt nicht verstand.

      Großzügig und nicht nachtragend, wie Bingo war, warf er ihm noch ein Goldstück zu. »Hier hast du ein wenig Geld. Leg es dir auf das Auge, das kühlt!«

      Damit wandte er sich endgültig ab.

      Falk folgte ihm, hörte noch, wie der Mann immer wieder »Ich verstehe die Welt nicht mehr!« vor sich hinmurmelte, während Bingo gut gelaunt, aber unheimlich schief ein Lied anstimmte. »Tralala, mal sind wir hier, mal sind wir da, tralala!«

      Falk lachte. Bingo war wirklich ein komischer Vogel. Aber er würde sich hüten, das noch einmal laut auszusprechen.

      *

      Es war ein sonniger Tag. Ein lauer Wind wehte vom Meer aufs Land. Links und rechts des Weges wuchsen Büsche zwischen den Felsen.

      Falk folgte seinem Freund. Doch nach einigen Stunden schlug Bingo eine andere Richtung ein, als Falk erwartet hatte. »Ich dachte, wir müssten hier rechts abbiegen, Bingo!« Irrte er sich, oder war sein Orientierungssinn schlechter geworden?

      »Aber, aber! Wir wollen doch nicht denselben Weg zurückreiten, den wir gekommen sind, Falk!«

      Falk zog die Augenbrauen hoch. »Und warum nicht?« Sie wussten schließlich, was dort auf sie zukommen würde. Warum sich also unbekannten Gefahren aussetzen?

      »Das wäre langweilig!«, antwortete Bingo auf seine Frage. »Ich habe einen anderen Reiseweg zusammengestellt. Er führt uns durch landschaftlich herrliche Gegenden.« Er machte eine ausladende Handbewegung mit der Rechten. »Und außerdem ist auf diesem Weg alles friedlich.«

      Falk bezweifelte das. »Wie willst du das wissen? Du warst seit Jahren nicht hier!«, erinnerte er ihn.

      »Stimmt«, gab er ohne Umschweife zu. »Aber ich kenne alle Fürsten, Grafen und Ritter, denen die Ländereien gehören, durch die unser Reiseweg führt. Es sind alles ruhige und besonnene Leute!« In seiner Stimme klang seine volle Überzeugung mit. »Glaube mir, Abenteuer erleben wir auf unserem Rückweg nicht. Nur liebenswürdige Gastfreundschaft von allen Seiten!«

      »Na, hoffen wir das Beste, du Prophet!«

      »Morgen erreichen wir ein sauberes Städtchen, das unter dem Schutz des Grafen Colleverde steht.« In seinen Gedanken war er schon dort, denn ein glückliches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Er sah sich schon bei einem fetten Braten und gutem Wein am Tisch sitzen.

      Besorgt blickte Falk in den Himmel.

      Schwarze Wolken waren in der Zwischenzeit aufgezogen. Eine dunkle, bedrohliche Front, die immer näher kam. Auch war es merklich kühler geworden.

      »Und wo bleiben wir heute Nacht?« Er deutete in Richtung des aufkommenden Unwetters. »Es sieht nach Regen aus.«

      Bingo folgte seinem Blick, kniff die Augen zusammen, nickte dann zustimmend und besorgt zugleich. »Du hast recht. Es braut sich ein Gewitter zusammen. Wir übernachten am besten auf einem Bauernhof. Er liegt hinter dem Hügel dort.«

      Falk war froh, dass sein Freund sich hier so gut auskannte. Er hatte keine Lust, klitschnass zu werden.

      Sie beeilten sich, um den Unterschlupf noch rechtzeitig zu erreichen. Die Unwetterfront kam rasch näher.

      Auch das Meer wurde unruhiger. Hohe Wellen klatschten ans Ufer.

      Doch als die Freunde den Hügelkamm erreichten, erwartete sie ein schrecklicher Anblick.

      Mit einem harten Zug am Zügel brachte Bingo sein Tier zum Anhalten. »Was …« Sein Blick schweifte über den Hof. Entsetzen stand in seinem Gesicht. Er konnte nicht glauben, was er dort sah. »Bei allen … Ruinen!«

      Falk war ebenso fassungslos wie er.

      Nach Leben sah es dort unten jedenfalls nicht aus.

      Das Nebengebäude war ziemlich heruntergekommen, fast schon verfallen. Weit und breit waren weder ein Tier noch ein Mensch zu sehen. An die einstigen hölzernen Zäune erinnerten nur noch ein paar verfaulte, windschiefe Pfosten.

      Ein ungutes Gefühl beschlich Falk. Nervös sah er sich um. Wurden sie beobachtet? War das hier vielleicht eine Falle?

      Doch er konnte niemanden entdecken.

      »Ganz so friedlich, wie du es prophezeit hast, scheint es hier doch nicht zu sein.« Diesen kleinen Seitenhieb konnte er sich einfach nicht verkneifen.

      Aber Bingo winkte ab. »Du denkst natürlich gleich wieder an das Schlimmste«, warf er ihm vor.


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