Spielend einfach glücklich sein. Karin Krawczynski
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1. Vorwort: Mein (Irr-)Weg zum Glück des Seins
2. Schritt 1: Vorbereitungen für den Weg zum Sein
3 Schritt 2: Basiswissen für Dein Spiel
4. Schritt 3: Am Glücksweg der Rollenarbeit
5. Spielend einfach sein: Interaktion & Glück
6. Bonuskapitel: Mehr Wissen am Wegesrand
ibidem Verlag, Stuttgart
Menschen hören nicht auf zu spielen, weil sie alt werden,
sie werden alt, weil sie aufhören zu spielen!
(Oliver Wendell Holmes)
1. Vorwort:
Mein (Irr-)Weg zum Glück des Seins
Wenn man Dich fragen würde, was Glück ist – was wäre Deine Antwort? Gibt man diese Frage in die Internetsuchmaschine Google ein, erhält man 136.000.000 Ergebnisse. Mehr Glück in noch kürzerer Zeit zu finden ist unmöglich. Es gibt also 136.000.000 Möglichkeiten, glücklich zu sein – ein wahnsinniges Angebot. Und trotzdem fühlt sich jeder ab und zu unglücklich, aus den unterschiedlichsten Gründen. Mal, weil man seit zwei Wochen keinen neuen Auftrag bekommen hat, ein anderes Mal, weil die Nachbarin mit Ende 50 schönere Beine hat als man selbst, und dann wieder, weil die Facebook-Seite des Hundes mehr Likes bekommt als die eigene. Man kann also schnell das Gefühl erhalten, dass es mehr als 136.000.000 Gründe gibt, um unglücklich zu sein. Auf dem Konto könnte man mehr haben, auf der Waage gerne etwas weniger, und mehr Liebe und Anerkennung hat noch niemandem geschadet. Doch dieses Glück ist nicht jedem vergönnt. Das Schicksal ist ein Schlawiner. Gedanken wie diese machen alles, nur keinen Spaß. Sie tun sogar weh. Und sie stellen uns immer wieder vor die Herausforderung, Ruhe zu bewahren. „Don't panic!“, wie es so treffend bei „Per Anhalter durch die Galaxis“ heißt, ist einer der weisesten Sprüche, die ich kenne. Er hilft – nicht immer, aber meistens.
Weit verbreitet ist die Auffassung, dass Geld glücklich macht. Nach dem Motto: Mein Haus, mein Boot, mein Hund. Geld ist Status, Geld ist Anerkennung. Geld ist Glück? Nobelpreisträger Angus Deaton, Ökonomieprofessor an der Universität Princeton, hat in seiner Studie mit 450.000 Amerikanern herausgefunden, dass es tatsächlich eine Zahl gibt, die glücklich macht: 75.000 US-Dollar. Laut seiner Umfrage steigt bis zu einem Jahreseinkommen von umgerechnet 61.000 € das Glücksempfinden. Hat man diese Zahl erreicht, ist man glücklich. Danach ist allerdings Schluss. Die Grenze des Glücks ist erreicht. Mehr Geld macht nicht noch glücklicher. Das Glück wäre demnach begrenzt, zumindest finanziell. Glücklicherweise haben die meisten von uns bis zu dieser Grenze noch einen weiten Weg vor sich.
Neben Geld wird ein weiterer Faktor unseres Lebens als der Glücksfaktor schlechthin betrachtet: vertrauensvolle, auf Wertschätzung, Anerkennung und Liebe basierende Beziehungen. Das ist sicher richtig. Alleinsein macht nicht wirklich Spaß. Natürlich ist es wichtig und erholsam, einfach mal für sich selbst zu sein. In sich zu ruhen, zu sich selbst, die innere Erleuchtung zu finden – und im Anschluss den anderen unter die Nase zu reiben, wie glücklich man ist, seit man Yoga, Reiki, Achtsamkeit, Mental Healing, Feng Shui, Gott, Krishna oder Buddha für sich entdeckt hat, ganz nach dem unter PR-Leuten so beliebten Spruch: „Tue Gutes und rede darüber.“ Wenn wir ehrlich sind, will das aber doch niemand hören. Mir wurde bereits im Kindergarten beigebracht, dass es nicht in Ordnung ist, vor anderen Kindern damit zu prahlen, was man alles besser kann. Soll für Erwachsene anderes gelten? Wenn mir jemand erzählt, dass er oder sie zwei Drittel seiner Gage an hungerleidende Kinder in Afrika spendet, dann muss ich darauf antworten: „Oh, das ist aber toll!“ – aber ich fühle mich dann alles andere als glücklich. Ich fühle mich mies. Denn ich spende nicht zwei Drittel meiner Gage, sondern investiere sie in Schokolade, bunte Flip-Chart-Marker und Hundefutter. Würde ich in so einer Situation meinen Gefühlen freien Lauf lassen, wäre es definitiv vorbei mit dem Glücksfaktor „Soziale Beziehung“. Aber glücklicherweise weiß ich, mich zu benehmen.
In unserem Innern wissen wir unbewusst, was es für dieses Glück braucht. Wir wissen, was von uns erwartet wird und was wir tun können, um diese Erwartungen zu erfüllen – zum Beispiel Lächeln und winken. Und unsere Rolle „spielen“, denn wir sind auf soziale Beziehungen angewiesen. Die größte Fähigkeit des Menschen besteht darin, soziale Beziehungen einzugehen, sich auszutauschen und sich selbst zu reflektieren, um zu geben und zu nehmen, um zu helfen, um zu trauern, um zu lieben, um glücklich zu sein – um einfach zu sein. Besonders die Momente dieses Einfach-Seins sind die wertvollsten.
Ich habe nach einigen Irrwegen des Lebens entdeckt, dass ich diese Momente des Einfach-Seins dann erlebe, wenn ich spiele. Allerdings nur selten bei Brettspielen und absolut nie beim Glücksspiel. Bei Glücksspielen wie Roulette spielt man gegen das Schicksal, und das Schicksal gewinnt immer. Daher ist das nichts für mich. Ich bevorzuge das gute, das echte Spiel. Das Spiel, in dem man einfach sein kann, und das findet man nur im Miteinander – wenn man sich mit jemand anderem im Tun synchronisiert, entweder in einem tollen Gespräch oder einer verbindenden Tätigkeit, die manchmal auch daraus bestehen kann, schweigend am Tisch zu sitzen. Momente wie diese sind mein Glück. Ohne zu bewerten, ohne Gedanken darüber, ob sie gut oder schlecht sind, einfach gemeinsam sein im Spiel des Lebens, ob als Kinder, um zu lernen, oder später, um uns in der Gesellschaft zu orientieren. Menschen haben das Spiel im Blut und wir brauchen es wie die Luft zum Atmen. Wir sind der spielende Mensch, der sogenannte homo ludens, dem die Spielfreude wortwörtlich in den Knochen, in seiner DNA1 steckt.
Die Wichtigkeit des Spiels und die darin enthaltenen Möglichkeiten wurden mir allerdings erst durch mein Studium der darstellenden Kunst bewusst. Von meinem Schulabschluss bis dahin bestand mein Leben aber erst einmal aus Versuch und Irrtum, obwohl ich die ersten 18 Lebensjahre ziemlich grandios bewältigt hatte. Die Rolle der braven Schülerin spielte ich 12 Jahre mit ausgezeichnetem Erfolg. Ich wusste in dieser Rolle, was ich zu tun hatte, um die Erwartungen an mich zu erfüllen. Und das tat ich einfach. Alles, was ich dazu brauchte, waren Fleiß und soziale Intelligenz. Ich fühlte mich in dieser Rolle ziemlich wohl, weshalb ich sie auch nicht aufgeben wollte. Ich spielte sie weiter, mit aller Konsequenz. Die erste Konsequenz traf mich gleich vier Monate nach meinem Abschluss, als sich mein damals einziger Berufswunsch mit einem Schlag in Luft auflöste: Mit 18 wollte ich Grafikdesign studieren. Beim letzten Gespräch eines dreistufigen Bewerbungsverfahrens stellte mir meine geliebte Rolle ein Bein: Vor diesem Abschlussgespräch hatte mir ein Professor der Fakultät nebenbei am Kaffeeautomaten erklärt, meine analoge Armbanduhr wäre digital. Das wunderte mich zwar, doch hatte ich in meiner Rolle als brave Schülerin gelernt, Respektspersonen lieber zu glauben, wenn ich Erfolg haben wollte. Daher antwortete ich brav: „Ah ja, das ist ja interessant!“ Im Gespräch vor der Jury wurde mir dann just von diesem Professor die Frage gestellt, ob ich eine analoge oder digitale Armbanduhr tragen würde. Pflichtbewusst,