Seewölfe - Piraten der Weltmeere 333. Frank Moorfield

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 333 - Frank Moorfield


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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-730-3

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Frank Moorfield

Die Überlebenden der „San Mateo“

       Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       1.

      „O heilige Madonna!“ schrie der spanische Generalkapitän und deutete entsetzt auf das Vorschiff der „Vencedor“.

      Obwohl das Fauchen und Brüllen des Sturms seine Stimme übertönte, erregte seine heftige Gebärde die Aufmerksamkeit einiger Decksleute, die sich an den schlampig gespannten Manntauen über die Back hangelten.

      Trotzdem war das Unglück nicht mehr abzuwenden.

      Während starke Brecher das Schiff überfluteten, neigte sich der Fockmast plötzlich mit einem häßlichen Splittern und Krachen nach Backbord und kippte dann samt Rahen, Stengen und zerfetzten Wanten der schäumenden und kochenden See entgegen.

      Zwei Männer konnten sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Ein dritter Decksmann hatte weder den Entsetzensschrei des Capitáns gehört noch seine warnende Geste wahrgenommen. Er starrte mit schreckgeweiteten Augen nach oben und versuchte in letzter Verzweiflung, sich mittels der Manntaue aus der Gefahrenzone zu bringen, aber zu spät.

      Die Taue, die bereits gestern im Auftrag des Generalkapitäns gespannt worden waren, reichten bei weitem nicht aus. Ein letzter gellender Schrei, und der gebrochene Fockmast sowie Berge von Spieren und Tauwerk begruben den Mann unter sich und rissen ihn mit über Bord. Der untere Teil des Mastes hinterließ dabei eine Schneise der Verwüstung im Schanzkleid der Back.

      Der 24. Juni im Jahre des Herrn 1593 war ein Tag des Grauens. Bleigraue Wolken schoben sich wie gigantische Berge über den Atlantik. Die Elemente tobten, als wolle die Welt zusammenstürzen. Regen und Hagel peitschten vom Himmel, und eine Sturmbö nach der anderen fegte mit jäher Wildheit durch das Rigg der prunkvollen 450-Tonnen-Galeone.

      Von Nordwesten her baute sich eine bedrohlich hohe Dünung auf, ihre riesigen Gischtfahnen leckten gierig über die Decks. Die „Vencedor“ kletterte schwarze, wogende Berge hinauf und verschwand gleich darauf in tiefen Wellentälern. In der Tat schienen sich die Schlünde der Hölle geöffnet zu haben.

      Die Verbände des Schiffes ächzten und stöhnten wie eine gepeinigte Kreatur, und das Jaulen des Windes klang wie das Heulen verdammter Seelen. Der Sturm, der schon am Vortag westlich der Azoren mit Urgewalt aufgebrochen war, schien alles, was sich auf dem Wasser bewegte, für immer verschlingen zu wollen.

      Die „Vencedor“ wurde von einer weiteren Woge erfaßt und krängte hart nach Backbord über.

      Ramón Firuso de Fernández, der sich auf dem Achterdeck seines Flaggschiffes aufhielt, geriet ins Taumeln, doch er hielt sich geistesgegenwärtig an den Strecktauen fest, die in ausreichender Zahl und in voller Breite über das Achterdeck gespannt worden waren. Der Wind trieb ihm den Regen ins Gesicht, seine Augen brannten, und aus seiner durchnäßten Uniform tropfte das Wasser.

      Der Generalkapitän schnitt ein grimmiges Gesicht und brüllte einige wilde Flüche in den Sturm hinaus. Daß er noch kurz zuvor, in einem Augenblick höchster Gefahr, die Madonna angerufen hatte, tat dabei nichts zur Sache. Schließlich hatte sie die zahlreichen Sturmschäden an der „Vencedor“ nicht verhindert und sogar zugelassen, daß der Fockmast über Bord ging.

      Wer Ramón Firuso de Fernández kannte, wußte nur zu gut, daß seine Mißstimmung in erster Linie auf den Sturm und seine Folgeschäden zurückzuführen war, und nicht etwa auf den Verlust jenes armen Teufels, den der umgeknickte Mast erschlagen und über Bord gerissen hatte.

      Auch der Decksmann, der schön einige Stunden vorher wegen der ungenügenden Zahl von Manntauen in den brodelnden Wassermassen verschwunden war, bereitete dem Generalkapitän kein Kopfzerbrechen, o nein. Der Verlust zweier Kerle des gemeinen Schiffsvolks war seiner Meinung nach allemal zu verkraften. Viel wichtiger waren ihm seine persönlichen Pläne und sein Schiff.

      Ursprünglich hatte der kleine, etwas dickliche Mann mit dem bartlosen Gesicht und den glatten, schwarzen Haaren mit drei Kriegsgaleonen sowie vier wendigen und schnellen Karavellen den Geleitschutz für einen spanischen Verband, bestehend aus fünf dickbauchigen Handelsgaleonen, übernommen. Bei den Kriegsschiffen handelte es sich um die „Confianza“, die „San Mateo“ und das Flaggschiff „Vencedor“.

      Die „Confianza“, die unter dem Kommando von Adriano de Mendoza y Castillo gesegelt war, hatte es allerdings während einer direkten Auseinandersetzung mit einer englischen Galeone namens „Isabella IX.“ erwischt. Sie war mit Mann und Maus in den Fluten des Atlantiks verschwunden.

      Und gerade über diesem Geschehen lastete noch immer der Hauch des Geheimnisvollen und Merkwürdigen. Wie es aussah, war auf der „Vencedor“ zur Zeit der Generalkapitän der einzige, der wirklich genau wußte, was während dieses harten Gefechts tatsächlich mit der „Confianza“ geschehen war.

      De Fernández gab seinem Ersten Offizier, Jorge Aurelio Gozálbez, einen Wink, dann zog er sich mühsam an den Strecktauen entlang, bis er das Schott, das ins Achterkastell führte, erreicht hatte.

      In der Kapitänskammer angelangt, klopfte er sich, so gut es ging, die Nässe aus der Kleidung, holte eine kleine, dickbauchige Flasche aus dem Schapp und nahm einen kräftigen Schluck Rum zu sich.

      Schließlich wurde das Schott abermals geöffnet, und Gozálbez zwängte sich mit wehenden Haaren in den Gang, der zur Kapitänskammer führte. Der Wind pfiff scharf durch die schmale Öffnung und peitschte einen Schwall Wasser hinterher. Der Erste verschloß den Eingang sofort wieder und schüttelte sich zunächst einmal wie ein nasser Hund. Dann stapfte er breitbeinig in die komfortabel eingerichtete Kammer des Generalkapitäns.

      Jorge Aurelio Gozálbez war ein mittelgroßer Mann mit breiten Schultern und dunklen Haaren. Wie viele Zeitgenossen trug er einen gepflegten Oberlippenbart.

      „Da sind Sie ja endlich!“ herrschte ihn der Generalkapitän an und hielt sich an dem in den Planken verschraubten Tisch fest, um nicht durch die heftigen Bewegungen des Schiffes wegzurutschen.

      Gozálbez, dem das Haar wirr und naß im Gesicht hing, vollführte eine bedauernde Geste.

      „Es ging leider nicht schneller, Capitán. Um ein Haar wäre auch noch ein dritter Mann über Bord gegangen.“

      De Fernández’ Gesicht drückte Unmut aus.


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