Seewölfe - Piraten der Weltmeere 579. Burt Frederick
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© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-986-4
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Burt Frederick
Tanz auf dem Vulkan
Am Ätna ist die Hölle los – und der Teufel gibt den Ton an
Ben Brighton betrachtete die hohen Seestiefel, die der Schiffsausrüster als verführerischen Blickfang neben dem Verkaufstresen aufgestellt hatte.
„Wir brauchen Lampenöl und Dochte“, sagte der Seewolf. Er war gemeinsam mit Ben losgezogen, da sie beide die italienische Sprache beherrschten.
Nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: „Außerdem Hanf und Kalfaterpech, Garn und …“ Ein Poltern ließ ihn verstummen.
Die Tür des Ladens war aufgeflogen und gegen ein Regal gekracht. Nach einem Zufall hörte sich das nicht an.
Und Signor Modugno, der Schiffsausrüster, erbleichte hinter seinem Tresen.
Philip Hasard Killigrew drehte sich um.
Im Gegenlicht, vor der noch pendelnden Tür, zerrte jemand eine Kiste aus einem Regal. Messingbeschläge klirrten wie ein Scherbenregen zu Boden.
Und dann ging es Schlag auf Schlag …
Die Hauptpersonen des Romans:
Guilielmo Modugno – als sein Vater, Schiffsausrüster in Messina, kaltblütig ermordet wird, greift er zur Selbsthilfe.
Don Vito Borsini – kassiert „Schutzgelder“ und hat alle korrumpiert – vom Hafenkapitän bis zum Kommandanten der Stadtgarde.
Ugo Fiorino – der Tenente der Hafenwache sieht sich außerstande, einen Mord aufzuklären, einen Überfall schon gar nicht.
Ben Brighton – mit Blunderbussen und einer Arwenack-Schar verteidigt er die Schebecke im Hafen von Messina.
Philip Hasard Killigrew – erhält von einem reichen Mann das erstaunliche Angebot, im Mittelmeer für ihn Piraterie zu betreiben.
Inhalt
1.
Steinguttröge wurden aus den Regalen gewischt und zersprangen krachend auf dem Fußboden. Rauhes, schadenfrohes Gelächter begleitete den Lärm. Laternenglas zersplitterte, harte Stiefelabsätze trampelten auf die Gehäuse. Die Kerle konzentrierten sich auf Zerbrechliches.
Hasard und Ben stießen sich vom Tresen ab, als Dutzende von Mucks zu Boden regneten und zerschellten.
„Nicht, Signori!“ rief Oreste Modugno flehend. „Um Himmels willen, mischen Sie sich nicht ein! Ich bitte Sie …“ Er schwieg, denn er begriff, daß er diese beiden eisenharten Engländer nicht von etwas abbringen konnte, das für sie selbstverständlich war.
Die hohen Regalreihen nahmen viel von dem Licht, das durch die vorderen Fenster fiel. Deshalb waren die Kerle in den engen Gassen zwischen dem Warensortiment nur als Schatten zu erkennen. Tobende Schatten, die sich einen Spaß daraus bereiteten, immer größeren Schaden anzurichten.
Der Seewolf und sein Erster Offizier drangen in zwei nebeneinanderliegende Regalgassen vor. Hasard stieß auf einen Kerl, der eben eine flache, offene Kiste geleert hatte. Steingutflaschen, die Olivenöl enthielten, waren auf dem Boden zerbrochen.
Hasard riß dem Mann die leere Kiste weg und schmetterte sie ihm auf den Schädel. Mit der freien Hand packte er ihn am Kragen, zog ihn zu sich heran und schickte ihn mit zwei knochenharten Fausthieben zu Boden, in die glitschige Brühe aus Steingutscherben und dickflüssigem Öl.
Aus der Nebengasse waren dumpfe Laute von Fausthieben zu vernehmen. Die Getroffenen ließen gurgelnde Laute hören. Bens Stimme war nicht darunter.
Der zweite Kerl in Hasards Angriffsrichtung stutzte nur kurz. Dann stürmte er mit einem Wutschrei vorwärts und wollte über seinen am Boden liegenden Kumpan hinweg. Er kalkulierte nicht ein, wie weit sich die Ölbrühe schon ausgebreitet hatte. Noch vor dem Bewußtlosen glitt er aus und stürzte der Faust des Seewolfs entgegen.
Hasard brauchte kein zweites Mal zuzuschlagen.
Angesichts zweier bewußtloser Kumpane wurde der dritte Mann in der Gasse vorsichtiger und wich zurück. Fast sah es so aus, als wollte er die Flucht ergreifen. Hasard fackelte nicht lange. Mit einem federnden Sprung erreichte er den Scherbenhaufen jenseits der Öllache.
Der Mann war schon nahe bei der Tür – breitschultrig und hochgewachsen. Sein kantiges Gesicht, jetzt im Seitenlicht erkennbar, wurde von einem schwarzen Vollbart eingerahmt. Zwischen den zu Schlitzen verengten Lidern funkelten haßerfüllte Augen.
Mit einem Laut, der wie ein Fauchen klang, griff der Bärtige zum Gurt. Ein scharfes, metallisches Geräusch entstand. Die Klinge eines Dolches ließ blitzende Reflexe entstehen, eine schmale, gerade Klinge, die die Länge eines Unterarmes hatte.
Der Seewolf verharrte und spannte die Muskeln. Er hörte, daß Ben noch mit einem oder zwei Gegnern beschäftigt war. Aber die Lage entwickelte sich eindeutig zu seinen Gunsten. Und der Bärtige hatte es erkannt.
Hasard zog das Entermesser. Sein Gegner hatte die größere Bewegungsfreiheit. Trotzdem handelte Hasard nicht nach dem Grundsatz, der da besagt, daß Angriff die beste Verteidigung sei.
„Wer gibt euch das Recht, euch hier wie Vandalen aufzuführen?“ fragte er und blieb dabei äußerlich völlig ruhig.
Der Bärtige zog die Mundwinkel nach unten.
„Das Recht des Stärkeren“, entgegnete er und schnellte los, noch während er die letzte Silbe aussprach.
Hasard hatte erwartet, daß es der andere auf die heimtückische Art versuchen würde. Deshalb gelang es ihm, den zuckenden Dolch mit einer reaktionsschnellen Parade abzuleiten. Der Stoß ging über seinen rechten Oberarm hinweg. Hasard verhinderte den Anprall des Mannes, indem er ihm die linke Faust zwischen die Rippen drosch.
Der Bärtige krümmte sich und wankte zurück. Doch bevor Hasard nachsetzen konnte, hatte der Mann sich bereits wieder gefangen. Innerhalb von einem Atemzug schüttelte er den Schmerz ab. Er stieß einen heiseren Knurrlaut aus, ging erneut