Seewölfe - Piraten der Weltmeere 553. Roy Palmer
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© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-960-4
Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]
Roy Palmer
Umzingelt
Die Seewölfe geraten in die Falle – doch die Armenier haben sie unterschätzt
Brodz und Derkhan, die zwei Armenier, kauerten im Dunkelwerden zwischen den Ästen einer riesigen Korkeiche. Ein Maultierpfad führte unter dem Baum hindurch. Brodz und Derkhan warteten auf Beute.
Die Nacht warf ihre schwarzen Schatten. Am wolkenlosen Himmel schimmerte ein fast voller Mond und verbreitete silbriges Licht. Der Mann, der auf dem Rücken eines Esels von den Bergen in die Ebene ritt, pfiff ein Lied. Er dachte an nichts Arges, als er die Korkeiche passierte. Die beiden düsteren Gestalten gewahrte er schon gar nicht.
Derkhan, ein ungeschlachter Riese, ließ sich als erster fallen. Er landete hinter dem Reiter und riß ihn mit sich zu Boden.
Brodz – ein baumlanger Mensch mit Armen wie Dreschflegel – warf sich von einem weit überhängenden Ast auf das flüchtende Tier. Er griff nach den Zügeln und brachte den bockenden Esel zur Räson. Dann zerrte er den Esel hinter sich her und trat zu Derkhan.
Derkhan richtete sich von dem reglosen Reiter auf und steckte sein Messer weg.
„Erledigt“, sagte er. „Durchsuchen wir ihn …“
Die Hauptpersonen des Romans:
Nahid Jussuf Delem – handelt mit Kamelen und Maultieren, ist aber ausnahmsweise kein Betrüger.
Gruso – stammt aus Armenien und betätigt sich mit seiner Bande als Wegelagerer und Halsabschneider.
Brodz – gehört zur Gruso-Bande, was ihn aber nicht hindert, auf seinen Häuptling loszugehen.
Willard Summerfield – ein Fallensteller und Pelztierjäger, der den Arwenacks von großem Nutzen ist.
Philip Hasard Killigrew – der Seewolf will mit seiner Crew nach Erzurum, aber der Weg dorthin wird höllisch heiß.
Inhalt
1.
Die beiden Wegelagerer durchwühlten die Taschen des Toten und wälzten ihn hin und her. Aber sie fanden nicht einen einzigen Silberling. Mit grimmigen Mienen blickten sich Brodz und Derkhan an.
„Ist denn das zu fassen?“ zischte der Riese.
„Sehen wir uns das Gepäck an“, sagte Brodz.
Sie filzten das Sattelgepäck des Esels, doch auch hier hatten sie keinen Erfolg. Sie förderten nur die persönlichen Habseligkeiten des Toten zutage: Kleidung, ein Messer, ein paar Datteln und Feigen sowie ein paar verbeulte Töpfe.
„Das soll alles sein?“ murmelte Derkhan.
„Er muß doch Geld haben!“ stieß Brodz wütend hervor.
„Der hat sein Geld in Erzurum mit Huren durchgebracht“, erwiderte Derkhan finster. „Anders kann ich’s mir nicht vorstellen.“
„Dieser Bastard“, sagte Brodz. „Was jetzt?“
„Warten wir den nächsten Reiter ab.“
„Wenn wir Pech haben, taucht keiner mehr auf“, entgegnete der Lange. „Es ist der erste und einzige Reisende, der uns heute in die Hände gefallen ist. Wir können hier noch die ganze Nacht rumhocken, es zeigt sich keiner mehr.“
„Und wie sollen wir Gruso unter die Augen treten?“ wollte Derkhan von seinem Spießgesellen wissen.
„Wir haben immerhin den Esel“, erwiderte Brodz.
„Der ist nichts wert.“
„Besser ein Esel als gar keine Beute.“
Sie harrten noch zwei Stunden aus, dann hatten sie die Nase voll. Sie verließen ihre Stellung auf der Korkeiche und kehrten nach Siirt zurück.
Der Esel bockte wieder, als Brodz sich in seinen Sattel schwang. Derkhan verpaßte ihm einen Tritt. Das Tier schnaubte und schnaufte, fügte sich aber schließlich doch.
Brodz ritt eine Weile, dann überließ er seinem Kumpan den Platz im Sattel.
In Siirt war noch Leben. Am Fluß hatten sich Männer zusammengeschart. Brodz und Derkhan beobachteten aus einiger Entfernung, was sich abspielte.
„Da sind Fremde eingetroffen“, sagte Brodz. „Giaurs, schätze ich. Sie haben Guffas und Keleks.“
„Der Teufel soll sie holen.“
„Was wollen sie hier?“
„Das frage ich dich“, erwiderte Derkhan. „Die schöne Landschaft wollen sie sich bestimmt nicht begaffen. Entweder sind sie Kaufleute, oder aber sie sind Galgenstricke und führen Übles im Schilde.“
„Das kriegen wir noch raus.“
„Und dann?“
„Hör mal zu“, sagte Brodz mit gedämpfter Stimme und der Miene eines Verschwörers. „Gewiß lohnt es sich, diese Kerle auszuplündern. Die haben doch sicher was bei sich, was beim ersten Biß nicht gleich unter den Zähnen zerbricht.“
„Schau mal richtig hin“, brummte Derkhan. „Kannst du zählen?“
„Wenn ich alle Finger zu Hilfe nehme …“
„Die Finger reichen nicht.“
Brodz grinste. „Du blöder Sack, ich sehe selbst, daß es zu viele sind. Laß uns jetzt zu Gruso und den anderen gehen. Die werden sich freuen.“
„Da bin ich nicht so sicher“, sagte Derkhan. „Die Giaurs haben bestimmt gute Waffen. Sie sind dafür bekannt, daß sie sich niemals ohne gute Ausrüstung und Armierung auf die Reise begeben.“
Brodz äußerte nichts mehr. Eine Weile verfolgten die beiden Kerle noch, wie am Fluß die Guffas und Keleks geborgen wurden. Kamele standen bereit. Die Fremden verfrachteten ihre sämtlichen Gepäckstücke auf die Tiere oder auf die eigenen Schultern. Schließlich entfernten sie sich in Richtung der Stadt.
Brodz und Derkhan begaben sich mit ihrer Beute, dem Esel, zu Gruso und den anderen. Gruso, ein Kerl mit pechschwarzen Haaren und kohleschwarzen Augen, war der Anführer der Bande.
Die anderen – das waren gut drei Dutzend Halunken, die selbst