Seewölfe - Piraten der Weltmeere 255. Frank Moorfield

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 255 - Frank Moorfield


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-591-0

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

      1.

      Der erste Apriltag im Jahre des Herrn 1592 hatte gerade begonnen. Wie seit Jahrtausenden war die Sonne von Osten her hinter dem Horizont aufgetaucht. Ihre Strahlen griffen beinahe gierig nach dem spärlichen Morgentau und tasteten sich dann über die geheimnisumwitterte Landschaft, die vom Mittelmeer her weit in den afrikanischen Kontinent ragte.

      Unterbrochen wurde das Land, über dem stets ein Hauch des Rätselhaften, Unerklärbaren lag, durch das tiefe Blau des sich träge dahinwälzenden Stromes. Bizarre, felsige Gebirge, gelbe Wüstenebenen sowie smaragdgrüne Felder und Palmenhaine säumten das schier endlose Band des Nils, dessen Fluten sich im Norden gleich einer gefächerten Palmenkrone verzweigten und ins Mittelmeer ergossen.

      Die kleine Trägerkolonne, bestehend aus Luke Morgan, Batuti sowie dem Kutscher und den elfjährigen Zwillingssöhnen des Seewolfs, bahnte sich einen Weg durch das niedrige Grün des Flußufers. Auf den Schultern der drei Männer und der beiden Jungen lasteten geflochtene Körbe mit Orangen, Feigen und Datteln, mit Oliven, Nüssen und frischem Gemüse.

      Der kurze Fußmarsch in das nahe gelegene Fellachendorf hatte sich gelohnt, zumal in dieser Gegend die Märkte wegen der aufkommenden Tageshitze meist schon im ersten Morgengrauen begannen. Und der Kutscher hatte es, mit den Zwillingen als Dolmetscher, wieder einmal verstanden, wie ein Teppichhändler zu feilschen.

      Vor ihnen lag dichtes Schilfgestrüpp, das den Blick auf den Nil verwehrte. Danach mußte eine kleine Biegung erfolgen, und dann waren es nur noch wenige Yards bis zu ihrem Boot, das sie am Ufer vertäut hatten.

      „Gleich sind wir da“, stellte der riesige Gambia-Neger fest. „Batuti fühlt sich wie ein Lastesel, und …“ Weiter gelangte der schwarze Mann aus dem Stamme der Mandingo nicht, denn der peitschende Knall eines Musketenschusses ließ die kleine Kolonne abrupt anhalten.

      „Merkwürdig“, sagte der Kutscher, ein blonder, etwas schmalbrüstiger Mann, der auf der Galeone der Seewölfe als Koch und Feldscher fungierte. „Der Schuß muß auf der ‚Isabella‘ abgefeuert worden sein.“

      Aus den dunklen Augen von Hasard junior blitzte die Abenteuerlust.

      „Vielleicht hat jemand auf ein Krokodil geschossen“, meint er.

      „Ja, es könnte wieder jemand von dem Galion gestürzt und einem Nilkrokodil vors Maul gefallen sein – wie Bill damals in El Gâhira“, pflichtete ihm Philip, sein Zwillingsbruder, bei.

      „Nun malt bloß nicht den Teufel an die Wand“, mahnte der Kutscher. „Schließlich sind unsere Leute an Bord nicht an der Fallsucht erkrankt. Trotzdem – irgendeinen Grund muß es für diesen Schuß wohl geben.“

      Für weitere Überlegungen blieb keine Zeit, denn die vermutliche Ursache des Musketenschusses bog gerade in Gestalt zweier dunkelhäutiger junger Burschen um das Schilfdickicht. Sie waren in lange Kaftane gekleidet und rannten, als sei der Teufel hinter ihnen her. Um ein Haar wären sie mit den Seewölfen zusammengeprallt, die nach wie vor mit ihrem Proviant beladen waren. Einen Augenblick lag Erschrecken auf den Gesichtern der beiden, dann waren sie vorbei.

      Luke Morgan, einem wendigen, dunkelblonden Burschen mit einer Messernarbe über der Stirn, ging plötzlich ein Licht auf.

      „Donner und Wolkenbruch!“ rief er. „Die Spitzbuben wollten bestimmt unser Boot klauen, deshalb hat man drüben auf der ‚Isabella‘ einen Warnschuß abgegeben. Ihnen nach!“ Er ließ augenblicklich den schweren Korb mit Früchten von seinen Schultern gleiten und wirbelte herum.

      Batuti tat es ihm nach, und auch der Kutscher überlegte nicht lange.

      „Ihr beiden paßt auf den Proviant auf!“ rief er noch im Weglaufen den Zwillingen zu. „Wehe, es fehlt auch nur eine einzige Nuß!“

      „Man meint, er hätte sie gezählt“, maulte Philip junior und blickte den davonjagenden Männern gleich seinem Bruder mit gespanntem Gesicht nach.

      Die Seewölfe holten rasch auf. Offenbar lief es sich in den langen Kaftanen, die die beiden Burschen trugen, nicht besonders gut. Jedenfalls hatten sie noch keine hundert Yards hinter sich gebracht, da griffen Batuti und Luke Morgan bereits zu.

      „Halt!“ brüllte Batuti. „Stehenbleiben, verflixtes Klaumann!“ Der kleinere der beiden zappelte bereits in seinem festen Griff.

      Doch plötzlich spitzte sich die Situation gefährlich zu. In der rechten Hand des Kerls blitzte die Klinge eines Dolches auf, und Batuti hatte Mühe, dem raschen Stoß auszuweichen.

      Doch zu einem weiteren Angriff kam es nicht. Die mächtige Pranke des Gambia-Mannes schoß vor, und der Messerstecher ließ die blanke Waffe mit einem lauten Aufschrei fallen. Dann hatte ihn Batuti im Schwitzkasten.

      Auch seinem Komplicen erging es nicht anders. Wie ein Fisch im Netz wand er sich in den Fäusten Luke Morgans, doch als er begriffen hatte, daß ihm alles nichts nützte, gab er auf und stieß einige aufgeregte Sätze hervor.

      „Was sagt er?“ fragte der Kutscher, der gerade am Schauplatz eintraf.

      „Frag mich was Leichteres“, antwortete Luke Morgan. „Ich verstehe von der ägyptischen Sprache soviel wie du.“

      „Bringen wir die beiden doch zu den Zwillingen, die können ja übersetzen, was uns die Kerle zu erzählen haben“, schlug der Koch der „Isabella“ vor.

      Widerstrebend ließen sich die beiden jungen Burschen zu Philip und Hasard bringen, die über die Obst- und Gemüsevorräte wachten. Sie redeten dabei unaufhörlich auf die Seewölfe ein, und ihre Stimmen klangen ängstlich.

      „Versteht ihr, was sie sagen?“ fragte der Kutscher.

      „Klar“, verkündete Hasard junior nicht ohne Stolz. „Wir verstehen zwar nicht jedes Wort, aber wir kriegen schon mit, was gesprochen wird.“

      „Und was sagen sie? Los, du Hering, mach’s nicht so spannend!“

      Hasard junior kratzte sich die Wange.

      „Sie beteuern ständig, sie hätten das Boot nicht stehlen wollen“, dolmetschte er dann. „Sie wollten sich nur vom Ufer aus das große, fremde Schiff ansehen, weil sie so was noch nie gesehen haben.“

      „Das mag ja sein“, warf Luke Morgan ein. „Neugierde ist schließlich menschlich. Aber warum sind sie dann davongelaufen und haben sogar nach ihren Messern gegriffen? Mir scheint, die beiden Kerle hatten doch Interesse an unserem Boot. Ein Glück, daß wir rechtzeitig zur Stelle waren und unsere Leute auf der ‚Isabella‘ mal einen Blick rüber zum Ufer warfen.“


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