Seewölfe - Piraten der Weltmeere 168. Kelly Kevin

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 168 - Kelly Kevin


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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-505-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

       Kapitel 7.

       Kapitel 8.

      1.

      Kein Lüftchen regte sich. Dick und schwer hing der Nebel über dem Wasser, waberte um die Masten der „Isabella“ und machte es unmöglich, vom Achterkastell aus den Bug der Galeone zu erkennen. Die Luft war kalt, die Feuchtigkeit drang durch die Kleider und legte sich klebrig auf die Haut.

      Smoky, der Decksälteste, hatte einen sehr passenden Vergleich gefunden: Es war, als schwämmen sie in einem gigantischen Bierkrug, über dem sich weißer Schaum türmte.

      Smoky war es auch, der diesen Nebel stur auf das Wirken höllischer Mächte zurückführte, genauso, wie er den Sturm der letzten Tage dem Geisterschiff angelastet hatte, dem sie bei den Bermuda-Inseln begegnet waren.

      Eine Galeone unter schwarzer Flagge!

      Das Gerippe eines Gehenkten schaukelte an der Großrah, und die Besatzung trug schwarze Kutten, unter deren Kapuzen fahle Totenschädel schimmerten. Ein Geisterschiff fürwahr! Eine Galeone der verdammten Seelen! Und wer vermessen genug war, ein solches Totenschiff zu verfolgen, der brauchte sich natürlich nicht zu wundern, wenn er in haarsträubende Stürme geriet oder, wie jetzt, in eine Flaute bei dichtem, undurchdringlichem Nebel.

      Das jedenfalls war Smokys Meinung.

      Zuerst hatte er noch damit hinter dem Berg gehalten, da die Mehrheit der Crew entschlossen war, das Geisterschiff zu verfolgen, das sie mehrfach angegriffen hatte. Der Sturm, der sie in Höhe der Bermuda-Inseln packte und hoffnungslos von ihrem Westkurs abbrachte, bestätigte seine dunklen Befürchtungen. Die Männer der „Isabella“ hatten bis zum Umfallen kämpfen müssen, um diesen Sturm heil zu überstehen. Sie hatten es geschafft, ohne nennenswerte Schäden an ihrem Schiff davonzutragen – und dann hatte der Nebel eingesetzt.

      Höllennebel, behauptete Smoky.

      Der alte O’Flynn, sonst ein Mann aus Granit und Eisen, stimmte ihm zu. Höllennebel, jawohl! Da O’Flynns rauhbeiniger alter Vater und der bullige Decksälteste, von jeher der Abergläubischste der Crew, waren sich völlig einig. Sie waren sich in solchen Fragen oft einig, und entsprechend oft wurden sie ausgelacht. Aber inmitten dieser unheimlichen weißen Schwaden, die kein Hauch von Wind bewegte, fühlte auch der Rest der Crew ein dumpfes, lastendes Unbehagen, und niemand schien in der Stimmung, den endlosen Debatten über Geister, lebende Tote und Nebeldämonen energisch entgegenzutreten.

      In seiner Kammer studierte Philip Hasard Killigrew zusammen mit Ben Brighton, Ed Carberry und Dan O’Flynn die Seekarten, um ungefähr zu schätzen, wie weit sie der Sturm nach Norden vertrieben hatte.

      Siri-Tong, die Rote Korsarin, stand an der Schmuckbalustrade des Achterkastells. Sie war wütend. Ihre schwarzen Mandelaugen funkelten. Auf den Webleinen des Steuerbord-Hauptwants hockten Hasard und Philip, die achtjährigen Zwillingssöhne des Seewolfs. Für eine Weile vergaßen sie ihre Vorbehalte gegen die seltsame Frau, die an Bord war, um sich um sie zu kümmern, und lauschten hingerissen dem Gewitter, das sich über dem Haupt des armen Smoky entlud.

      „Geister! Teufel! Dämonen! Man sollte nicht glauben, daß du abergläubischer Narr ein erwachsener Mann bist! Decksältester, ha! Ich wußte wirklich nicht, daß es die Aufgabe des Decksältesten sei, sich als erster in das nächstbeste Mauseloch zu verkriechen!“

      Smokys Gesicht überzog sich mit Röte.

      Decksältester – das war eine Funktion, die keine Musterrolle verzeichnete und die es dennoch auf allen Segelschiffen der Welt gab. Smoky war schon Decksältester auf der „Marygold“ gewesen, dem Schiff Francis Drakes, auf das Hasard vor Jahren von einer Preßgang verschleppt worden war. Damals hatte er seine Stellung freiwillig an den Seewolf abgegeben. Was sollte man auch gegen einen Mann tun, der einem Edwin Carberry vor aller Augen zwei Zähne ausschlug und sich den Teufel darum scherte, daß ihm das eine schmerzhafte Lektion mit der Neunschwänzigen einbrachte.

      Heute fuhr jener Edwin Carberry mit völliger Selbstverständlichkeit unter dem Kommando des Mannes, der ihm damals seine Grenzen gezeigt hatte. Und Smoky war wieder Decksältester – eine Rolle, die es selbstverständlich verbot, sich als erster oder letzter oder überhaupt in irgendeine Sorte von Mauseloch zu verkriechen.

      „Madam …“, begann er empört.

      „Was denn? Faselst du hier von Nebeldämonen oder nicht? Himmelkreuzdonnerwetter! Wer soll denn dafür sorgen, daß die Kerle nicht durchdrehen, wenn nicht du?“

      Smoky schluckte und hatte plötzlich eine mächtig breite Brust. Wenn die Rote Korsarin ihn für den richtigen Mann hielt, dem abergläubischen Pack mit gutem Beispiel voranzugehen – na bitte! Er würde ihr schon zeigen, daß er wirklich der richtige Mann war. Smoky reckte sich, atmete tief und fuhr wie der leibhaftige Donnerkeil zwischen die Gruppe, die gerade einer der unvermeidlichen Gespenstergeschichten des alten O’Flynn lauschte.

      Philip und Hasard grinsten sich an.

      Die Zwillinge konnten nicht verleugnen, daß sie ebenfalls an Geister glaubten: schließlich waren sie im Orient aufgewachsen. Aber in dieser Hinsicht erging es ihnen wie Batuti, dem hünenhaften Gambia-Neger, der sich von Geistern und Dämonen nicht sonderlich schrecken ließ. Das Übernatürliche – oder vermeintlich Übernatürliche – gehörte sozusagen zum Alltag. Noch von ihrer Zeit bei den Gauklern, speziell dem Zauberer Kaliban her, kannten die Zwillinge einen großen Vorrat probater Bannsprüche, und deshalb bestand für sie kein großer Unterschied zwischen realen Feinden, die man bekämpfen konnte, und irgendwelchem Höllenspuk, gegen den nur die Waffen ein bißchen anders waren.

      Eine bestimmte Art, Zeige- und Mittelfinger übereinander zu kreuzen und dabei drei ägyptische Worte zu murmeln, jagte zum Beispiel jeden bösen Djinn augenblicklich wieder in die Flasche, in die er gehörte.

      Für Philip und Hasard hausten Geister grundsätzlich in Flaschen. Bei Geistern, die zur See fuhren und noch dazu fremde Schiffe kaperten, mußte es sich um degenierte Exemplare handeln. Und Nebeldämonen gab es überhaupt nicht. Das hatte ihr Vater gesagt. Der Seewolf mochte vielleicht nicht so gut über orientalische Djinni Bescheid wissen, weshalb er sich in diesem Punkt möglicherweise irrte, aber was den Nebel betraf, irrte er sich bestimmt nicht.

      Hasard und Philip blickten zwischen ihrem wutschnaubenden Großvater, dem schimpfenden Smoky und der Roten Korsarin hin und her, die in sich hineinlächelte.

      Die Zwillinge begriffen nicht so genau, wie sie ausgerechnet den abergläubischen Decksältesten dazu gebracht hatte, vehement die Ansicht zu verfechten, daß Old O’Flynn mit seinem Gerede über Nebeldämonen nur die Leute verrückt mache und gefälligst die Luke halten solle.

      Siri-Tong hatte überhaupt ein erstaunliches Talent, einen zu etwas zu bringen, was man eigentlich gar nicht vorgehabt


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