Die Arbeiterin in Zürich um 1900. Hans Peter Treichler

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Die Arbeiterin in Zürich um 1900 - Hans Peter Treichler


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      Hans Peter Treichler

      Die Arbeiterin

      in Zürich um 1900

      Sozialgeschichtliches auf den Spuren Verena Conzetts (1861-1947)

      Conzett Verlag

      Alle Rechte Vorbehalten

       Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe

       durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger,

       die Speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien

       oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur

       mit ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung des Verlags

      1. Auflage 2011

       © 2011 Conzett Verlag by Sunflower Foundation, Zürich

      EPUB-ISBN 978-3-03760-023-8

      Weitere Informationen finden Sie unter

       www.conzettverlag.ch und www.sunflower.ch

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       Brockhaus Commission, Kornwestheim

       www.brocom.de

      Inhalt

       Vorwort von Jürg Conzett

       Einleitung von Andreas Urs Sommer

       1. Die Arbeiterin

       Scharen von Fabriklerinnen

       Beengtes Zuhause

       Kinderarbeit

       Krank – was nun?

       Endlich Sonntag

       Zahlen zum Proletariat

       2. Seine eigene Spur ziehen: Das Leben der Verena Conzett-Knecht

       Die Stimme der Arbeiter

       Höhen und Tiefen

       Der «wilde Löwe von Chicago»

       Für des Volkes Rechte, gegen alles Schlechte

       Immer mit einem Fuss im Gefängnis

       Hausfrau und Kauffrau

       Neu aufgleisen

       Vor dem Nichts

       Die Entfremdung

       Der Aufstieg

       Lebensfazit

       3. Arbeiteralltag: Wohnen, Essen, Haushalten

       «Luft- und fensterlose Löcher»

       Die ewigen Härdöpfel

       Preise und Löhne

       4. Solidarität: Erste Organisationen für Arbeiterinnen

       Eine Gräfin weist den Weg

       Schlüsseljahre

       «Leider abgewiesen»

       Jedes Jahr ein Kind

       Prüde Genossen

       5. Kämpfen für die Zukunft: Zürich 1875 bis 1900

       Ein Buchbinder aus Breslau

       «Was wollen die Sozial-Demokraten?»

       Gegensätze

       Anhang

       Bibliografie

       Textnachweise

       Bildnachweise

      Vorwort

      Oft werde ich gefragt, ob der Name der Strasse, in der ich mein Büro habe, etwas mit mir zu tun habe. Ja, tatsächlich. Die kleine Verena-Conzett-Strasse ist nach meiner Urgrossmutter benannt, deren Lebensende mit meinem Geburtsjahr übereinstimmt und deren Geburtsjahr sich im Jahre 2011 zum 150. Mal jährt. Wenn ich in ihren alten Schriften lese, fühle ich mich innerlich verbunden mit ihren Ansichten. Grund genug, Hans Peter Treichler zu einer Art Sozialgeschichte mit biografischem Charakter zu bitten, Andreas Urs Sommer über Sozialpolitisches einst und heute nachdenken zu lassen und im MoneyMuseum eine eigene Ausstellung zur «Arbeiterin in Zürich um 1900» zu gestalten. Sie alle zeigen: Das Gefühl des Umbruchs, der Beschleunigung und der Zerstörung überlieferter Ordnung war damals so gross wie heute. Und die zentrale Frage für die individuelle Persönlichkeit bleibt die gleiche: Wie können wir es einrichten, dass unsere Erwerbsarbeit Selbstzweck wird – dass wir sie tun, weil wir sie tun wollen?

      Jürg Conzett

      Arbeit, Sklaverei und Selbstbestimmung

      Eine Einleitung

      Von den sozialen Zuständen, die Hans Peter Treichler in diesem Buch eindringlich schildert, können wir uns heute in Mitteleuropa kaum mehr einen Begriff machen. Kaum eine Leserin, ein Leser wird es wirklich nachfühlen können, wie das Leben einer Fabrikarbeiterin im späten 19. Jahrhundert ausgesehen hat. Die Welt, mit der uns Katalog und Ausstellung konfrontieren, ist uns fremd geworden. Und doch haben manche unserer Grosseltern und Urgrosseltern diese Welt noch hautnah erlebt, ja sie durchlitten. Die Not, die uns hier in Bild und Text vor Augen geführt wird, betraf jede Lebenslage: sehr lange Tages- und Wochenarbeitszeiten, Arbeit von Kindsbeinen an, kein Unfall- und kein Kündigungsschutz, keine Kranken- oder Rentenversicherung, geringe Bildungschancen, Mangelernährung und prekäre Wohnverhältnisse, die das Zusammenleben in jeder Hinsicht beeinträchtigten. Mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft kam die «Soziale Frage» aufs Tapet, die Frage also, wie mit den gewaltigen Missständen umzugehen sei, die der soziale Umbruch und das Ende traditioneller bäuerlicher (und bürgerlicher) Lebensformen mit sich brachte. Mit dem Fortschreiten der Industrialisierung konkretisierte sich die «Soziale Frage» als «Arbeiterfrage»: Wie sollten die Existenzbedingungen der neu entstandenen Scharen von Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeitern – nicht selten Kindern – nachhaltig verbessert werden?

      Nicht zufällig ist das 19. Jahrhundert auch das grosse Zeitalter der gesellschaftlichen Visionen und Reformideen. Es brachte den Sozialismus und den Marxismus ebenso wie den modernen Liberalismus und Utilitarismus hervor, die allesamt auf die «Arbeiterfrage» ihre Antworten formulierten. Selbst die katholische Kirche, die aus ihrer schroffen Ablehnung alles «Modernen» kein Hehl machte, sah sich zur Konzeption einer eigenen Soziallehre veranlasst. Ein Jahr nachdem die Hauptperson dieses Buches, Verena Conzett, Präsidentin des neugegründeten Schweizerischen Arbeiterinnenverbands geworden war, veröffentlichte Papst Leo XIII. 1891 seine Sozialenzyklika Rerum Novarum, die sich gegen die sozialistische Forderung nach Abschaffung des Privateigentums wandte und die


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