Tagebuch der Nichtwähler. Andreas Haselbach
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Andreas Haselbach
Tagebuch der Nichtwähler
-Eine Warnung an Verantwortliche-
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Zum Tagebuch der Nichtwähler:
Wir haben ein Problem; mindestens eins! Und: Ich hasse Probleme! Sofern sie beseitigt werden können, gehören sie beseitigt. Das zu besprechende Thema heißt: „POLITIKVERDROSSENHEIT“, ordnet die Situation und somit auch konkludent die Schuld dem Bürger zu. Was für ein Hohn. Wenn sich der Bürger nicht zwischen schmierigem Politiktrottel und kriminellem Lobbyvasallen entscheiden mag, liegt es vielleicht am Angebot und nicht am Wähler.
Vorwort
Vielleicht ist es ungewöhnlich mit der Beschreibung über die Gründe des Endes des Buches als Vorwort zu beginnen und doch passt es doch ganz gut. Die Ursache, nun einen etwas vor sich hin schwelenden Vorgang abschließen zu können, ist die aktuelle Wahl zur Bremer Bürgerschaft. Im Spätsommer letzten Jahres begann ich mit dem Ziel, eine latente Ohnmacht und Unzufriedenheit der viel gescholtenen Bürger zu beschreiben, dieses Buch. Nunmehr findet das Vorhaben mit einer Wahlbeteiligung von 49,5% in Bremen seinen selbsterklärenden Abschluss. Allein die Tatsache, dass die Mehrheit der Bremer Bürger nicht den Eindruck hat, jemand könne Ihre Interessen wirklich engagiert vertreten, ist außerordentlich bedenklich. Dem entgegen ist das Bedürfnis nach ehrlicher Vertretung und mentaler Führung tatsächlich groß.
Bürger sind ja für einige Politiker und Unternehmer vielfach undankbare, nimmersatte, unzufriedene Zeitgenossen. Man wundert sich und kritisiert, warum sie so mürrisch und wenig motiviert sind und warum sie denn nicht einmal mehr zur Wahl gehen, wo sie doch die Möglichkeit hätten, die Verhältnisse zu ändern, wenn sie denn so unzufrieden seien. Stattdessen zeigen sie sich angeblich desinteressiert. Die niedrige Beteiligung an Wahlen, Politikverdrossenheit und das Bashing gegen Politiker werden zwar vorwurfsvoll beklagt, aber das Resümee ist dann doch gemütlich, dass alles ja nicht so schlimm sein könne. Schlimm ist hingegen, dass hierdurch vollkommen verkannt wird, dass es massive Unzufriedenheit gibt. Diese mag sich manchmal auch auf hohem Niveau oder durch zu hohe Ansprüche ergeben. Hierbei wird jedoch verkannt, dass es sich um genau die Ansprüche handelt, die dem Bürger durch ständige Werbeinfiltration als unerlässlich für sein Leben und „unser“ Wachstum vorgestellt werden. Ein Wachstum, welches wie ein Naturgesetz präsentiert wird, aber leider nicht so selbstverständlich funktioniert wie ein Sonnenaufgang. Der neue Superfernseher steht leider morgens nicht einfach vor der Tür, sondern will vorher durch Geldleistung aus Fronarbeit bezahlt werden.
So war es Intention des Buches, mithilfe einer Chronologie der täglichen Nachrichten zu zeigen, wie sich diese Frustration aufbaut und wie sich zeitgleich eine Unfähigkeit kultiviert, diese zu artikulieren und in wirksame Bahnen zu leiten. So kommt es diesen diffusen Phänomenen wie AfD und Pegida. Auch in unseren Nachbarländern lassen sich ja durchaus ähnliche Sinnkrisen und Verlustängsten feststellen. Was passiert da und warum ist es gefährlich?
Der erste Plan war, in einer Art Tagebuch wirklich jeden Tag die Nachrichten zusammen zu fassen, die eine massive Beeinträchtigung der Bürger wiedergeben, und darzustellen wie die Verantwortlichen ihre Ausflüchte organisieren. Denn die Menschen spüren zumindest, wenn Ihnen die Wahrheit vorenthalten wird. Sie können es zwar oft nicht recht durchschauen, nicht artikulieren und wissen dann auch nicht, was sie dagegen machen sollen, aber sie haben ein Gespür dafür, dass man nicht fair und ehrlich mit ihnen umgeht. Das Empfinden einer gewissen Machtlosigkeit ist die Folge, wobei die wahre Wut sicher noch dadurch gedämpft wird, dass es noch selten wirkliche Not gibt. Es ist jedoch eine trügerische Ruhe!
War auch eine bestimmte Dauer für dieses Tagebuch nicht festgelegt, so war ich doch erstaunt, dass sich bei mir bereits nach circa zwei Monaten eine aggressive Frustration breit machte. An Nachrichten mangelte es wahrhaftig nicht. Vielmehr wirkte es sehr negativ, dass wirklich wichtige, existenzielle Vorgänge von den Verantwortlichen sehr oft nicht mehr mit einer Vorstellung von einem Wertesystem und eines Zieles angegangen werden. Das war in dieser Häufung frustrierend. Auch scheinen keine Visionen mehr zu existieren, die in der Lage sind, unsere Zukunft zu gestalten. Mich würde sehr interessieren, ob Helmut Schmidt seinen geflügelten Satz vom Psychiater zu dem man gehen soll, wenn man Visionen hat, nicht schon mehrfach bereut hat.
Wenn dann noch dazu kommt, dass Probleme entgegen der Vernunft nur in Hinblick auf Interessenvertretung angegangen oder auch verdrängt werden, macht das auch wütend. Die Menschen, die ohnehin nur noch wenig über einen religiösen oder politischen Überbau verfügen, sehnen sich nach Sinn und Integrität. Sie benötigen dringend einen seriösen Interessenwalter für ihre Anliegen.
Um dieses Frustrationspotential etwas zu kontrollieren, ging ich dazu über einige aktuelle Themenfelder entsprechend der Nachrichtenlage mehrerer Tage zusammenzufassen, was auch der Gewinnung einer gewissen Übersichtlichkeit entgegen kam. Oft ist es ja so, dass uns ein Nachrichtengewitter sprachlos und hilflos zurücklässt. Im täglichen Kleinklein verliert man doch oft den Überblick. Manchmal kann man den Eindruck nicht ganz verdrängen, dass dieser Nachrichtenhype manchen Interessenlagen zumindest zu Diensten ist.
Von der Empörung zum Handeln. Das wäre mein Wunsch für Sie.
Worum geht es?
Die Situation ist durch eine Wahlbeteiligung unter 50% für die politische Elite unseres Landes hinreichend peinlich beschrieben. Allein hieraus folgt, dass eine sich wie auch immer konstatierende Regierung, von deutlich weniger als der Hälfte der Bürger beauftragt wird. Verschärfend kommt hinzu, dass ca. 10% der Wähler Parteien wählen, die ein gewisses Protestpotential realisieren (AFD, Piraten, Pegida), und dass die Mehrzahl der restlichen 45% Wählenden sich ja auch nur denkbar unwillig von seiner Stimme trennt. Selbst wenn sich also eine robuste Regierung wie die derzeitige Bundesregierung mit einer Zweidrittel-„Mehrheit“ bildet, kann sich diese auf nur etwa jeden vierten Bundesbürger berufen, der sie mit einer halbwegs so zu nennender Überzeugung und Zufriedenheit gewählt hat. 75% der Bürger sind ganz und gar nicht begeistert. Und das Schlimmste: die meisten werden in absehbarer Zeit auch nicht zurück gewonnen werden. Zuviel Vertrauen ist leichtfertig oder halt auch gut bezahlt verspielt worden. Worin liegt die Ursache hierfür?
Soviel kann man vorweg sagen, ohne dass man dieses multikausale Problem gelöst hat: Der Bürger trägt die geringste