Verloren und Gefunden. Мэри Элизабет Брэддон

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Verloren und Gefunden - Мэри Элизабет Брэддон


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folgenden Morgen« während die Meisten von der Gesellschaft an dem Orte, den sie um Mitternacht zu ihrem Ruheplatz ausgewählt hatten, noch schliefen blickte Gervoise Gilbert in den Wagen und rief seinen Sohn. Die Kinder wachten bereits seit einiger Zeit und Georgey kam auf den Ruf seines Vaters heraus. Der Knabe war sehr glücklich bei seinen neuen Freunden.

      »Es ist besser als bei der Mama,« sagte er, »hier werde ich nicht geschlagen.« -

      Herr von Volterschocker war auf und bereit, sein Versprechen zu erfüllen. Die beiden Männer setzten sich hinter dem Wagen, wo sie von der übrigen Gesellschaft vollständig getrennt waren, neben einander aus den Rasen.

      Gervoise Gilbert nahm das Kind aus seine Kniee und entblößte den Arm des Kleinen bis an die Schulter.

      »Was wir jetzt thun wollen, wird Dir ein wenig wehe thun, Georgey,« sagte er, »aber Du mußt den Schmerz zu ertragen suchen. Willst Du, um Papas willen, ein muthiger kleiner Mann sein?«

      »Ja, Papa,« antwortete der Knabe fest, seine glänzenden, unschuldigen Augen zu seinem Vater erhebend.

      »Was für Zeichen soll ich aus den Arm tättowiren ?« fragte der Clown.

      »Eine Grafenkrone und die Buchstaben G. P.«

      Viertes Capitel.

      Die Milchbrüder.

      Vor Ende des Monats August war Mr. Cadgers’ Gesellschaft bis in’s Herz des schönen Warwickshire eingedrungen. In Avondale, dieser altertümlichen Stadt, die in jener malerischen Gegend liegt, welche dem Andenken von William Shakespeare geweiht ist, sollte Jahrmarkt stattfinden, und dahin führte Mr. Cadgers seine Truppe mit der Absicht, die einfachen Landleute mit den vereinigten Künsten des Wüstenwirbelwindes, des Monsieur Montmorency, des Herrn von Volterschocker und der Damen in Erstaunen zu setzen.

      Gervoise Gilbert und der kleine Georgey wanderten glücklich und zufrieden mit einander durch die schattigen Wege und grünen Thäler des schönen Englands. Gilbert hatte allen Ehrgeiz, alle Gedanken an künftige Größe, ja selbst an künftigen Reichthum abgelegt, und um seines Kindes willen ergab er sich willig darein, seinen Unterhalt unter diesen niedriggeborenen Genossen, so gut er konnte, zu erwerben. Er lächelte, als er zuerst von Mr. Cadgers vernahm, daß Avondale die Bestimmung der Truppe sei.

      »Sie müssen Avondale kennen, nicht wahr?« rief der Principal.

      »Ich, habe es einst gekannt,« antwortete Gervoise nachdenklich.

      »Dann, wenn Sie es einmal gekannt haben, so kennen Sie es immer,« rief Mr. Cadgers, »denn es wäre ein wahres Wunder, wenn Sie eine Veränderung dort fänden. Avondale ist eine Stadt, die, als sie noch sehr jung war, in der Zeit der Königin Elisabeth, aufgehört hat zu wachsen, und sie ist seit jener Zeit auch nicht mehr gewachsen. Und Sie kennen also Avondale? Ist das nicht seltsam?«

      »Es ist seltsam,« antwortete Gervoise mit einem eigenthümlichen Schatten auf seinem Gesichte, »es ist sehr seltsam, daß ich in diese Stadt gehen soll, so, wie ich mit Ihnen hingehen werde, wenn ich bedenke —«

      »Was, Mr. Jarvis?«

      Gervoise hatte sich in seinem Verkehr mit Mr. Cadgers und dessen Gesellschaft Jarvis genannt.

      »Lassen wir das. Jeder Mensch hat einen Winkel in seinem Herzen, den er dunkel zu halten wünscht. Das ist mein dunkler Winkel,« antwortete der junge Mann, sich niederbeugend, um seine Pfeife mit dem brennenden Taback in dem kurzen schwarzen Meerschaum von Mr. Cadgers anzuzünden.

      Die Gesichter der beiden Männer waren ganz nahe beisammen, als Gervoise dieses sagte. Mr. Cadgers sah ihn forschend an.

      »Sie sind sehr zugeknöpft, Mr. Jarvis,« sagte er; »doch das ist ganz Ihre Sache. Sie kümmern sich um Ihre Angelegenheiten und ich um die meinigen; das ist nach meiner Ansicht wahres Christenthum. Aber es giebt gewisse Dinge, über die die Leute ihre eigenen Vermuthungen haben. So z. B. weiß ich natürlich recht gut, daß Sie nicht von unserm Schlage sind. Sie sind ein Gentleman, und ein Gentleman, dem es angeboren ist, den Kopf sehr hoch zu tragen, der aber auf irgend eine Weise von der Welt mißhandelt worden ist. Habe ich es errathen?«

      »So ziemlich« antwortete Gervoise.

      »Nun, wissen Sie, Mr. Jarvis, daß mir so eben, als Sie sich über mich beugten, um Ihre Pfeife anzuzünden, eine Idee in den Kopf kam?«

      »So?«

      »Ja, und diese Idee war, daß ich Sie früher schon gesehen habe. Ob es irgend Jemand war, der Ihnen ähnlich sah, oder ob Sie es selbst waren, vermag ich nicht zu sagen.«

      »Sie müssen Jemand gesehen haben, der mir ähnlich sieht,« sagte Gervoise, »denn ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß Sie mich vor jenem Abend aus Putney-Heath gesehen haben.«

      »Jetzt hab’ ich es,« sagte Mr. Cadgers, sich auf’s Knie klopfend, »jetzt fällt mir’s bei und unser Gespräch von Avondale hat es mir wieder in Erinnerung gebracht. Sie sind das leibhafte Bild des alten Grafen von Haughton, der vor zwei Jahren gestorben ist.«

      Gervoise Gilbert war überrascht und wurde sehr bleich.

      »Ist der alte Graf von Haughton todt?« fragte er.

      »Ich schmeichle mir, daß er es ist,« antwortete Mr. Cadgers, »und, wie ich gehört habe, ist er ungewöhnlich schwer gestorben, gerade wie er gelebt hat, der alte Schurke. Ging ich doch vor drei Jahren zu ihm, um ihn zu unsern Vorstellungen einzuladen und zu bitten, uns eine seiner Wiesen dazu zu leihen. Sagte er mir da zuerst allerlei Grobheiten und drohte mir dann, mich von seinen Bedienten aus dem Hause werfen zu lassen. Ja, das alte Ungeziefer ist endlich fort und der junge Lord ist ein ganz wilder Bursche. Nichts als Jagen, Reiten, Wettrennen und der Teufel weiß, was sonst noch. Ich will darauf wetten, daß er unsere Vorstellungen besuchen würde, und da Sie solche gentleman’schen Manieren haben, so könnten Sie uns wohl den Gefallen thun, zu ihm zu gehen und ihn einzuladen. Wollen Sie nicht?«

      Gervoise blickte Mr. Cadgers mit einem eigenthümlichen Lächeln an.

      »Nein,« sagte er, »nichts auf der Welt würde ich weniger thun, als Lord Haughton um eine Gunst bitten.«

      »Weshalb?«

      »Weil ich ihn einmal, als ich noch ein Junge war, gekannt habe.«

      »Und der Haughtonfamilie sehen Sie auch ungewöhnlich ähnlich,« rief Mr. Cadgers. »Sie sind doch nicht ein unehel —«

      »Was?« rief Gervoise, so plötzlich auf Mr. Cadgers zutretend, daß dieser Herr unwillkürlich einen Schritt zurückwich.

      »W a s?«

      »Natürlich sind Sie es nicht,« rief Mr. Cadgers hastig, »wer sagt, daß Sie es sind? Ich möchte wissen, wer sagt, daß Sie es sind. Sie brauchen nicht sogleich auf Einen zuzustürzen, als ob Sie Einem die vordern Zähne einstoßen wollten, blos weil man Ihnen eine höfliche Frage stellt. Aber Sie sehen nichtsdestoweniger der Haughtonfamilie sehr ähnlich.«

      »Das ist möglich. Zufällige Aehnlichkeiten hat es immer gegeben.«

      »So ist es. Ich habe selbst manche gesehen, und sonderbare Zufälle sind zuweilen daraus entstanden. So lassen Sie uns nicht weiter davon sprechen,« antwortete Mr. Cadgers mit ruhiger Würde.

      Es wurde nichts weiter gesagt, aber diese Unterhaltung hatte in Gegenwart des Herrn von Volterschocker stattgefunden, der in der Nähe der beiden Männer ruhig rauchend im Grase lag und auf jedes Wort, das gesprochen wurde, horchte.

      Der schweigsame Clown hatte ein gutes Gedächtniß und war überdies ein scharfer Beobachter. Er verstand es auch, im Gesicht eines Mannes zu lesen, und wußte den Ton, in welchem ein Wort gesprochen würde, eben so gut abzuwägen als das Wort selbst.

      Die Truppe kam in der Dunkelheit des Abends vor Avondale an, und während Mr. Cadgers und seine Leute mit ihren Vorbereitungen für den folgenden


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