Der unheimliche "Erste Diener des Staates". Walter Brendel

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Der unheimliche


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      Walter Brendel

      Der unheimliche „Erste Diener des Staates“

      Schicksale um Friedrich II.

      Der unheimliche „Erste Diener des Staates“

      Walter Brendel

      Schicksale um Friedrich II.

      Impressum

      Texte: © Copyright by Walter Brendel

      Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

      Verlag: Das historische Buch, 2021

      Mail: [email protected]

      Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

      Berlin

      Inhalt

       Einleitung

       Die königliche Gemahlin

       Wie es begann oder Wie vor 310 Jahren ein Kurfürst zum König wurde

       Die heimliche Gefährtin

       Der Kronprinz

       Das Jahr 1740 - Hoffnungen und Wünsche

       Im Lager Zeithain

       Freundschaft bis zum Tod

       Der Adjutant

       Amalie

       Die Affäre

       Weiblicher Widerstand

       Die Tafelrunde von Sanssouci

       Die Geschwister

       Der Soldatenkönig - Vater (und die Mutter)

       Krieg

       Preußens Stiefel an der Elbe

       Der Gegenspieler Friedrichs

       Die letzten Stunden

       Nachwort

       Schlussgesang

       Quellen

      Man schreibt das Jahr 1786. Ein erwachender Maitag bereitet seinen rötlichen Schimmer über die langgestreckte Terrassenfront des Schlösschens Sans Souci. Durch eine der großen Fenstertüren der Fassade, die geöffnet ist, fällt das Morgenlicht in ein Zimmer hinein, an dessen Rückwand in einem Lehnstuhl zusammengesunken ein Greis sitzt. Sein Gesicht ist umrahmt von einem alten, verdrückten, dreikantigen Filzhut Geradezu auffällig sticht die scharfe, spitze, leicht gebogene Nase aus dem kleinen Gesicht heraus. Wer ist der kranke Mann im schäbigen blauen Uniformrock ist? Unverkennbar, es ist der bewunderte und gefürchtete Preußenkönig, den man schon seit vierzig Jahren den „Großen" nennt.

      Gerade hat die zierliche Standuhr, die mit dem Bild des römischen Kaisers Titus geschmückt und die dem Titus zugeschriebene mahnende Inschrift: „Diem perdidi" trägt, auf dem Kaminsims fünf helle silberne Schläge getan.

      Auch heute will der Greis im Lehnstuhl nicht, „den Tag zu verlieren". Indem er den Menschen etwas Gutes stiftet? Aber wer weiß denn, was gut oder nicht gut ist für das Pack, für das man arbeitet! Trotzdem - gearbeitet muss werden! So hat er es am Vorabend befohlen und ist schon vor fünf Uhr aufgestanden.

      Aus dem Bett stand er schon länger nicht mehr auf. Nein. Vom Kanapee, wo er neuerdings wegen Atemnot die Nächte verbringen muss. Vom Kanapee nebenan hat er sich von zwei Kammerhusaren in den Lehnstuhl setzen lassen. Nun steht nur noch der wichtigste der Kammerhusaren, Schöning, der langjährige Hausgenosse und Kämmerer des Königs, wartend an der Seite des Lehnstuhls. Er kennt seinen launischen Herrn sehr genau. Während wie jetzt ein trockener Husten den schmächtigen Körper des Königs schüttelt, muss ein Kammerdiener warten können, als ob er nichts bemerkte. Eine unerschütterliche Geduld und eine ebenso unerschütterliche respektvolle Sorgsamkeit haben es Schöning eingebracht, dass er zu den wenigen in der Umgebung des Königs gehört, die von Seiner Majestät nie mit einem bösen Wort oder mit verächtlichen Gesten oder gar mit Schlägen bedacht werden.

      Er weiß natürlich auch, was dem König jetzt in der kühlen Morgenstunde nottut: Starker Kaffee, Kaffee, der mit Senfkörnern gekocht und dem nach dem Aufbrühen ein kräftiger Schuss Genever zugesetzt worden ist. Die Senfkörner sind ein ausdrücklicher Befehl des Königs, obwohl Schöning genau wie der Leibkoch Noel die Achseln darüber zuckt. Wiederholt hat ja der König erklärt, sein Schlaganfall vom Vorjahre habe ihn nur deshalb getroffen, weil während der Manöver in Schlesien ein dummer Teufel von Koch dem Kaffee keine Senfkörner beigefügt habe, aber ebenso oft hat Schöning sein Lächeln verborgen. Es gehört zu seinen Eigenschaften, nur innerlich und wehmütig zu lächeln, und weiß genau dass ein Vierundsiebzigjähriger, der zu Pferde stundenlang bei der Truppenschau ohne Mantel dem Unwetter getrotzt hat auch nach dem Genuss von Kaffee, der reichlich mit Senfkörnern gekocht gewesen wäre, einen Schlaganfall riskiert hätte. Aber ein König hat natürlich das Recht, sich selbst so falsch zu behandeln, wie es ihm beliebt. Gehören seine Marotten vielleicht doch irgendwie zu seiner Größe?

      Schöning selbst ist von der guten Wirkung des Wacholderbranntweins im Kaffee überzeugt und hat ja dem König diese recht angenehme Medizin empfohlen, als Seine Majestät mit Champagner versetzten Kaffee nicht mehr mochte. Jetzt scheint der Hustenanfall des Königs vorbei zu sein. Schöning blickt zur Ausgangstür, worauf sofort ein zweiter Kammerdiener näher kommt: Der alte Neumann, der in aufmerksamer Haltung, ein Tablett mit drei kleinen Tassen Kaffee in der Hand, wartend zwischen Tür und Angel gestanden hat. Schöning nimmt ihm eine Tasse ab und hält sie dem König ehrerbietig vor die kurzsichtigen, heute sehr matten Augen.

      Dessen Gesicht belebt sich, als der wohlbekannte Duft des doppelt gewürzten Kaffees ihm angenehm in die Nase steigt. Er fasst mit beiden Händen gierig nach der Tasse, lässt aber die linke Hand gleich wieder sinken - nicht, weil sich die Tasse zu heiß anfühlt, nein, weil ihn in dieser Hand ein Gichtschmerz heftig durchzuckt hat. Schöning, der darauf vorbereitet war, hat seinerseits die Tasse nicht losgelassen und so kann jetzt der König hastig das heiße Getränk schlürfen, indem er mit seiner Rechten die Tasse in die richtige Lage zu den dünnen Lippen dirigiert. Nun lässt es sich freilich dabei nicht vermeiden, dass aus


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