Leben um jeden Preis. Nicole Weber
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Nicole Weber
Leben um jeden Preis
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Inhaltsverzeichnis
2. Einzige Konstante ist der Tod
9. Eingehüllt in ein Geheimnis
10. Entwicklung der Lebenserwartung
Leben um jeden Preis
Albert Einstein:
„Ein neues Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will.“
Das Leben ist hart. Und endet meist tödlich.
Ähhm, ich korrigiere mal den flapsigen Instagram-Spruch: Und endet IMMER tödlich.
Eigentlich wissen das alle. Besonders aber die Krankenschwestern und Pflegekräfte im medizinischen Bereich.
Ich bin examinierte Krankenschwester, diplomierte Pflegefachfrau mit Erfahrungen in der Schwerstbehindertenbetreuung, in der Palliativversorgung, in der Altenpflege und als Fachkraft auf der Intensivstation einer renommierten Herzchirurgischen Fachklinik. Auch ich weiß, wovon ich rede. Das Leben ist endlich...und irgendwann mit Sicherheit vorbei.
Ich stamme aus Deutschland, bin im katholischen konservativen Bayern geboren und lebe in der Schweiz, dem Land der Banken und Sterbehilfe. Die Ansichten über Leben und Tod, über Würde und Abschiednehmen sind in beiden Regionen unterschiedlich, ich erlebe beide. Jetzt, in der Corona-Pandemie, gewinnen diese Ansichten extrem an Bedeutung. Leben um jeden Preis?
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will "jedes einzelne Leben retten". Um jeden Preis.
Die meisten Minister danken und die Passanten applaudieren dem Pflegepersonal. Bravo!
Mir tun alle Pflegefachfrauen und -männer leid, ...scheiß Job ...rund um die Uhr ...schlechte Bezahlung ...immense Verantwortung, psychisch, physisch und dann hören sie diese Aussagen: "Wir wollen jedes Leben retten..." Immer mehr meiner Kollegen fragen zurück:... auch das der Pfleger und Ärzte?
Wir gehen mit Bedacht mit dem Leben um und akzeptieren ethisch und mit voller Verantwortung die menschliche Schwäche des Sterbens und versuchen unser Möglichstes, jedes Leben auch in Würde gehen zu lassen, weil wir es müssen.
Die Fragen sind für das Pflegepersonal im Umgang mit schwerstkranken oder todgeweihten Patienten nicht neu, aber aktueller denn je:
Wieso ist die Menschheit nicht in der Lage zu akzeptieren, dass Menschen sterben... "...ist halt so, ist ja auch gut so, anders wäre die Erde nicht existenzfähig..."
Wieso ist es für die meisten Menschen sogar unglaublich schwer, sich mit dem Tod überhaupt auseinanderzusetzen?
Wieso wird dem Tod mit so viel Negativität begegnet? Leben um jeden Preis erhalten! Und in der hochinvasiven, teuren Medizin ohne die Fragestellung, ob es wirklich ethisch und moralisch wertvoll und menschlich ist, dass wir versuchen jedes Menschenleben am Leben zu erhalten…
Ich finde nicht, dass es Sinn hat, wirklich jeden Betroffenen an ein Beatmungsgerät anzuschließen, es geht doch auch um die Ethik des Sterbens und nicht nur darum, alles Machbare zu machen, um das blanke Leben zu erhalten.
Da werden 92-jährige Menschen reanimiert. Reanimiert! Reanimation heißt im Klartext, der Mensch ist ja schon tot... Es wird nicht abgewogen zwischen Leben erhalten und friedvollem Sterben. OBERSTE Prämisse: Leben erhalten!! Wieso glauben wir Menschen das Recht zu haben, uns ständig in die natürliche Ordnung des Lebenskreislaufs einzumischen?
Ich weiss nicht, ich bin da mittlerweile sehr skeptisch. Die Schweizer sagen, man kann Menschen auch das Sterben erleichtern, wenn sie sterben müssen. Wäre das nicht vielleicht der angenehmere Ansatz? Eine gute Sterbestrategie, schmerzfrei, panikfrei, friedlich. Da gibt es ausreichend Möglichkeiten.
Mittlerweile werden in Europa Frühgeborene in der 22. Schwangerschaftswoche brutal am Leben erhalten, mit zum Teil fatalen Folgen. Wieso betrachtet man dabei nicht etwa die Unwürde, jemandem das natürliche Sterben in Frieden zu verweigern?
Weil die Devise heißt: Leben um jeden Preis.... Sterben auf keinen Fall....
Das Pflegepersonal wird schon seit Jahren bis an die Grenze und darüber hinaus belastet. Und dennoch sind wir/sie aus Sicht der Träger zu teuer, deshalb fehlt auch überall medizinisches Fachpersonal. In Deutschland beträgt die Wartezeit für eine Weiterbildung etwa zur Intensivpflegerin zwei Jahre! Minimum! Wie lächerlich. Und jetzt erhöhen sie aufgrund der Pandemie die Intensivbetten...und zaubern wissendes Personal dazu, oder wie kann man sich das vorstellen?
Niemand will einen geliebten Menschen verlieren, die wenigsten Menschen wollen sterben. Der Kampf ums Überleben ist also wichtig und richtig. Wichtig und richtig wäre es aber auch, einzusehen, dass das Leben endlich ist. Es endet IMMER tödlich.
2. Einzige Konstante ist der Tod
Der Tod, ist die einzige Konstante überhaupt, die mit Sicherheit im Leben irgendwann stattfinden wird.
Den Tod blenden wir aus, obwohl er eine unwiderrufliche, unvermeidbare Tatsache ist. Der Tod beginnt bereits mit unserer Geburt, dazwischen ist das Leben und das endet eben tödlich.
Wir wollen den Tod nicht in unserem Leben haben. Wir wollen ihn verbannen und am besten irgendwie umgehen. Die Kryoniker setzen ihre Hoffnung, auf ein Wiederbeleben in hunderten von Jahren und wollen so dem Tod ein Schnippchen schlagen. In der Hoffnung, dass die Medizin fortgeschritten genug ist, um die in flüssigem Stickstoff gelagerten