Die Frau des Kommissars. Mart Schreiber

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Die Frau des Kommissars - Mart Schreiber


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sich an den ersten Abend, als Antonia Kurt und Anke auffällig unfreundlich bedient hat. Sie hat nicht einmal die Tischkerze angezündet, als Anke danach gefragt hat. Antonias Blick war hasserfüllt. Warum nur?

      „Darf ich dich ganz ehrlich fragen, warum du ihn vor zwei, drei Tagen so böse angesehen hast?“

      Marlies fällt auf, dass Antonia ihrem Blick nicht standhält. Auch schon vorher nicht. Ihre Augen wandern unruhig zur Seite und dann wieder zur Decke. Gleich darauf senkt sie den Kopf.

      „Kann mich nicht erinnern. Aber wenn, dann war das eher wegen der Frau. Die hat mir die ganze Zeit giftige Blicke zugeworfen.“

      „Hm, ist ja nicht so wichtig. Eine Sache noch. Gehst du auch Schifahren?“

      „Ich?“ Antonia zeigt mit dem Finger auf sich.

      „Ich und Schifahren? Wirklich nicht. Ich hasse Kälte und Schnee. Und, ich hab’s nie gelernt.“

      „Ist dir sonst etwas aufgefallen an Kurt und seiner Begleitung?“

      „Ich weiß nicht, ob ich das sagen soll. Es war am Mittwoch, da hat man laute Stimmen aus Kurts Zimmer gehört. Ich glaube, die haben sich heftig gestritten. Kurt ist gegen Mitternacht noch heruntergekommen. Zufällig war ich noch auf. Er hat dann einen Cognac bestellt.“

      „Du bist dran, Antonia.“ Ana steht im Eingang und winkt Antonia zu sich.

      Frische Luft! Marlies hat sich ihre Schijacke übergezogen und geht vor dem Hotel auf und ab. Einzelne Schifahrer kehren ins Hotel zurück. Sie wirken in ihren dicken, bunten Anoraks und mit ihren schwerfälligen Bewegungen wie Wesen von einem anderen Stern. Wegen der klobigen Schischuhe drehen sie den Oberkörper bei jedem Schritt als eine Art Schwungmasse mit. Marlies erkennt niemanden. Vielleicht sind die meisten erst heute angekommen. Ihre Gedanken wandern aber schnell wieder zum Fall, zu ihrem Fall. Mit der Antonia stimmt was nicht. Sie hat nicht einmal bedauert, dass Anke zu Tode gekommen ist oder gebracht wurde. Und sie hat Marlies nicht angesehen, vor allem, wenn die Sprache auf Kurt gekommen ist. Vielleicht ist sie wegen Kurts Frau, die sie sicher kennt, so sauer. Frauen neigen zur Solidarität, wenn es gegen Männer geht, die ihre Ehefrau betrügen. Antonia muss ja auch die Kinder gut kennen. Ein Grund mehr, Kurts Verhalten zu verurteilen. Und dieser Streit? Warum hat sie davon erzählt? Marlies ärgert sich. Sie hätte Antonia noch fragen sollen, ob Kurt etwas darüber gesagt hat. Schließlich sind sie um Mitternacht gemeinsam an der Bar gewesen.

      „Abfahrt. Ich hol noch schnell das Auto vom Parkplatz.“

      Joes Stimme lässt Marlies zusammenzucken.

      Komisch, dass Joe beharrlich schweigt und noch komischer, dass ich nichts frage, denkt Marlies. Sie versucht, all die Details zum Fall ‚Anke‘ in ihrem Kopf zu ordnen. Und vielleicht ergeht es Kurt auch so.

      Liezen, die Bezirksstadt mit ihrem ausladenden Gewerbegebiet entlang der Bundesstraße, haben sie längst hinter sich gelassen, als Kurt ansatzlos zu Marlies sagt: „Jetzt ist aber Schluss mit deinen Ermittlungen.“

      „Ja, okay. Ich hab’s ja versprochen.“

      „Genau.“

      Wieder ist nur das Fahrgeräusch zu hören. Sogar das Autoradio, das sonst immer läuft, bleibt ausgeschaltet.

      So fahren sie eine weitere halbe Stunde dahin.

      Marlies erschrickt, als Joe zu sprechen beginnt.

      „Ich muss kurz austreten. Fahren wir bei der Raststätte Kammern raus. Ein Kaffee wär auch nicht schlecht.“

      „Wie du magst, Joe.“

      Ohne mich würde es gar keinen Fall geben, denkt sie.

      Die Raststätte mit ihrer Konstruktion aus hellem Holz und großen Glasflächen wirkt von außen großzügig und einladend. Über dem Eingang verspricht der große Schriftzug „Landzeit“ Bodenständiges. Kaum ist man durch die automatische Schiebetür getreten, stellt sich Ernüchterung ein. Die Ansammlung an Resopaltischen und Plastikstühlen erinnert Marlies an eine Mensa aus Studienzeiten. Auch der Lärmpegel ist abschreckend. Im linken hinteren Bereich grölt eine Gruppe Jugendlicher. Die Burschen heben die Bierflaschen und versuchen, die Mädchen zu begrapschen und zu küssen. Fünfzehn, sechzehn schätzt Marlies. Joe kommt von der Toilette zurück. Zwei Burschen beginnen zu raufen. Marlies glaubt, dass es um das hellblonde Mädchen mit langen, glatten Haaren geht, das einer der beiden bedrängt hat. Faustschläge, Schreie, Schlichtungsversuche. Einer geht zu Boden und der andere tritt ihn mit den Füßen. Zwei Burschen versuchen ihn zurückzuhalten, aber er schüttelt sie ab.

      Joe ruft: „Sofort aufhören. Polizei.“

      „Des kaun jeda sogn“, gibt einer zurück.

      Joe holt den Dienstausweis aus seiner Geldbörse.

      Er geht zur Gruppe hinüber und präsentiert mit vorgestreckter Hand den Ausweis.

      „Da schaut’s und gebt’s a Ruh jetzt.“

      Es wird sofort still. Die Gruppe drängt zum Ausgang. Den, der am Boden gelegen ist und ein wenig blutet, stützen sie dabei.

      „So.“ Joe setzt sich sichtlich zufrieden hin.

      „Du bist mein Held“, sagt Marlies mit spöttischem Unterton.

      „Was hast du? Du warst im Auto schon so komisch.“

      „Wieso? Nur weil ich einmal nichts rede? Du hast ja auch vor dich hin geschwiegen.“

      „Ich hab nachgedacht.“

      „Ich auch.“

      „Worüber?“

      „Über dasselbe wie du, nehme ich mal an.“

      „Marlies. Du hast mir sehr geholfen, aber jetzt sollte Schluss sein. Haben wir ja schon im Auto geklärt, oder?“

      „Ja, haben wir. Aber du vergisst, dass es diesen Fall ohne mich gar nicht gäbe.“

      „Und das heißt?“

      „Dass du auch ein wenig dankbar sein könntest. Und“, sie lächelt Joe an, „und ich mehr als einen Wunsch frei haben sollte.“

      „Marlies, bitte versteh das. Ich kann dich bei den Ermittlungen nicht brauchen. Du bist keine Polizistin.“

      „Aber gerade deshalb kann ich Dinge herausfinden, die du nie erfahren würdest. Besonders bei den Frauen.“

      Joe schüttelt den Kopf und schaut in die noch halbvolle Kaffeetasse. „Ich mag nicht mehr. Fahren wir.“

      Beim Knoten St. Michael biegt Joe auf die S6 Richtung Leoben ab.

      „Du bist falsch, Joe.“

      „Kleine Überraschung. Wir fahren noch bei Herrn Hankler in Leoben vorbei. Ich habe ihn angerufen und mich angekündigt. Er hat sich sehr überrascht gegeben. Ich habe aber herausgehört, dass ihn Bram schon informiert hat.“

      „Super. Darf ich beim Verhör dabei sein?“

      „Sicher nicht.“

      „Du glaubst doch nicht, dass ich im Auto warte.“

      „Okay. Aber du hältst dich bitte komplett raus.“

      „Kurt Hankler GmbH – Hotelsoftware“ steht auf der unteren, „Familie Hankler“ auf der Glocke darüber. Das graugrüne Haus hat zwei Stockwerke und ist gute zehn Meter breit. Damit gehört es zu den größeren, die an dem kleinen Park mit verkehrsberuhigten Gassen rundum stehen.

      Bevor Joe noch läuten kann, hören sie den Türsummer. „Bitte im Erdgeschoß gleich links“, tönt es aus der Gegensprechanlage. Sie betreten einen Empfangsraum, in dem eine Gruppe schwarzer Lederfauteuils Noblesse vermitteln soll. Die beiden Yucca-Palmen links und rechts der Sitzgruppe sehen aber so kümmerlich aus, dass Marlies sofort zur Gießkanne greifen will. Sie wirft einen Blick durch die rechte offene Tür, die in ein schmuckloses Büro mit drei Schreibtischen führt. Auf den Tischen stehen


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