Jane Eyre. Charlotte Bronte
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LUNATA
Inhalt
Jane Eyre
Eine Autobiographie
© 1847 by Charlotte Brontë
Originaltitel Jane Eyre, An Autobiography
Aus dem Englischen von Maria von Borch
© Lunata Berlin 2020
Erstes Kapitel
Es war ganz unmöglich, an diesem Tage einen Spaziergang zu machen. Am Morgen waren wir allerdings während einer ganzen Stunde in den blätterlosen, jungen Anpflanzungen umhergewandert; aber seit dem Mittagessen – Mrs. Reed speiste stets zu früher Stunde, wenn keine Gäste zugegen waren – hatte der kalte Winterwind so düstere, schwere Wolken und einen so durchdringenden Regen heraufgeweht, daß von weiterer Bewegung in frischer Luft nicht mehr die Rede sein konnte.
Ich war von Herzen froh darüber: lange Spaziergänge, besonders an frostigen Nachmittagen, waren mir stets zuwider: – ein Gräuel war es mir, in der rauen Dämmerstunde nach Hause zu kommen, mit fast erfrorenen Händen und Füßen, – mit einem Herzen, das durch das Schelten Bessie's, der Kinderwärterin, bis zum Brechen schwer war, – gedemütigt durch das Bewußtsein, physisch so tief unter Eliza, John und Georgina Reed zu stehen.
Die soeben erwähnten Eliza, John und Georgina hatten sich in diesem Augenblick im Salon um ihre Mama versammelt: diese ruhte auf einem Sofa in der Nähe des Kamins und umgeben von ihren Lieblingen, die zufälligerweise in diesem Moment weder zankten noch schrieen, sah sie vollkommen glücklich aus. Mich hatte sie davon dispensiert, mich der Gruppe anzuschließen, indem sie sagte, daß es sie tief unglücklich mache, gezwungen zu sein, mich fern zu halten; daß sie mich aber von Vorrechten ausschließen müsse, zu deren Genuß nur zufriedene, glückliche, kleine Kinder berechtigt seien, und daß sie mir erst verzeihen würde, wenn sie sowohl durch eigene Wahrnehmung wie durch Bessie's Worte zu der Überzeugung gelangt sein würde, daß ich in allem Ernst versuche, mir anziehendere und freundlichere Manieren, einen kindlicheren, geselligeren Charakter – ein leichteres, offenherzigeres, natürlicheres Benehmen anzueignen.
»Was sagt denn Bessie, daß ich getan habe?« fragte ich.
»Jane, ich liebe weder Spitzfindigkeiten noch Fragen; außerdem ist es gradezu widerlich, wenn ein Kind ältere Leute in dieser Weise zur Rede stellt. Augenblicklich setzest du dich irgendwo hin und schweigst, bis du freundlicher und liebenswürdiger reden kannst.«
An das Wohnzimmer