Satan und Ischariot III. Karl May

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Satan und Ischariot III - Karl May


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»Aber, Sir, könntet Ihr mir nicht sagen, woher Ihr wißt, was zwischen mir und Mrs. Silverhill geschehen ist? Von dem Augenblicke an, an welchem ich zu ihr kam, bis zur Sekunde ihrer Abreise hat sie mit keinem Menschen, als nur mit mir gesprochen, ihre Indianerin ausgenommen, und doch wart Ihr so gut unterrichtet!«

      »Das ist mein Geheimnis, Mister Jeffers. Die Polizei muß eben, wenn sie etwas taugen will, zuweilen ein wenig allwissend sein.«

      »Und dann, könntet Ihr nicht einmal nach Mrs. Silverhills Wohnung gehen? Sie sagte doch, daß Old Shatterhand sie dort überrascht habe. Darum floh sie schnell. Sie hat zugeschlossen. Ich schätze, daß der Mann nun eingesperrt ist und nicht heraus kann.«

      »Macht Euch keine Sorge um den! Ein Prairiemann läßt sich nicht so leicht einsperren. Und wenn es ja einmal geschieht, so weiß er ganz genau, wie er es anzufangen hat, wieder an die schöne Atmosphäre zu kommen.«

      Ich ging, sehr befriedigt von den Erfolgen meiner Nachforschungen. Wir hatten geglaubt, längere Zeit in New Orleans bleiben zu müssen, und nun stellte es sich heraus, daß wir gezwungen waren, der Stadt sofort den Rücken zu kehren.

      Es ist bekannt, daß man in den Vereinigten Staaten in jedem größeren Hotel Eisenbahnbillets nach allen Richtungen bekommen kann. Als ich jetzt in das unserige zurückkehrte, war es mein erstes, nach den Abfahrtszeiten zu sehen. Wir mußten natürlich auch nach Gainesville und hatten noch volle zwei Stunden Zeit bis zur Abfahrt des betreffenden Zuges. Das war Zeit genug, mich mit meinen beiden Gefährten vorher zu verständigen.

      Diese freuten sich ebenso wie ich mich darüber, daß ich die Spur der Gesuchten entdeckt hatte, und weder Winnetou noch Emery zweifelten daran, daß es die richtige Fährte sei. Wäre ich allein gewesen, so hätte ich derselben nicht so schnell folgen können, denn zu einer Fahrt nach Gainesville gehörte mehr Geld, als ich dazu hätte aufwenden können; dem Millionär Emery aber war das eine Kleinigkeit, und der Apatsche brauchte nur in seinen Gürtel zu greifen, um einige Nuggets gegen gutes Geld umzuwechseln; ich, der Proletarier, wurde von beiden so mit durchgeschleppt. – – –

      Im Todesthale

      Es fiel uns nicht ein, irgend einem Menschen zu melden, daß wir abzureisen beabsichtigten. Zur gegebenen Zeit – es war gerade finster geworden – saßen wir im Waggon und rollten auf der rechten Seite des Missisippi und dann des Red River Shreveport entgegen, welches wir mit Tagesanbruch erreichten. Dort gab es Anschluß von Jackson und Vicksburg über Monroe herüber, und nach unserer Berechnung mußte die Jüdin mit diesem Zuge kommen.

      Wir saßen im Restaurationswagen und waren darauf gespannt, ob sie in den Zug steigen werde. Da sie mich und Winnetou kannte, setzten wir uns so, daß sie uns, wenn sie den Wagen betrat, nicht gleich sehen konnte. Emery aber brauchte sich nicht zu verbergen. Er ging, als der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, die andern Wagen durch und meldete, als er zurückkehrte, in ganz zufriedenem Tone:

      »Sie ist da, sitzt in dem vorletzten Wagen.«

      »Irrst du dich nicht?«

      »Kann mich nicht irren. Schönes Frauenzimmer mit dem Typus von Israel; daneben eine Indianerin; Gepäck ein kleiner Koffer und eine Tasche; dabei einfacher Hut und grauer Mantel, wie du gesagt hast. Was thun wir mit Ihr?«

      »Fahren lassen.«

      » Well! Aber es wäre doch besser, wenn wir sie zurückhalten könnten!«

      »Nein. Mit dem Weibe haben wir doch eigentlich nichts zu schaffen; wir wollen nicht sie, sondern die Meltons haben.«

      »Die will sie doch warnen!«

      »Das kann sie nicht, denn wir kommen ihr zuvor. Es versteht sich doch von selbst, daß wir Albuquerque viel eher erreichen, als sie.«

      »Sollte man denken. Doch weiß man vorher nie, was geschehen kann. Halten wir sie lieber zurück!«

      »Wie wolltest du sie denn zurückhalten?«

      »Durch einen Sheriff.«

      »Der würde uns mit behalten müssen und damit wäre gar nichts gebessert. Es ist klar, daß sie von Gainesville aus hinauf nach Neumexiko will. Sie hat sicher keine Ahnung, wie kühn, ja wie verwegen dies Unternehmen ist. Man möchte meinen, daß sie unterwegs zu Grunde gehen muß. Wir aber kennen uns aus. Wir werden in Gainesville uns Pferde kaufen und einen Ritt hinauf in die Berge machen.«

      »Aber vielleicht haben wir uns mit den Komantschen oder Kioways herumzuschlagen!«

      »Schadet nichts. Das verkürzt die Zeit.«

      Da wies Winnetou mich zurecht:

      »Mein Bruder mag das nicht sagen! Die Komantschen kommen oft nach Norden bis zur Straße nach Santa F6. Winnetou aber fürchtet sie nicht, obgleich sie seine Todfeinde sind; aber wenn wir so schnell nach Albuquerque wollen, haben wir keine Zeit, uns mit ihnen herumzuschlagen.«

      Ich schwieg, denn er hatte die Wahrheit gesagt. Später ging Emery wiederholt nach dem vorletzten Wagen. Er fand die Jüdin immer schlafend. Sie schien die letzte Nacht im Fahren durchwacht zu haben.

      In Dallas mußte umgestiegen werden. Das war eine schwierige Sache, da wir uns vor Judith nicht sehen lassen wollten. Sie hätte leicht auf den Gedanken kommen können, uns auf der Strecke nach Sherman zu entweichen. Es gelang uns, unbemerkt zu bleiben, auch später, als wir in Denton noch einmal umsteigen mußten. Von da an war der Bahnkörper noch neu; es wurde langsam und vorsichtig gefahren, und so kamen wir erst, als es fast dunkel war, nach Gainesville, dem Endpunkte der Bahn.

      Wir warteten, bis die Jüdin mit ihrer Zofe ausgestiegen war, und verließen dann auch den Wagen. Sie hatte uns bis jetzt noch nicht gesehen. Gainesville war damals ein trauriger Ort. Die Gebäude waren nicht Häuser, sondern Hütten zu nennen. Auf der Station gab es keine Unterkunft, und der Ort hatte nur zwei sogenannte Hotels, aber sie wurden eben auch nur so genannt; eine deutsche Dorfkneipe mußte dagegen ein Paradies genannt werden. Wir sahen unsern Flüchtling in dem besser aussehenden Hotel verschwinden. Das bessere Aussehen hatte seinen Grund freilich nur darin, daß es um ein Fenster breiter war als das andere Hotel; es hatte deren drei. Wir gingen auch hinein.

      Im Innern war es so dunkel, daß wir nichts sahen. Es brannte kein Licht; draußen herrschte bereits tiefe Dämmerung, und ihr verschwindender Schein vermochte nicht, durch den Schmutz der winzigen Fensterscheiben zu dringen.

      Von der Seite her vernahmen wir Stimmen; das mochte in der Küche sein, und dort schien auch ein Licht, wenn auch nur ein kleines Talglicht. Eine Männerstimme sagte:

      » All right! Ist alles schon vorgesehen. Werde gleich Licht nach dem Salon bringen.«

      Leichte Schritte kamen von dorther und wurden in unserer Nähe still. Hatte die Jüdin mit dem Wirte gesprochen? War das der Fall, so saß sie jetzt wieder in der Stube, welche von dem Wirte Salon genannt worden war. Wir tasteten uns vorwärts und kamen an eine Tafel, an welcher eine Bank stand. Beide, Tafel und Bank, waren, das fühlten wir, aus roh gehobelten Brettern zusammengezimmert. Wir setzten uns nieder.

      Da kam der Wirt und brachte eine Lampe, welche er auf die Tafel stellte. Sie beleuchtete uns.

      »Halloh, da sind ja noch andere Gäste!« rief er aus. »Willkommen, Gentlemen! Werdet ihr heut hier im Hotel bleiben? Delikates Essen, gute Betten und sehr niedrige Preise.«

      »Werden sehen,« antwortete Emery. »Habt Ihr Bier?

      »Und was für welches! Echt englisches Porter.«

      »So gebt drei Flaschen! Schmeckt uns dieser Göttertrank aber nicht, so trinkt Ihr ihn selber.«

      »Sollte mir lieb sein; werde aber nicht zu diesem Genusse kommen.«

      Inzwischen hatte ich einen andern Genuß, der viel größer war als der seines jedenfalls schlechten Gerstenabsudes. Als er das Licht brachte, sah ich, daß an der Tafel nicht nur die Bank stand, welche wir eingenommen hatten, sondern es befand sich auf der andern Seite eine zweite, und auf dieser saß – Judith mit ihrer Indianerin! Welche Gesichter die beiden machten, als sie mich sahen! Kein Maler hätte die Verblüffung


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