Weihnacht von Karl May. Karl May

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Weihnacht von Karl May - Karl May


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hm, weil – – –«

       »Nun – – weil – – –? Heraus damit!«

       »Weil – – weil – – na, ich will es dir also sagen: Weil der Kerl dann hinüberfahren und sich

       für mich ausgeben könnte, um mich zu beerben.«

       »Alle Donner! Carpio, bist du verrückt?«

       »Nein. Grad dieses mein Verhalten muß dir beweisen, daß ich im Gegenteile ganz bei Sinnen,

       sogar ganz bei Scharfsinn bin.«

       »Das bist ganz du! Bei dir wird eben alles zum Roman! Wer das thäte, was du sagtest, der wär

       ein Halunke!«

       »Halunken giebt's genug!«

       »Er müßte falsche Papiere haben!«

       »Falsche Papiere giebt's genug!«

       »Und ein ungeheurer Lügner sein!«

       »Lügner giebt's genug!«

       »Er müßte auch dich und eure Verhältnisse kennen!«

       »Solche Kenner giebt's genug! Du siehst, daß du mich mit deinen Gegengründen nicht zu

       schlagen vermagst. Nein, nein, eine solche Erbschaft laß ich mir nicht wegschnappen! Du

       mußt nämlich wissen, daß mein Verwandter in einer Gegend wohnt, die ein wahres Eldorado

       ist!«

       Aha! Das war ja der erste Blitz! Ich war überzeugt, daß er nun nicht eher einschlafen könne,

       als bis er auch die beiden andern Blitze losgelassen hatte.

       »Hast du es gehört?« fragte er.

       »Ja.«

       »Ein wahres Eldorado ist es.«

       »Falsch!«

       »Falsch? Wieso?«

       »Es muß heißen: ein wahres Dorado. El ist der Artikel.«

       »Was geht mich der Artikel an, wenn nur die Sache richtig ist! Du weißt doch, was Eldorado

       bedeutet?«

       »Ja.«

       »Ein Land voll lauter Gold und Edelsteinen. Da kannst du dir denken, daß mein Verwandter

       Millionär ist!«

       Millionär – – zweiter Blitz!

       Da ich nicht antwortete, fragte er nach einer Weile:

       »Schläfst du schon?«

       »Nein, aber ich möchte schlafen!«

       »So warte nur noch einen Augenblick! Ich muß dir nämlich sagen, daß mein Verwandter

       keine Verwandten hat.«

       »Nicht? Wenn er dein Verwandter ist, hat er doch welche!«

       »Wen denn?«

       »Dich und deine Familie.«

       »Ach so – – richtig! Wir sind aber auch seine einzigen Verwandten. Weißt du, was daraus

       folgt?«

       »Nun, was?«

       »Daß wir uns als seine Universalerben zu betrachten haben. Hast du das verstanden?«

       Universalerben – – dritter Blitz. Jetzt waren alle drei heraus, und nun ließ er mich

       wahrscheinlich schlafen.

       »Das habe ich verstanden,« antwortete ich. »Aber etwas anderes kann ich nicht verstehen.«

       »Was?«

       »Daß du mich als deinen einzigen wahren Freund betrachtest und doch gegen mich dasselbe

       Schweigen bewahrst wie gegen alle andern männlichen Personen deines Alters.«

       »Das thue ich nur dir zuliebe.«

       »Wieso?«

       »Du bist ein braver, ehrlicher Kerl, und grad darum möchte ich dich vor Versuchungen

       bewahren.«

       »Unsinn!«

       »Höre, das ist kein Unsinn! Wenn in einem Eldorado ein Millionär wohnt, dessen

       Universalerbe man werden kann, so ist das eine so ungeheure Versuchung, daß selbst der

       treueste Busenfreund in Gefahr steht, ihr zu erliegen. Du bist mir lieber als alle andern

       Menschen, die ich kenne; aber grad diese Liebe ist der Grund, daß ich dich auch vor der

       kleinsten Versuchung bewahren will!«

       »So bewahre mich also, und sei still. Gutenacht!«

       »Schlaf wohl!«

       Es verging wieder eine Weile; da fragte er:

       »Bist du noch wach?«

       »Nein; ich schlafe!«

       »So muß ich dir doch noch eins sagen, nur noch eins. Es ist mir nämlich eben jetzt eingefallen

       daß – –«

       »Du hast dir jetzt gar nichts mehr einfallen zu lassen!« unterbrach ich ihn. »Ich will

       schlafen!«

       »Aber es ist ganz kurz!«

       »Kurz oder nicht; das ist ganz egal! Wenn du mich nicht in Ruhe lässest, so lange ich mir

       einen Schinken von da oben herunter und werfe ihn dir an den Kopf!«

       »Thue das, lieber Sappho! Ich hänge ihn gewiß nicht unangeschnitten wieder hinauf, denn ich

       habe Hunger, riesigen Hunger. Er ist gekommen wie ein gewappneter Mann und geht wie ein

       brüllender Löwe in meinem Bette um!«

       »Ach, wenn du brüllende Löwen im Bette hast, so bin ich ja gerettet!«

       »Gerettet? Wie meinst du das?«

       »Da hast du so mit diesen Bestien zu thun, daß du dich nun wohl nicht mehr mit mir

       beschäftigen wirst.«

       »Na, wenn dich ihr Gebrüll nicht aufweckt, so magst du ruhig schlafen. Ich werde dich nicht

       mehr molestieren!«

       Er hielt Wort; ich schlief ein, wurde aber nach ungefähr einer halben Stunde wieder

       aufgeweckt, denn ich hörte ihn ängstlich rufen:

       »Sappho, Sappho, wach auf! Wach auf, und nimm mich herunter! Schnell, schnell!«

       Die Stimme kam nicht von seinem Bette, sondern aus einer andern Gegend her; es klang wie

       von oben herab.

       »Wo bist du denn?« fragte ich.

       »Ich hänge hier oben!«

       »Wo denn?«

       »An der Wurst. Mach nur Licht! So lange kann ich mich schon noch halten. Der Stuhl ist

       umgestürzt.«

       Er hing an einer Wurst! Ich sagte lachend:

       »Aber, Mensch, wenn man das Leben auch noch so überdrüssig hat, braucht man sich doch

       nicht grad an eine Wurst zu hängen!«

       »Mach keine dummen Witze, sondern beeile dich, sonst reißt die Schnur; obgleich sie

       vierfach ist!«

       »Was?« fragte ich. »Die Wurst hängt gar an einer vierfachen Schnur?«

       »Die Wurst nicht, sondern ich!«

       »Ist sie noch oben?«

       »Ja, beide sind wir noch da! Hilf mir herunter!«

       Jetzt brannte das Licht, und ich konnte die Situation überblicken. Er hing wirklich an einer

       Wurst, oder vielmehr nicht an, sondern neben derselben. Unter ihm lag das ausgebreitete

      


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