Ingénue. Александр Дюма

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Ingénue - Александр Дюма


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bei Mesdames; Mably beim Cardinal von Tencin; Champfort beim Prinzen von Condé; Thuliers bei Monsieur; Laclos, Frau von Genlis und Brissot beim Herzog von Orleans? Was fände sich also dabei Erstaunliches, daß ich auch bei Einem von allen diesen großen Herren wäre? obschon ich ein wenig mehr, als alle diejenigen, welche ich so eben genannt habe, werth zu sein behaupte.«

      »Die Entlassung des Ministers ist also nach Ihrer Meinung gewiß?«

      »Officiell»sage ich Ihnen.«

      »Und wer kommt an seine Stelle?« fragten mehrere Stimmen.

      »Wer? Bei Gott! der Genfer, wie der König sagt; der Charlatan, wie die Königin sagt; der Banquier, wie die Prinzen sagen, und der Vater des Volks, wie dieses arme Volk sagt, das Jedermann seinen Vater nennt, gerade weil es keinen Vater hat.«

      Und das Lächeln eines Verdammten verzerrte den Mund des Redners.

      »Sie sind also nicht für Herrn von Necker?« fragte schüchtern eine Stimme.

      »Ich? doch, im Gegentheil . . . Pest! ein Land wie Frankreich braucht Männer wie Herrn Necker! Welchen Triumph bereitet man ihm auch! welche Allegorien verspricht man ihm! Ich habe gestern eine gesehen, wo er den Ueberfluß zurückbringt, und wo die bösen Geister bei seinem Anblicke fliehen; man hat mir heute eine andere gezeigt, wo er unter der Form eines aus einer Scheune hervorkommenden Flusses dargestellt ist. Ist sein Portrait nicht überall, an den Straßenecken, auf den Tabaksdosen, auf den Rockknöpfen? spricht man nicht davon, man wolle eine Straße durchbrechen, welche an die Banque gehen und die Rue Necker heißen wird? hat man nicht schon zwölf Münzen ihm zu Ehren geschlagen, fast so viel als für den Großpensionär de Witt, der gehenkt worden ist! – Ob ich für Herrn Necker bin? ich glaube wohl! Es lebe der König! es lebe das Parlament! es lebe Herr Necker!«

      »Sie behaupten also, Herr Necker sei zum Minister an der Stelle von Herrn von Brienne ernannt worden?« sagte mitten unter der Menge eine Stimme, deren Frage wie eine Drohung klang, und die Aller Augen auf denjenigen, welcher gesprochen, zog.

      Bemerken wir sogleich, daß der zweite Mann, der seinen Theil an der öffentlichen Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen zu wollen schien, derselben nicht minder würdig war, als der, welchem er sich gegenüber stellte.

      Ganz das Gegentheil vom Ersten, der sein Widersacher werden sollte, wenn er nicht sein Freund wurde, war der Zweite, mit einer Art von Sorgfalt gekleidet und besonders merkwürdig durch die Feinheit und die Weiße seiner Wäsche, ein fünf Fuß acht Zoll hoher Coloß, jedoch mit vollkommenem Ebenmaße in allen Theilen seiner herculischen Gestalt. Man hätte glauben können, es sei eine Statue der Stärke, welche vollkommen gelungen, mit Ausnahme der Stelle des Gesichtes, wo die Form dem Erze entgangen zu sein schien: in der That sein ganzes Gesicht, – ein ungestaltetes Gesicht, – war nicht gezeichnet, nicht ausgehöhlt, sondern durchwühlt von den Pocken. Es schien, als wäre ihm ein mit geschmolzenem Blei gefülltes Instrument vor dem Gesichte zersprungen, als hätte ihm eine Chimäre mit dem Feuerathem ins Antlitz geblasen; es war für diejenigen, welche ihn anschauten und es versuchten, das Facies eines Menschen mit seinen gleichsam angelegten Zügen wiederaufzubauen, eine peinliche Entwickelung, eine mühsame Classificirung: die Nase war eingedrückt, das Auge kaum sichtbar, der Mund groß; dieser Mund ließ lächelnd eine doppelte Reihe von elfenbeinweißen Zähnen sehen und war, wenn er sich schloß, bedeckt mit zwei Wülsten voll Dreistigkeit und Sinnlichkeit; es war eine in den Händen Gottes beim Uebergange vom Löwen zum Menschen unterbrochene Anlage; es war eine unvollkommene, aber energische, unvollständige, aber furchtbare Schöpfung.

      Das Ganze bildete eine erstaunliche Concentrirung von Leben, Fleisch, Knochen, Kraft, Blindheit, Dunkelheit und Schwindel.

      Sieben bis acht Personen befanden sich zwischen diesen zwei Männern; sie zogen sich sogleich zurück, als hätten sie bei ihrer Berührung zermalmt zu werden befürchtet; so daß sie einander gegenüberstanden, ohne irgend ein Hinderniß zwischen ihnen, der Riese gegen den Zwerg die Stirne faltend, und der Zwerg gegen den Riesen lachend.

      In einer Secunde waren Bertin, Parny, Florian, Rivarol, Champcenetz aus den Augen der Menge verschwunden, deren Aufmerksamkeit sich bei diesen zwei Männern concentrirte, die ihr doch völlig unbekannt.

      Das war die Epoche der Wetten, denn die englischen Moden waren in Frankreich im Gefolge des Herzogs von Orleans und der Elegants des Hofes eingefallen; augenscheinlich konnte der Eine von diesen zwei Männern den Andern zerbrechen, wenn er nur seine Hand auf ihn fallen ließ: nun wohl! hätte ein Kampf zwischen ihnen stattfinden sollen, so wären eben so viel Wetten für den Einen als für den Andern gemacht worden; die Einen hätten für den Löwen gewettet, die Anderen für die Schlange, die Einen für die Stärke, die Anderen für das Gift.

      Der Riese wiederholte seine Frage unter dem fast feierlichen Stillschweigen, das eingetreten war.

      »Sie behaupten also, Herr Necker sei zum Minister an der Stelle von Herrn von Brienne ernannt worden?« sagte er.

      »Das versichere ich.«

      »Und Sie freuen sich über diese Veränderung?«

      »Bei Gott!«

      »Nicht weil sie den Einen erhebt, sondern weil sie den Andern vernichtet, und weil in gewissen Augenblicken vernichten gründen heißt, nicht wahr?«

      »Es ist erstaunlich, wie Sie mich verstehen, Bürger!«

      »Sie sind also der Freund des Volkes?«

      »Und Sie?«

      »Ich bin der Feind der Großen!«

      »Das kommt auf Eins heraus.«

      »Um das Werk anzufangen, ja . . . doch nicht, um es zu beendigen.«

      »Sind wir einmal hierbei, so werden wir sehen.«

      »Wo speisen Sie heute zu Mittag?«

      »Mit Dir, wenn Du willst.«

      »Komm, Bürger.«

      Nach diesen Worten näherte sich der Riese dem Zwerge und reichte ihm einen eisernen Arm, an welchen sich der Zwerg hing.

      Sodann, ohne sich weiter um die Menge zu bekümmern, als ob die Menge gar nicht existirt hätte, entfernten sich Beide mit großen Schritten und liefen die Neuigkeitsliebhaber unter dem Baume von Krakau die Nachricht commentiren, die man ihren politischen Appetiten als Futter preisgegeben hatte.

      Am Ende des Palais-Royal und unter den Arcaden angelangt, welche zum Schauspiel-Saale der Variétes führten, – der da lag, wo heute das Théatre-Francais ist, —begegneten die neuen Freunde, die sich ihre Namen noch nicht genannt hatten, einem ganz zerlumpten Manne, der mit Billets am Tage und mit Contremarquen am Abend handelte.

      Man spielte in diesem Augenblicke im Theater der Varietes ein sehr besuchtes Stück, betitelt: Arlequin, Kaiser im Monde.

      »Herr Danton,« sagte der Billethändler zu dem Größeren von den beiden Männern »Bordier spielt heute Abend; wollen Sie eine gute, wohl verborgene kleine Loge, in die man eine hübsche Frau führen, und man sehen kann, ohne gesehen zu werden?«

      Danton stieß ihn aber mit der Hand zurück, ohne zu antworten.

      Da machte der Billethändler die Runde um Beide, wandte sich an den Kleineren und sagte:

      »Bürger Marat, wollen Sie einen Platz auf dem Parterre? Sie werden dort mitten unter trefflichen Patrioten sein! Bordier gehört zu den Guten.«

      Marat stieß ihn aber, ohne zu antworten, mit dem Fuße zurück.

      Der Billethändler entfernte sich brummend.

      »Ah! Herr Hébert,« sagte ein Straßenjunge, der mit den Augen das Billetpäckchen, das der Händler in seiner Hand hielt, verschlang; »ah! Herr Hébert, schenken Sie mir ein Amphitheater-Billetchen.«

      So wurde am 24. August 1788 der Advocat Danton dem Arzte vom Marstalle des Grafen von Artois, Marat, durch den Contremarquenhändler Hébert vorgestellt.

       IV

      Bei Danton

      Während Rivarol Champcenetz, ohne daß dieser ihm antworten


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