Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

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Tausend und Ein Gespenst - Александр Дюма


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sie blieb.

      VII.

      Albert

      Wie bei der ersten Unterbrechung der Erzählung des Herrn Ledru entstand ein Augenblick des Schweigens.

      Ein noch mehr als das erste Mal geehrtes Schweigen, denn man fühlte, daß man sich dem Ende der Geschichte nähere, und Herr Ledru hatte gesagt, daß er vielleicht nicht die Kraft haben würde diese Geschichte zu endigen.

      Aber fast sogleich begann er wieder.

      Drei Monate waren seit diesem ersten Abende verflossen, an welchem die Rede von der Abreise Solanges gewesen war, und seit diesem Abende war kein Wort von Trennung ausgesprochen worden.

      Solange hatte eine Wohnung in der Straße Taranne gewünscht. Ich hatte sie unter dem Namen Solange gemiethet; ich kannte keinen andern von ihr, wie sie keinen andern als Albert von mir kannte. Ich hatte sie in eine Erziehungsanstalt junger Mädchen als Unterlehrerin eintreten lassen, und das, um sie weit sicherer den Nachforschungen der Revolutionspolizei zu entziehen, die weit thätiger als jemals geworden war.

      Die Sonntage und die Donnerstage brachten wir mit einander in dieser kleinen Wohnung der Straße Taranne zu; von dem Fenster des Schlafzimmers aus sahen wir den Platz, auf welchem wir einander zum ersten Male begegnet waren.

      Jeden Tag empfingen wir einen Brief, sie unter dem Namen Solange, ich unter dem Namen Albert.

      Diese drei Monate waren die glücklichsten meines Lebens gewesen.

      Ich hatte indessen nicht auf diesen Plan verzichtet, den ich in Folge meiner Unterhaltung mit dem Knechte des Scharfrichters gefaßt hatte.

      Ich hatte die Erlaubniß verlangt und erhalten, Versuche über die Fortdauer des Lebens nach der Hinrichtung anzustellen, und diese Versuche hatten mir bewiesen, daß der Schmerz die Hinrichtung überlebte und schrecklich sein müßte.

      – Ah! dem widerspreche ich! rief der Doctor aus.

      – Sagen Sie an, begann Herr Ledru wieder, werden Sie leugnen, daß das Beil an dem Orte unseres Körpers trifft, welcher wegen der Nerven, die dort vereinigt sind, am Empfindlichsten ist? Werden Sie leugnen, daß der Hals alle Nerven der oberen Glieder enthält; den Nervus sympathicus, den Vagus, den Phremius, endlich das Rückenmark, aus denen alle Nerven entspringen, welche den untern Gliedern angehören? Werden Sie leugnen, daß die Brechung, daß die Zerschmetterung der knochigen Wirbelsäule einen der gräßlichsten Schmerzen hervorbringen muß, welche ein menschliches Geschöpf zu empfinden vermag?

      – Es sei, sagte der Doctor; aber dieser Schmerz dauert nur einige Sekunden.

      – O! dem widerspreche ich nun meinerseits, lief Herr Ledru mit inniger Ueberzeugung aus, und dann, wenn er auch nur einige Sekunden dauern sollte, so bleiben wahrend dieser wenigen Sekunden das Gefühl, die Persönlichkeit, das Ich lebendig; der Kopf hört, sieht, fühlt und beurtheilt die Trennung von seinem Dasein, und wer vermag zu sagen, ob die kurze Dauer des Leidens den gräßlichen Schmerz dieses Leidens ausgleichen kann.1

      – Nach Ihrer Meinung war also die constituirende Versammlung, welche die Guillotine an die Stelle des Galgens hat treten lassen, in einem menschenfreundlichen Irrthume, und es wäre besser, gehangen als enthauptet zu werden?

      – Ohne allen Zweifel, viele sind gehangen oder gehangen gewesen, die wieder in das Leben zurückgekehrt sind. – Nun! diese haben die Empfindung schildern können, welche sie empfunden haben. – Es ist die eines Schlagflusses, – das heißt eines tiefen Schlafes ohne irgend einen besonderen Schmerz, ohne irgend das Gefühl irgend einer Angst, eine Art von Flamme, die vor den Augen sprüht, und die allmählig sich in eine blaue Farbe, dann in Dunkelheit verwandelt, wenn man in Ohnmacht fällt. Und in der That, Doctor, Sie wissen das besser als irgend Jemand. Der Mensch, dessen Gehirn man mit dem Finger an einer Stelle drückt, wo ein Stück des Schädels fehlt, dieser Mensch empfindet keinen Schmerz, nur schläft er ein. Nun denn! dasselbe Phänomen ereignet sich, wenn das Gehirn durch eine Aufhäufung des Blutes zusammengedrückt ist. – Nun aber häuft sich bei den Gehangenen das Blut auf, zuvörderst, weil es durch die Adern des Rückgrates in das Gehirn dringt, welche, da sie durch die knochigen Kanäle des Halses gehen, nicht zusammengedrückt werden können, und dann, weil es, indem es wieder durch die Adern des Halses zurückzuströmen sucht, durch die Bande aufgehalten wird, welche den Hals und die Adern zuschnüren.

      – Es sei, sagte der Doctor, aber lassen Sie uns auf die Versuche zurückkommen. Es drängt mich, zu diesem merkwürdigen Kopfe zu kommen, der gesprochen hat.

      Ich glaubte einen Seufzer aus der Brust des Herrn Ledru entschlüpfen zu hören. – Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, denn es war gänzlich stacht. —

      – Ja, sagte er, ich komme in der Thal von meinem Gegenstand ab, Doctor kommen wir auf meine Versuche zurück.

      Unglücklicher Weise fehlten die Gegenstände dazu nicht.

      Wir waren in der Zeit, wo die meisten Hinrichtungen stattfanden, man guillotinirte dreißig bis vierzig Personen täglich, und es floß eine so große Masse von Blut auf dem Revolutionsplatze, daß man genöthigt gewesen war, einen drei Fuß tiefen Graben um das Schaffot herum anzubringen.

      Dieser Graben war mit Brettern zugedeckt.

      Eines dieser Bretter drehte sich unter dem Fuße eines Kindes von acht bis zehn Jahren, das in diesen abscheulichen Graben fiel und darin ertrank.

      Es versteht sich von selbst, daß ich mich wohl hütete, Solange zu sagen, womit ich mich am Tage, wo ich sie nicht sah, beschäftigte; übrigens muß ich gestehen, daß ich Anfangs einen so heftigen Widerwillen gegen diese armen menschlichen Ueberreste empfand, daß mich der nachträgliche Schmerz, welchen meine Versuche vielleicht der Hinrichtung hinzufügten erschreckte. – Aber am Ende hatte ich mir gesagt, daß die Studien, denen ich mich hingab, der ganzen menschlichen Gesellschaft zum Nutzen gereichen könnten, weil, wenn es mir jemals gelänge, meine Überzeugungen einer Versammlung von Gesetzgebern theilen zu lassen, es mir vielleicht gelingen würde, die Todesstrafe abschaffen zu lassen.

      In dem Maße, als meine Versuche Resultate lieferten, schrieb ich sie in einer Denkschrift nieder,

      Nach Verlauf von zwei Monaten hatte ich über die Fortdauer des Lebens nach der Hinrichtung alle die Versuche angestellt, welche man machen kann. Ich beschloß, diese Versuche mit Hilfe des Galvanismus und der Electricität noch weiter zu treiben, wenn es möglich wäre.

      Man überließ mir den Friedhof von Clamart, und stellte alle Köpfe und alle Leichen der Hingerichteten zu meiner Verfügung.

      Man hatte eine kleine Kapelle, welche in der Ecke des Friedhofes erbaut war, für mich in ein Laboratorium umgewandelt. Wie Sie wissen, verjagte man Gott aus seinen Kirchen, nachdem man die Könige aus ihren Palästen verjagt hatte.

      Ich hatte dort eine Electrisirmaschine und drei bis vier jener Instrumente, welche man Auslader (electrische Flaschen) nennt.

      Gegen fünf Uhr langte der schreckliche Leichenwagen an. Die Leichen befanden sich bunt durcheinander auf dem Karren, die Köpfe bunt durcheinander in einem Sacke.

      Ich nahm auf den Zufall hin ein bis zwei Köpfe und ein bis zwei Leichen; die übrigen warf man in die gemeinsame Gruft.

      Am folgenden Tage wurden die Köpfe und die Leichen, an denen ich am Tage zuvor Versuche angestellt hatte, den neuesten Transporten hinzugefügt. Mein Bruder half mir fast immer bei diesen Versuchen.

      Unter diesen Berührungen mit dem Tode, wuchs meine Liebe für Solange mit jedem Tage. Das arme Kind liebte mich ihrer Seits mit aller Kraft ihres Herzens.

      Sehr oft hatte ich daran gedacht, sie zu meiner Gattin zu machen, sehr oft hatten wir das Glück einer solchen Verbindung ermessen; aber, um meine Gattin zu werden, mußte Solange ihren wahren Namen nennen, und ihr Name, der Name eines Ausgewanderten, eines Aristokraten, eines Geächteten, hatte den Tod im Gefolge.

      Ihr Vater hatte ihr verschiedene Male geschrieben, um ihre Abreise zu beschleunigen, aber sie hatte ihm unsere Liebe gestanden. Sie hatte ihn um seine Einwilligung zu unserer Verheirathung


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<p>1</p>

Wir verweilen nicht bei einem solchen Gegenstande, um mit kaltem Blute das Gräßliche zu schildern, aber es scheint uns, daß in dem Augenblicks, wo man sich ernstlich mit Abschaffung der Todesstrafe beschäftigt, eine solche Abhandlung nicht überflüssig sein mögte.