Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма

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Zwanzig Jahre nachher - Александр Дюма


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      Zwanzig Jahre nachher

      Erstes bis drittes Bändchen

       I

      Das Gespenst von Richelieu

      In einem Zimmer des uns bereits bekannten Palais Cardinal saß an einem mit Papieren und Büchern beladenen Tische mit Ecken von Vermeil ein Mann, den Kopf in seine zwei Hände gestützt.

      Hinter ihm war ein weiter Kamin, roth von einem Feuer, dessen Brände auf großen vergoldeten Feuerböcken zusammensanken. Der Glanz der Flammen beleuchtete von hinten das prachtvolle Genwand diesen Träumers, den das Licht eines mit Kerzen beladenen Candelabers von vorne bestrahlte.

      Beim Anblick dieser rothen Simarre und dieser reichen Spitzen, dieser bleichen, unter dem Nachsinnen gebeugten Stirne, der Einsamkeit diesen Cabinets, bei der Stille in den Vorzimmern und dem abgemessenen Tritte der Wachen auf der Flur, hätte man glauben können, der Schatten den Cardinal von Richelieu weile noch in diesem Gemach.

      Ach! es war allerdings nur der Schatten des großen Mannes. Das geschwächte Frankreich, das gesunkene Ansehen des Königs, die entkräfteten oder aufrührerischen Großen, der Feind, welcher die Grenzen des Landen überschritten hatte, Alles bewies, daß Richelieu nicht mehr war.

      Was aber noch mehr zum Beweise diente, als Alles dieß, daß die rothe Simarre keineswegs die des alten Cardinals sein konnte, das war diese Vereinzelung, welche, wie gesagt, mehr die einen Gespenstes, als eines Lebendigen zu sein schien, das waren die von Höflingen leeren Fluren, die von Wachen vollen Höfe, das war das spöttische Gefühl, welches von der Straße heraufkam und durch die Scheiben diesen von dem Hauche einer ganzen gegen den Minister verbundenen Stadt erschütterten Zimmers drang; das war endlich das entfernte und unablässig erneute Geräusch von Schüssen, welche zwecklos und erfolglos abgefeuert wurden, nur um den Garden, den Schweizern, den Musketieren und den Soldaten, welche das Palais Royal umgaben, denn das Palais Cardinal hatte selbst seinen Namen verändert, zu zeigen, daß das Volk auch Waffen besitze.

      Dieses Gespenst von Richelieu war Mazarin.

      Mazarin aber war allein und fühlte sich schwach.

      »Fremder!« murmelte er, »Italiener! das ist ihr großen Wort. Mit diesem Worte haben sie Concini ermordet, aufgehängt, verschlungen. Und wenn ich sie machen ließe, würden sie mich ermorden, hängen, verschlingen, wie Jenen. obgleich ich ihnen nie etwas anderes Böses zugefügt habe, als daß ich ein wenig Geld auspreßte. Die Dummköpfe, sie fühlen nicht, daß ihr Feind nicht dieser Italiener ist, der schlecht Französisch spricht, sondern vielmehr diejenigen, welche das Talent haben, ihre schönen Worte mit einem so reinen und guten Pariser Accent vorzubringen.«

      »Ja, ja,« fuhr der Minister mit seinem feinen Lächeln fort, welches dießmal seltsam auf seinen bleichen Lippen erschien, »ja, Euer Geschrei sagt mir, daß das Geschick der Günstlinge precär ist. Aber wenn Ihr dieß wißt. so müßt Ihr auch wissen, daß ich kein gewöhnlicher Günstling bin! Der Graf von Essex besaß einen glänzenden, mit Diamanten verzierten Ring, den ihm seine königliche Geliebte geschenkt hatte. Ich besitze einen einfachen Ring mit einer Chiffre und einem Datum, aber dieser Ring ist in der Kapelle des Palais Royal gesegnet worden;1 ich werde auch nicht nach ihrem Belieben untergehen. Sie bemerken nicht, daß ich sie mit ihrem ewigen Geschrei: »Nieder mit Mazarin!« bald: es lebe Herr von Beaufort!« bald: »es lebe der Herr Prinz!« bald: »es lebe das Parlament!« schreien lasse. Nun wohl, Herr von Beaufort ist in Vincennes, der Herr Prinz wird demnächst zu ihm kommen, und das Parlament …«

      Hier nahm das Lächeln den Cardinals einen Ausdruck den Hasses an, dessen sein sanften Gesicht unfähig zu sein schien … »Und das Parlament … wir werden sehen, was wir damit machen; wir haben Orleans und Montargis! O, ich werde Zeit darauf verwenden, aber diejenigen, welche damit angefangen haben, daß sie: »Nieder mit Mazarin!« schrieen, werden mit dem Geschrei: »Nieder mit allen diesen Leuten!« endigen; jeder der Reihe nach.

      »Richelieu. den sie haßten, solange er lebte, und von dem sie beständig sprechen, seit er todt ist, war niedriger als ich, denn er ist oft fortgejagt worden, und hat noch öfter befürchtet, fortgejagt zu werden. Die Königin wird mich nie fortjagen, und wenn ich gezwungen werde, den Folgen zu weichen, so wird sie mit mir weichen; wenn ich fliehe, so flieht sie mit mir, und wir werden dann sehen, was die Rebellen ohne ihren König und ihre Königin sind.

      »Oh! wenn ich nur kein Fremder, wenn ich nur Franzose, wenn ich nur Edelmann wäre!«

      Und er versank wieder in seine Träumerei.

      Die Lage war allerdings schwierig, und der so eben abgelaufene Tag hatte sie noch mehr verwickelt. Beständig von seinem schmutzigen Geize angestachelt, drückte Mazarin das Volk mit Steuern zu Boden, und diesen Volk für welchen er nur die Seele blieb, wie der Staatsanwalt Talon sagte, und auch, weil man seine Seele nicht im Aufstreiche verkaufen konnte, das Volk, das man mit den Lärmen von Siegen zur Geduld bewegen wollte, und welchen fand, daß die Lorbeeren kein Fleisch waren, womit man sich sättigen konnte, das Volk hatte seit langer Zeit angefangen zu murren.

      Doch das war noch nicht Alles, denn wenn nur das Volk murrt, so hört es der Hof nicht, da er durch die Bürgerschaft und die Edelleute von demselben getrennt ist. Aber Mazarin hatte die Unklugheit gehabt, sich an den Beamten zu vergreifen! Er hatte zwölf Requetmeister-Patente verkauft, und da diese Beamten ihre Stellen sehr theuer bezahlten und die Beiordnung dieser zwölf neuen Collegen den Preis sinken machen mußte, so vereinigen sie sich und schworen auf das Evangelium, diese Vermehrung nicht zu dulden und allen Verfolgungen den Hofes zu widerstehen, mit dem gegenseitigen Versprechen, falls einer von ihnen durch diese Rebellion seine Stelle verlieren würde, ihm gemeinschaftlich den Preis derselben zurückzuzahlen.

      Man höre, was auf diesen beiden Seiten vorgefallen war.

      Am 7. Januar hatten sich sieben- bis achthundert; Kaufleute von Paris versammelt und sich gegen eine neue Steuer erhoben, die man den Hausbesitzern auflegen wollte. Sie hatten sodann zehn von ihnen abgeordnet, um in ihrem Namen mit dem Herzog von Orleans zu sprechen, der seiner alten Gewohnheit gemäß, den Populären spielte. Der Herzog von Orleans empfing sie, und sie erklärten ihm, sie wären entschlossen, diese neue Steuer nicht zu bezahlen, und müßten sie sich mit bewaffneter Hand gegen die Leute des Königs vertheidigen, welche zum Eintreiben derselben erscheinen würden. Der Herzog von Orleans hörte sie mit großer Leutseligkeit an, gab ihnen Hoffnung auf einige Ermäßigung, versprach ihnen, mit der Königin zu reden, und entließ sie mit dem gewöhnlichen Worte der Fürsten: »Man wird sehen!«

      Am 9. suchten die Requetmeister den Cardinal auf, und einer von ihnen, der das Wort für die andern führte, sprach mit solcher Festigkeit und Kühnheit, daß der Cardinal ganz erstaunt darüber war. Er entließ sie auch, indem er wie der Herzog von Orleans sagte, man würde sehen.

      Um zu sehen, versammelte man sodann den Rath und schickte nach dem Oberintendanten der Finanzen d’Emery.

      Dieser d’Emery wurde sehr verabscheut von dem Volke, einmal, weil er Oberintendant der Finanzen war und weil jeder Oberintendant der Finanzen verabscheut sein muß, und dann, was nicht geleugnet werden kann, weil er es einigermaßen zu sein verdiente.

      Er war der Sohn einen Banquiers in Lyon, welcher Particelli hieß und seinen Namen in Folge eines Bankerottes in den Namen d’Emery verwandelte.2 Der Cardinal von Richelieu, der in ihm ein großen Finanzmanns-Verdienst erkannte, hatte ihn dem König Ludwig XIII. unter dem Namen Herr d’Emery vorgeschlagen, und da er ihn zum Intendanten der Finanzen ernennen lassen wollte, viel Gutes von ihm gesprochen.

      »Ah, desto besser, erwiderte damals der König, »es freut mich, daß Ihr mir Herrn d’Emery für diese Stelle nennt, welche einen ehrlichen Mann braucht. Man hatte mir gesagt, Ihr wolltet diesen Schurken von Particelli dazu befördern, und ich befürchtete, Ihr würdet mich zwingen, ihn zu nehmen.«

      »Ah, Sire,« antwortete der Cardinal, »Eure Majestät mag sich beruhigen, den Particelle, von dem sie spricht, hat man gehängt.«

      »Desto besser,« sprach der König, »nicht umsonst hat man mich Ludwig den Gerechten genannt.«

      Und er unterzeichnete die Ernennung von d’Emery.

      Es war derselbe d’Emery, den man zum


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<p>1</p>

Man weiß, daß Mazarin welcher keine von den Weihen erhalten hatte, welche die Verehelichung verbieten, Anna von Oesterreich geheirathet hatte.

<p>2</p>

Was den Herrn Staatsanwalt Omer Talon nicht abhält, ihn nach der Gewohnheit der Zeit, die fremden Namen französisch zu machen, Herr Particelle zu nennen.