Die Liebeden von Valmont. Barbara Cartland

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Die Liebeden von Valmont - Barbara Cartland


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      Die Liebenden von Valmont

      Barbara Cartland

      Barbara Cartland E-Books Ltd.

      Vorliegende Ausgabe ©2017

      Copyright Cartland Promotions 1985

      Gestaltung M-Y Books

       www.m-ybooks.co.uk

      1.

      „Er ist da! Er ist endlich eingetroffen!“

      Mit einem Brief in der Hand stürmte Larisa in das Schulzimmer, und alle Gesichter wandten sich ihr zu.

      Lady Stanton, in ihrer Jugend eine ungewöhnliche Schönheit, wirkte jetzt ein wenig welk, doch ihre vier Töchter glichen griechischen Göttinnen.

      Der verstorbene Sir Beaugrave Stanton hatte ihre Schönheit auf die Tatsache zurückgeführt, daß er von der griechischen Antike nicht nur fasziniert, sondern geradezu besessen gewesen war. Aber ihr helles Haar hatten die Mädchen zweifellos Lady Stantons skandinavischen Vorfahren zu verdanken. Die klassischen Züge und vollkommen proportionierten Gestalten jedoch hatte ihr Vater ihnen vererbt.

      Dem einseitigen Interesse des Vaters war auch zuzuschreiben, daß alle vier Mädchen griechische Vornamen hatten.

      Larisa wurde nach der Stadt genannt, in der er sich bei seinem ersten Griechenlandbesuch aufgehalten hatte, während Cynthus, Athene und Delos jeweils den Namen der Frauengestalt aus der griechischen Antike trugen, über die er zur Zeit ihrer Geburt gerade ein Buch schrieb. Sir Beaugraves einziger Sohn, der jetzt den Titel trug, hieß Nicias, was ihm höchst peinlich war, weshalb der Name schon während der Schulzeit des Jungen in das weniger ausgefallene „Nicky“ umgewandelt wurde.

      Nicky schien an dem Brief, den Larisa jetzt der Mutter übergab, nicht minder interessiert als seine Schwestern.

      Tiefes Schweigen senkte sich über das Schulzimmer, während die Familie fast atemlos darauf wartete zu erfahren, wie sich Larisas und damit auch Nickys Schicksal gestalten würde.

      Es war Larisa gewesen, die obwohl nicht die älteste, so doch die praktischste, die ganze Familie aus ihrer Niedergeschlagenheit aufgerüttelt hatte, als sie nach Sir Beaugraves Ableben festgestellt hatten, daß sie völlig mittellos waren.

      Zu seinen Lebzeiten hatte sich ausschließlich er um die finanziellen Angelegenheiten gekümmert. Zwar hatte er immer Vorsicht und Sparsamkeit gepredigt, doch erst nach seinem Tod hatten sie begriffen, wie ernst ihre Lage war.

      „Ist dir klar, Mama“, hatte Nicky ungläubig gefragt, „daß Papa sein ganzes Kapital aufgebraucht hat?“

      „Ich habe diese Dinge immer ihm überlassen“, hatte Lady Stanton erwidert.

      „Aber du hast doch gewußt, daß er in solchen Dingen hilflos war“, fuhr Nicky vorwurfsvoll fort. „Er lebte in einer anderen Welt, und die einzige Währung, die ihn interessierte, war die der alten Griechen.“

      „Ja, ich weiß, ich weiß“, antwortete Lady Stanton unglücklich, „doch es langweilte deinen Vater, über Geld zu sprechen, und wir hatten ja immer genug zu essen und konnten die Dienstboten pünktlich entlohnen.“

      „Nur, weil er seit Jahren das Kapital angriff“, sagte Nicky heftig. „Und jetzt ist nichts mehr da, Mama. Verstehst du? Nichts.“

      Eine Zeitlang war die Familie zu betroffen, um zu begreifen, welche Folgen das haben konnte.

      Sie lebten in einem schönen, großen Landhaus in Gloucestershire, das seit drei Jahrhunderten im Besitz der Familie Stanton war. Es stand hoch auf einem Hügel, und der Park fiel sanft in das Tal ab, in das sich ein kleiner Weiler mit einer normannischen Kirche duckte.

      Trotzdem fühlten die Stanton-Töchter sich nicht von der Welt abgeschieden. Sie hatten ihre Reitpferde und verstanden sich so gut, daß sie die Gesellschaft von Nachbarn und Freunden nicht vermissten, die so weit entfernt wohnten, daß sie nur äußerst selten zu Besuch kamen.

      Es war Nicky, der sich, als er heranwuchs, über einen Mangel an Unterhaltung beklagte und deshalb von Oxford begeistert war. Trotzdem arbeitete er hart, denn er war schon von Kind an für den diplomatischen Dienst bestimmt. Nach dem Tod seines Vaters mußte er sich mit der Tatsache abfinden, daß er sein Studium in Oxford nicht fortsetzen konnte und daher auch nicht die nötige Qualifikation für den von ihm erwählten Beruf haben würde.

      „Was kannst du denn sonst anfangen, wenn du nicht Diplomat wirst?“ fragte Larisa.

      „Den Farmarbeiter spielen, falls wir es uns leisten können, das Land zu behalten“, antwortete er bitter.

      „Ich bezweifle, daß jemand es kaufen würde“, warf Lady Stanton ein. „Es ist zu abgelegen. Außerdem haben hier immer Stantons gelebt.“

      „Dann bin ich der erste Baronet, der es nicht tun wird“, entgegnete Nicky.

      Da mischte sich Larisa ein.

      „Wir werden etwas tun müssen - wir alle -“, sagte sie entschieden, „damit Nicky sein Studium in Oxford abschließen kann.“

      Die Mutter sah sie ungläubig an.

      „Was können wir denn tun?“ fragte Athene.

      Sie war siebzehn und ein Jahr jünger als Larisa.

      „Darüber müssen wir eben nachdenken“, antwortete Larisa.

      Sie hatten tagelang überlegt und leidenschaftlich argumentiert, bevor sie endlich einen Plan faßten, dem alle zustimmten. Lady Stanton, Athene und Delos, die erst fünfzehn war, sollten in ein kleineres Haus umziehen, das zu ihrem Besitz gehörte. Das große Haus sollte abgeschlossen, die Dienerschaft, bis auf das alte Kindermädchen, entlassen, das Land an Farmer verpachtet werden. Die neunzehnjährige Cynthus war mit dem Sohn eines ortsansässigen Landedelmannes verlobt und wollte bald heiraten. Da ihr Verlobter nur einen kleinen Monatswechsel von seinem Vater bekam, konnte sie ihre Familie auch in Zukunft nicht finanziell unterstützen, wollte aber auf ihre Mitgift verzichten.

      Während die Diskussionen noch hohe Wellen schlugen, überraschte Athene alle damit, daß sie eines Morgens allein fortging und mit der Neuigkeit zurückkam, sie habe eine Stellung gefunden.

      „Das ist doch unglaublich!“ rief Cynthus, und Lady Stanton fragte nervös: „Was ist das für eine Stellung, Athene?“

      „Die alte Mrs. Braybrooke hat mich als Gesellschafterin und Sekretärin engagiert.“

      Lady Stanton war entrüstet, weil Athene gehandelt hatte, ohne sie zu fragen, doch die Tochter erwiderte ungerührt, sie habe gewußt, daß die Mutter es ihr verbieten würde, weil Mrs. Braybrooke in ihren Augen neureich und nicht standesgemäß sei.

      „Wieviel zahlt sie dir?“ erkundigte sich die praktische Larisa.

      „Höre und staune! Einhundert Pfund im Jahr, und ich brauche nur drei oder vier Stunden täglich zu arbeiten.“

      „Das ist zu viel, das kannst du nicht annehmen“, sagte Lady Stanton rasch.

      „Ich habe angenommen, Mama“, antwortete Athene. „Und da ich selbst keinen Pfennig von diesem Geld brauche, kann Nicky alles haben.“

      „Das ist sehr lieb von dir, Athene“, sagte Nicky, „und es beruhigt mich sehr, daß du weiterhin bei Mama wohnen kannst.“

      Er sah die Mutter bedeutungsvoll an, und sie verstand, was er ihr sagen wollte. Athene war das ungestümste, impulsivste Mitglied der Familie, und Lady Stanton hatte ihrem Sohn bereits anvertraut, daß sie sich sehr um ihre zweitjüngste Tochter sorgen würde, falls sie einmal von zu Hause fortginge.

      Mit dem blonden Haar und den übermütigen blauen Augen war sie so bildhübsch, daß jede Mutter sich um ihre Zukunft gesorgt hätte.

      Natürlich sorgte sie sich um alle ihre Töchter. Sie hatte immer gehofft, sie würden eine ebenso vergnügliche und unbeschwerte Jugend verleben wie sie. Doch schon als Cynthus, die älteste heranwuchs, wurde ihr klar, daß für Amüsements und modischen Firlefanz kein Geld vorhanden war, obwohl sie den Ernst der Situation


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