Butler Parker 191 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 191 – Kriminalroman - Günter Dönges


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des Fluges gereicht wurde, war ziemlich kläglich«, beschwerte sich Lady Agatha. »Ich hoffe, mein lieber Major Hopkins, Sie kennen ein anständiges Restaurant, in das Sie mich einladen können.«

      »Major Hawkins, Mylady«, verbesserte der Major vorsichtig und lächelte dabei etwas gezwungen. »Nun ja, ich könnte Sie nachher in Ihrer Villa abholen und ausführen.«

      »Nicht nachher, mein Lieber, sofort, wenn ich bitten darf. Zur Villa können wir später.«

      »Wie Sie wünschen, Mylady. Haben Sie einen besonderen Wunsch?«

      »Ich habe gehört, hier gibt es so eine Art Boulevard mit vielen Straßencafés. Ich denke, das möchte ich mir ansehen.«

      *

      »Sehr hübsch, mein Lieber.« Lady Agatha saß vor einem Café am Hauptboulevard Edinburghs und blickte interessiert auf das lebhafte Treiben. Dabei fiel ihr Blick auf einen Tisch, der weiter entfernt stand.

      »Was sind das für seltsame Getränke, die die Leute dort haben, mein Junge?« erkundigte sie sich bei Major Hawkins.

      »Eine schottische Spezialität, Mylady, man nennt es ›Scottish Power‹, weil das Getränk so stark ist.«

      »Eigenartiger Name.« Agatha Simpson runzelte die Stirn und schüttelte irritiert den Kopf. »Bestellen Sie auch so was. Ich möchte wissen, ob es mir schmeckt.«

      »Es gibt zwei Sorten davon, Mylady, einmal...«

      »Reden Sie nicht lange herum, bestellen Sie mir eben beides«, unterbrach sie ungeduldig.

      »Nicht schlecht«, stellte sie wenig später fest, als das Gewünschte vor ihr stand. Sie saugte energisch an ihren Strohhalmen und hatte die Pokale rasch geleert.

      »Gibt es keine größeren Gläser, hier ist ja kaum etwas drin«, beschwerte sie sich und blickte den Major an.

      »Ich bestelle gleich nach.« Hawkins sah ungläubig auf die leeren Gläser und winkte der Kellnerin. »Und denken Sie an mein Essen, ich nehme dasselbe wie die Leute dort drüben.« Lady Agatha deutete auf zwei ältere Männer am Nebentisch, die gerade intensiv mit ihrer Mahlzeit beschäftigt waren.

      »In Whisky eingelegter Lachs, Mylady, ebenfalls eine hiesige Spezialität.« Parker hatte sich wie immer gründlich vorbereitet und war in der Lage, mit jeder Information, die die Stadt und das Leben darin betraf, zu bedienen.

      »Nicht gerade üppig, aber ich bevorzuge ja Diät«, kommentierte sie, als wenig später ein Teller vor ihr abgestellt wurde.

      Agatha Simpson genoß ihr Essen und hatte schnell die nicht gerade kleine Portion vertilgt. »Ich denke, ich nehme noch mal dasselbe, Mister Parker«, überlegte sie. »Schließlich habe ich einen schweren Fall vor mir und muß gerüstet sein.«

      »Mein Gott, haut die Alte rein«, lästerte einer der beiden älteren Männer am Nebentisch und starrte ungeniert.

      Mylady ließ sich sofort ablenken. »Ich hoffe, man hat mich gerade beleidigt, Mister Parker, ich verlange eine Übersetzung«, wandte, sie sich an Parker, da die beiden Männer einen dem Keltischen verwandten Dialekt sprachen.

      »Man wundert sich nur ein wenig über Myladys beneidenswerten Appetit«, übersetzte Parker großzügig. »Man freut sich, daß es Mylady schmeckt.«

      »Das stimmt allerdings, Mister Parker, das Essen ist wirklich nicht schlecht. Vergessen Sie nicht, sich das Rezept geben zu lassen.«

      Agatha Simpson widmete sich wieder ihrem Teller.

      Inzwischen hatten die Männer am Nebentisch ihre Gläser erneut geleert und nachbestellt. Sie machten einen bereits mehr als nur leicht angetrunkenen Eindruck und amüsierten sich ganz offen und ungeniert über die Lady.

      »Ich habe den Eindruck, Mister Parker, daß sich die Lümmel über mich lustig machen«, freute sich die ältere Dame und blickte unternehmungslustig auf die feixenden Männer am Nebentisch.

      »Die beiden Herren dürften dem Alkohol sehr reichlich zugesprochen haben und nicht mehr das sein, was man gemeinhin als zurechnungsfähig bezeichnet«, bemerkte Parker würdevoll. »Mylady sollten ihnen deshalb weiter keine Beachtung schenken.«

      Aber Agatha Simpson wollte sich nicht ablenken lassen. »Ich glaube, ich werde die beiden gleich ein wenig zurechtweisen«, kündigte sie an und griff nach ihrem Pompadour, der neben ihr an der Stuhllehne hing. Dabei handelte es sich um einen Handbeutel, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende trugen, um darin diversene Kleinigkeiten unterzubringen.

      In Lady Agathas Fall bestand der Inhalt jedoch aus einem Hufeisen, das von einem mächtigen Brauereipferd stammte. Aus Gründen der Humanität war dieses Hufeisen oberflächlich mit Schaumstoff umwickelt, um das Aufprallen wenigstens andeutungsweise zu lindern.

      Mylady ließ besagten Pompadour mit dem Hufeisen darin bereits kreisen und holte energisch Schwung. Im nächsten Augenblick ließ sie los und schickte das seltsame Geschoß auf die Reise...

      *

      Der Pompadour mit dem Hufeisen schlug auf den Tellerrand und katapultierte den aus bunt bemaltem Steingut bestehenden Teller in die Luft. Dieser nahm umgehend Kontakt mit dem rechten Auge eines der vorlauten Männer auf und lädierte es nachhaltig.

      Der Mann schrie auf, als ihn der Tellerrand traf, und griff in einer Reflexbewegung nach dem verletzten Auge. Dabei warf er sein fast volles Glas um, dessen Inhalt sich über die Hose ergoß und ihn aufspringen ließ.

      Der Tisch geriet ins Wanken. Auch das Glas des zweiten Mannes kippte und brachte diesen gleichfalls zum Aufspringen. Laut vor sich hinfluchend machten sich die beiden dann daran, ihre durchnäßten Hosen mit Servietten und Papiertaschentüchern zu betupfen.

      Lady Agatha sah dem Treiben wohlgefällig zu. Sie lächelte schadenfroh und bat Parker, ihr die Medizin zur Stützung des in Unordnung geratenen Kreislaufs zu bestellen. Glenn Hawkins saß stocksteif auf seinem Stuhl und betrachtete die ältere Dame ein wenig konsterniert.

      Die beiden lädierten Herren hatten gerade ihre Säuberungsarbeiten beendet und beschlossen, mit der Verursacherin ihrer Nöte ein paar klärende Worte zu wechseln. Parker, der den schottischen Dialekt beherrschte und verstand, hörte unzweideutig heraus, daß man seine Herrin ein wenig auseinandernehmen wollte, wie sich einer der aufgebrachten Männer ausdrückte.

      Bevor der Butler etwas zur Klärung der Situation beitragen konnte, fiel Mylady ein, daß ihr Pompadour sich noch auf dem Nachbartisch befand. Entschlossen drückte sie sich aus ihrem Stuhl hoch und machte sich auf den Weg, ihr Eigentum zurückzuholen.

      Verblüfft wichen die beiden Männer zunächst aus. Lady Agatha ergriff die langen Schnüre des Handbeutels und zog energisch. Daraufhin setzte sich der Pompadour in Bewegung, verklemmte sich prompt zwischen den Tellern und... zog diese über den Tischrand. Es klirrte, als das Porzellan auf die Betonplatten fiel. Die Speise- und Soßenreste klatschten gegen die Hosenbeine der älteren Herren, die sich etwas betreten ansahen.

      Eine herbeieilende Bedienung verkannte die Sachlage und verlangte lautstark nach Ersatz des Geschirrs.

      Lady Agatha lächelte schadenfroh und wollte an ihren eigenen Tisch zurückgehen, als einer der Männer die Nerven verlor und leichtsinnigerweise nach Myladys Schulter griff, um die ältere Dame zurückzuhalten. Fast genüßlich drehte sie sich wieder um und setzte ihm ihre rechte Hand kräftig auf die Wange, worauf er prompt in Gleichgewichtsschwierigkeiten geriet und wild mit den Armen ruderte.

      Lady Agatha konnte nicht widerstehen und ließ ihren in einem derben Schuh steckenden Fuß herzhaft gegen sein Schienbein stoßen. Daraufhin verlor der solchermaßen Behandelte vollends die Balance und legte sich mit dem Rücken auf einen reich gedeckten Tisch in der Nachbarschaft, der sich diesem Ansturm nicht gewachsen zeigte und zu Bruch ging.

      Speisen und Getränke verteilten sich großzügig auf der Kleidung der dort sitzenden Gäste und brachten diese in Aufruhr.

      Ein vorbeigehender Streifenpolizist bemerkte das Geschehen vor dem Café und kam eilends näher, um einzugreifen.


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