Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich selbst zu stechen. Barbara Berckhan

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Wie Sie anderen den Stachel ziehen, ohne sich selbst zu stechen - Barbara Berckhan


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      »Aus dem Schreiben dieses Buches habe ich eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Ich kann mich von den schwierigen Menschen nicht distanzieren. Ich kann nicht so tun, als wären da draußen viele Typen total daneben, während ich makellos bin. Denn die Wahrheit sieht anders aus: Alles, was die schwierigen Leute veranstalten, kann ich auch. Oder es ist zumindest potenziell in mir angelegt. Deshalb werden die schwierigen Leute in diesem Buch mit Verständnis behandelt. Das Verständnis, das ich mir auch für mein Schwierigsein wünsche.«

      Bestsellerautorin Barbara Berckhan ist eine der führenden Kommunikationstrainerinnen Deutschlands. Kompetent und voller Humor beschreibt sie den Weg zu einem gelungenen Miteinander.

      Man erfährt …

      … wie man eine gemeinsame Wellenlänge findet

      … was man von den vermeintlich Schwierigen über sich selbst und das eigene Verhalten lernen kann

      … warum es sich lohnt, wenn man sich dann und wann eine Scheibe von ihnen abschneidet

      Vorwort

      Neben mir sitzt ein Verrückter – oder?

      Oh nein, bitte keine Verrückten! Kaum hatte ich in der S-Bahn einen Platz am Fenster gefunden, da setzte sich ein Mann direkt neben mich. Und der war eindeutig verrückt: Er brabbelte die ganze Zeit vor sich hin. Auf dem Schoß hatte er eine große Topfpflanze, die er mit beiden Händen fest umklammerte. Mit diesem Grünzeug sprach er in einem strengen Tonfall.

      Zuvor hatte ich stundenlang an diesem Buch geschrieben, und jetzt hatte ich frei. In meiner Freizeit wollte ich nichts, aber auch gar nichts mit schwierigen Menschen zu tun haben. Aber dieser Verrückte musste sich ausgerechnet neben mich setzen, als hätte er gerochen, dass schwierige Menschen mein Spezialgebiet sind. Ich fürchtete, nach der Topfpflanze würde dieser Typ nicht nur seine Pflanze, sondern auch mich vollquatschen. Deshalb schaute ich angestrengt aus dem Fenster.

      Dieses Aufeinandertreffen war schon erstaunlich: Jetzt in der Bahn tat ich genau das, was ich vor ein paar Minuten aufs Papier gebracht hatte. Ich schrieb darüber, dass wir unseren Mitmenschen gern ein negatives Etikett aufdrücken, wenn sie unseren Ansprüchen nicht genügen. Genau das hatte ich gerade getan.

      Ich hatte diesem Topfpflanzen-Besprecher das Etikett »verrückt« aufgedrückt. Und jetzt durfte ich meine Beurteilung fühlen. Wie fühlt es sich an, neben jemandem zu sitzen, den ich für verrückt hielt? Es fühlte sich nicht gut an. Ich war angespannt und wollte da weg. Ich tat so, als müsste ich aussteigen. In Wirklichkeit wollte ich mich woanders hinsetzen, weiter hinten in den Wagon. Ich stand auf, er zog seine Beine ein und ließ mich durch.

      Da sah ich es: An seinem rechten Ohr steckte ein Gerät. Das war ein Headset fürs Handy – sehr praktisch, wenn man beim Telefonieren beide Hände frei haben will, um beispielsweise eine große Topfpflanze zu transportieren.

      Die Wunderheilung in der S-Bahn

      Der Typ war nicht verrückt. Ich hatte ihm dieses Etikett verpasst, weil ich nicht alle Fakten kannte. Die entscheidende Seite seines Kopfs – die mit dem Headset – hatte ich vorher nicht gesehen.

      Als ich verstand, dass er nur telefonierte, begann das, was man eine Wunderheilung nennen könnte. Ohne je ein Wort mit ihm gewechselt zu haben, wurde dieser Verrückte für mich zu einem normalen Menschen, mit dem ich mich wohl fühlen konnte. Doch alles, was sich tatsächlich geändert hatte, waren meine Gedanken. Jetzt hatte ich Verständnis für ihn. Ich hatte erkannt, warum er sich so verhielt, warum er in die Pflanze brabbelte. Mein Verständnis hatte alles geändert.

      Jetzt einmal nur unter uns: Wer war nun in Wirklichkeit der schwierige Typ?

      Ich habe mich trotzdem nach hinten in den Wagon gesetzt und über diese Szene nachgedacht. Dabei musste ich über mich selbst ein wenig lachen. Während ich leise vor mich hin kicherte, fiel mir die Frau auf, die mir gegenüber saß. Sie schaute mich irritiert an. Wahrscheinlich kam ich ihr ein wenig verrückt vor.

      Bin ich normal oder schwierig? Oder beides?

      Beim Schreiben dieses Buchs habe ich das meiste, was Sie hier lesen können, am eigenen Leib erfahren. Wie ein Medizinstudent, der ein Lehrbuch über Krankheiten liest und dabei feststellt, dass er gerade dieselben Symptome hat, die in dem Buch beschrieben werden. So ähnlich erging es mir auch: Ich schrieb über schwierige Menschen und hatte die gleichen Probleme. Am schlimmsten war es bei dem Kapitel über den Wüterich und den Antriebslosen.

      Ich hielt mich immer für eine friedliebende Frau. Aber als ich über den Wüterich schrieb, hatte ich gleich drei Missgeschicke, bei denen ich aus der Haut gefahren bin. Alles nur Kleinigkeiten, aber ich war dermaßen geladen – ich hätte die Wände hochgehen können. Jetzt habe ich sehr viel Verständnis für alle Wüteriche da draußen und für den Wüterich, der in mir wohnt.

      An dem Kapitel über den Antriebslosen arbeitete ich wochenlang. Ich schrieb alles fünf Mal um, und zwischendurch spielte ich an meinem Computer immer wieder ein paar Runden Solitär. Ich erreichte neue Rekordzahlen bei den gewonnenen Spielen, während mein Schreiben stagnierte. Ja, ich erlebte am eigenen Leib, wie die Antriebslosigkeit funktioniert.

      Aus dem Schreiben dieses Buches habe ich eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Ich kann mich von den schwierigen Menschen nicht distanzieren. Ich kann nicht so tun, als wären da draußen viele Typen total daneben, während ich makellos bin. Ich kann nicht auf den schwierigen Typen herumhacken und so tun, als hätten diese Leute nichts mit mir zu tun. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Alles, was die schwierigen Leute veranstalten, kann ich auch. Oder es ist zumindest potenziell in mir angelegt. Deshalb werden die schwierigen Leute in diesem Buch mit Verständnis behandelt. Das Verständnis, das ich mir auch für mein Schwierigsein wünsche.

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      Kein Mensch wacht morgens auf und schreibt auf seine To-do-Liste: Heute werde ich mal nervig sein. Ich schreibe das so klar, weil wir oft genau das Gegenteil denken. Oft glauben wir, unsere Quälgeister würden uns mit voller Absicht nerven. Wir unterstellen ihnen, sie könnten sich besser benehmen, wenn sie sich nur ein wenig zusammenreißen würden. Mit ein bisschen gutem Willen und etwas Vernunft könnten diese Leute angenehmer sein. Aber so einfach ist das nicht.

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      Erlernte Verhaltensmuster engen uns ein und fesseln uns.

      Verhaltensmuster entstehen im Gehirn

      Dieses Buch handelt von Menschen, die uns schwierig vorkommen. Ich sage auch gern: die reizenden Typen. Ihr Verhalten ist so charakteristisch, dass ich sie einfach so nenne, wie sie sich oft benehmen: Wüterich, Nörgler, beleidigte Leberwurst, Lästermaul und so weiter. Ihr schwieriges Verhalten ist kein Zufall und auch kein seltener Ausrutscher. Es ist ein sich wiederholendes Muster, ein früh erlerntes, über die Jahre antrainiertes Verhalten.

      Unser Gehirn organisiert unser Verhalten sehr gern in immer wiederkehrende Routinen. Das sind gewohnte Muster, die es uns erlauben, schnell zu reagieren, ohne dabei viel nachzudenken. Autofahren, mit zehn Fingern tippen, sich die Zähne putzen – das sind Tätigkeiten, die wir anfangs trainieren, damit sie dann später automatisch ablaufen.

      Auch unser Umgang mit anderen Menschen wird vom Gehirn so organsiert. Wir gewöhnen uns bestimmte Verhaltensweisen an, und später reagieren wir automatisch. Die Art, wie wir reden, wie wir auf andere Menschen zugehen, wie wir uns streiten, wie wir mit unserer Angst und unserem Ärger


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