Im Zeichen des Drachen. Karl May

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Im Zeichen des Drachen - Karl May


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einmal einen Namen hat?“

      „Ich fuhr mir ihnen, weil ich in das Land der Chinesen wollte, aber das Wetter trieb uns an dies Eiland, sodass unser Schiff zerbrach und unsere Boote zerschellten. Nun können wir nicht fort und müssen warten, bis ein anderes Schiff kommt, das uns mitnimmt. Du kehrst nach Papetee zurück?“

      „Ja. Mich verlangt, zu Pareyma, meinem Weib, und zu meiner Mutter zu kommen, die mir lieber sind als alle meine Habe und mein Leben. Die Stimme meines Herzens sagt mir, dass ihnen Gefahr droht von Anoui, meinem Feind.“

      „Auf Tahiti findet man immer Schiffe der Ingli, Franki, Ynaki und der Hollandi; vielleicht ist auch eines der Hispani oder gar der Germani da. Willst du sie aufsuchen, wenn du nach Papetee kommst, und eines von ihnen senden, dass uns von hier abholt?“

      „Das will ich, Sahib. Aber sie möchten mir nicht glauben, und daher ist es besser, wenn ihr mir einen eurer Männer mitgebt, der selber für euch reden und bitten kann.“

      „Fasst dein Boot zwei Männer?“

      „Wenn ein anderer rudert, nein; aber wenn ihr einen mutigen Mann wählt, der das Wasser nicht fürchtet, so werde ich ihn glücklich nach Tahiti bringen, denn keiner nimmt es im Fahren mit Potomba, dem Ehri, auf.“

      In diesem Augenblick hatte uns der Kapitän erreicht.

      „Nun? Wer ist dieser Mann, Charley?“

      „Ein Ehri von Tahiti.“

      „Ein Ehri? Was ist das?“

      „Ein Fürst, Käpt’n.“

      „Pshaw! Diese Art von Fürsten kennt man. Der Bursche wird uns sein Boot überlassen müssen, damit wir uns von einer der benachbarten Inseln Hilfe holen.“

      „Das wird er nicht tun.“

      „Warum nicht, wenn ich fragen darf, he?“

      „Weil ich ihm bereits das Gegenteil geraten habe, Käpt’n.“

      „Ihr? Ah so, das ist etwas anderes! Ihr habt doch jedenfalls eine gute Meinung dabei gehabt, die auf unseren Vorteil bedacht ist?“

      „Das versteht sich! Keiner von uns ist im Stande, ein solches Boot zu lenken, und...“

      „Ah, Charley, ist das nicht etwas zu viel behauptet? Sollte ich, Kapitän Roberts aus New York, es nicht fertig bringen, ein solches Ding zu führen, da jedermann weiß, dass ich ganz der Kerl bin, selbst das stärkste Orlogschiff zu befehligen?“

      „Könnt Ihr einen Ochsen erschießen, Käpt’n?“

      „Welche Frage! Natürlich erschieße ich ihn trotz allem, was ich vorhin sagte, als Ihr mit Euerm Wildbret kamt; vorausgesetzt nämlich, dass die Verhältnisse so sind, dass mir das Viehzeug nicht zu Leib kann und ich so lange schießen darf, bis es tot ist.“

      „Schön! Aber könnt Ihr auch eine Schwalbe schießen?“

      „Bei allen Winden, nein, das ist ja rein menschenunmöglich, Charley. Ihr seid ein feiner Schütze, wie Ihr schon oft bewiesen habt, aber eine Schwalbe, nein, die holt auch Ihr nicht aus der Luft herab.“

      „Ich habe es aber doch getan, und zwar nicht nur einmal; ich habe sogar da drüben in der nordamerikanischen Prärie fünfzehnjährige Indianerbuben gekannt, die das fertig brachten.“

      „Ahoi, Charley, ist das nicht eine wilde Ente oder gar eine Seeschlange?“

      „Nein, es ist die Wahrheit! Doch dieser Vergleich hatte nur den Zweck, Euch zu beweisen, dass das Große oft leichter ist als das scheinbar Kleine. Ihr versteht es ganz wacker, einen Dreimaster zu befehligen; aber wagt Euch einmal nur mit Euerm Langboot, das Euch doch geläufig ist, hinaus auf die offene See, so werdet Ihr finden, dass zwischen beiden Leistungen ein gewaltiger Unterschied ist. Ich habe mit dem gebrechlichen indianischen Rindenkanu den Missouri und Red River, mit dem Hautkanu der Brasilianer den Orinoko und Marannon und mit dem fürchterlichen Katamorin der Ostinder den Indus und Ganges befahren; aber ich sage Euch offen, Käpt’n, dass ich es mir nicht getraue, mit diesem Boot hier eine Entdeckungsreise im Gebiet der Pomatu-Inseln zu wagen. Es darf das Geringste am Ausleger geschehen, so kentert das Boot, und dann ist man in neunundneunzig von hundert Fällen verloren, da die See hier von Haien wimmelt.“

      „Alle Wetter, das ist wahr! Der Hai ist der elendste Kerl, den ich kenne, und wer zwischen seine Zähne kommt, dessen Zeit ist ohne Gnade und Barmherzigkeit abgelaufen. Aber ein Schiff müssen wir suchen, das werdet Ihr doch zugeben, Charley?“

      „Natürlich! Aber nicht hier zwischen den Pomatu-Inseln, die wir nicht kennen und wohin sich selten ein größeres Fahrzeug verlaufen wird. Der Ehri hier wird nach Tahiti segeln. Gebt ihm einen zuverlässigen Mann mit, der uns ein Schiff holt, so ist uns geholfen.“

      „Hm, das klingt gut. Wie lange wird der Bursche zubringen, bis er Tahiti erreicht?“

      Ich wandte mich an Potomba:

      „Wie lange fährst du nach Papetee?“

      „Wenn ihr mir einen Mann mitgebt, der ein guter Ruderer ist, so brauche ich zwei Tage“, antwortete er.

      Ich verdolmetschte diese Worte dem Kapitän.

      „Hört, Charley, wie heißt der Bursche?“

      „Potomba.“

      „Das glaube ich nicht; er wird wohl Münchhausen heißen. In zwei Tagen von hier nach Papetee? Der Mensch lügt ja wie gedruckt! Ich rechne fünf volle Tage, und dann müsste man schon ein scharf auf den Kiel gebautes Schiff mit Schonertakelage haben. Zwei Tage, das ist Humbug.“

      „Seht Euch dieses Boot und diesen Mann an, Kapitän! Ich bin geneigt, zu glauben, dass man mit einem so langen, schmalen Wogenschneider unter dem Südostpassat fünfzehn bis sechzehn englische Meilen in der Stunde zurücklegen vermag.“

      „Denkt Ihr wirklich? Ein Kunststück wäre es aber doch! Hm, ja, seht die vierzehn Segel da draußen! Es sind noch keine zehn Minuten, seit sie hier wendeten, und ich möchte wetten, dass sie bereits über zwei Meilen zurückgelegt haben. Ihr könnt Recht haben, Charley, und nun ist es mir auch einleuchtend, was ich bisher nicht geglaubt habe, nämlich, dass sich sogar ein gut ausgerüstetes Kriegsschiff mit tüchtiger Mannschaft vor einer Flottille malaiischer Prauen in Acht nehmen muss. Doch da kommt der Maat! Er macht ein vergnügtes Gesicht, weil es ihm gelungen ist, die Kerls dort in die Flucht zu schlagen.“

      Wirklich nahte der Steuermann mit einer so siegesbewussten Miene, als hätte er eine große Seeschlacht gewonnen.

      „Nun, Sir, wie habe ich meine Sache gemacht?“, fragte er mich.

      „Schlecht, sehr schlecht, Maat!“

      „Wa-wa-wa-wa-waas? Sie haben uns kein Haar gekrümmt und sind, als sie mich und diese Leute da erblickten, davongesegelt, als sei ihnen der Klabautermann5 auf den Fersen.“

      „Aber sie sollten doch in der Bucht eingeschlossen werden! Ihr kamt viel zu früh. Sie hatten die Einfahrt noch gar nicht bewerkstelligt, und es war weder von unserer Seite ein Schuss gefallen, noch hattet Ihr von mir oder dem Käpt’n das verabredete Zeichen erhalten. Ich will Euch nicht tadeln, Maat, denn Ihr habt nur den Fehler begangen, dass Ihr ein wenig zu tapfer wart, und vielleicht ist es besser, dass sie heil davongekommen sind. Aber, wollen wir nicht zum Lager gehen? Wir können ja einen Posten hier lassen für den Fall, dass es den Entkommenen einfallen sollte, zurückzukehren.“

      „Ihr habt wieder Recht, Charley!“, nickte der Kapitän. „Wir haben ein rühmliches Treffen gewonnen und so will ich meine Anerkennung dadurch aussprechen, dass ich die Erlaubnis gebe, einen Grog zu brauen, der so steif ist wie das Bugspriet einer niederländischen Kohlenbarke.“

      Dieser Ausspruch wurde mit allgemeinem Jubel aufgenommen. Die Leute nahmen einander beim Arm, und im Gleichschritt ging es paarweise nach dem Lagerplatz zurück.

      Während der Grog gebraut wurde, unterhielt ich mich mit Potomba. Es zeigte


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