Der Reiniger. Inger Gammelgaard Madsen

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Der Reiniger - Inger Gammelgaard Madsen


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      Inger Gammelgaard Madsen

      Der Reiniger

      SAGA Egmont

      Der Reiniger

      übersetzt aus dem Dänischem von Kirsten Vesper nach

      Sanitøren

      Copyright © 2017, 2018 Inger Gammelgaard Madsen und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711958063

      1. Ebook-Auflage, 2018

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1: Die Liste

      Sie war an den Schultern ein bisschen zu groß und roch nach neuem Leder und Tabak. Sie war cognacfarben und knirschte leicht, als er den Arm beugte, um die anderen mit dem zu grüßen, was sie ihren Bandengruß nannten. Zuerst ein Schlag auf den Brustkorb mit geballter Faust und danach Zeige- und Mittelfinger an die rechte Schläfe, zum Schluss ein Knöchel-gegen-Knöchel-Gruß mit jedem. Bjarke hatte sich das ausgedacht. Er war verrückt nach Ritualen. Überhaupt nach Zwangshandlungen. Das hatte ihm eine Diagnose eingebracht, sodass er nun von der Arbeit freigestellt war. Er war der Älteste von ihnen und hätte eigentlich im Herbst als Zimmermannslehrling anfangen sollen, doch dann zerrte seine Mutter ihn wegen seines besonderen Drangs alles zu zählen und Bewegungen immer wieder zu wiederholen zum Psychologen. Der Psychologe bezeichnete das als OCD, hatte Bjarke beinahe stolz referiert. Er hatte etwas bekommen, was die anderen nicht hatten. Bertram wünschte, er könnte auch eine Diagnose kriegen. Er hatte Arbeit gesucht, seit er von der Volksschule abgegangen war, aber es war schwer, etwas zu finden. Dann hatte er Bjarke und die anderen getroffen. Die Raben nannten sie sich. Ein Gegenstück zu den Nachtraben, die nachts in den Straßen patrouillierten um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Raben waren kluge und geschickte Vögel, die andere Tiere täuschen konnten und außerdem hatten sie den Drang, blanke, glänzende Dinge wie zum Beispiel Schmuck zu stehlen. Nachtraben waren bloß Personen, die nachts länger wach waren.

      „Yo, coooole Jacke, Alter!“, rief Felix beeindruckt und nahm ausnahmsweise die Augen mal ganz vom leuchtenden Bildschirm seines Tablets, das seinem Gesicht eine noch kränklichere Farbe verlieh.

      „Wo zum Teufel hast du die her?“ Bjarke ließ Zigarettenrauch aus einem Mundwinkel entweichen und starrte Bertram skeptisch an.

      „Ja, verdammt, wo hast du die denn mitgehen lassen?“, fragte Kasper und traf voll ins Schwarze.

      „Im Restaurant“, gab Bertram zu, steckte die Hände in die Jackentaschen und versuchte lässig auszusehen. „Das ist 'ne teure Marke. Schott Made in USA.“

      „Ich wusste gar nicht, dass Sexy-Eva so feine Kunden bedient“, meinte Bjarke mit einem schiefen Lächeln, während er die Zigarette immer wieder zwischen den Fingern auf und ab wippen ließ, sodass die Asche herunterrieselte.

      Es störte Bertram jedes Mal, wenn Bjarke so über Eva Maja sprach. Er nannte sie nie Mama, das klang so kindlich, fand er. Er mochte auch nicht, wie Bjarke sie ansah, als wäre er ein erwachsener Mann mit Frauenerfahrung. Er hatte nur eine einzige Freundin gehabt und es hatte nur eine Woche gehalten, dann hatte sie keinen Bock mehr auf ihn gehabt. Bertram würde ihm am liebsten eins auf die Fresse geben, aber er wusste auch, dass es keine gute Idee war, sich mit Bjarke anzulegen. Seine Manie, Bewegungen zu wiederholen, war lebensgefährlich, wenn er seine Fäuste benutzte. Außerdem ging er zum Boxtraining. Als Therapie, behauptete er. Wie immer schluckte Bertram seine Wut herunter.

      „Aber glaubst du, der Hehler nimmt die?“, wollte Kasper wissen, der daran schuld war, dass sie den Hehler die ganze Zeit im Nacken hatten. Es war zwar toll, dass er die Dinge verhökern konnte, die sie klauten, aber dieser halbglatzköpfige, dicke, alte Trottel ging Bertram allmählich ebenfalls auf die Nerven. Er mischte sich in alles zu viel ein, beschattete sie fast schon. Warum machte er seine Einbrüche nicht gleich selbst? Bertram vertraute ihm ebenso wenig, wie er ihnen. Am Anfang war es lustiger gewesen, als sie allein gewesen waren und es mehr ein Sport war, die umliegenden Läden zu überfallen. Natürlich verdienten sie jetzt an den Einbrüchen, aber das hatte auch seinen Preis.

      „Der Hehler soll nichts davon wissen.“

      „Willst du die denn einfach selbst behalten?“ Kasper staunte.

      Bertram setzte sich neben Bjarke auf die Terrassenbretter am Fluss. Die Sonne segnete den Apriltag mit etwas, das ein wenig an Frühling erinnern ließ. Trotzdem war er froh über die Jacke. Der Wind war immer noch kalt. Er schaute hoch zu Aros’ Regenbogen, wo die Besucher nur kleine, dunkle Silhouetten hinter dem bunten Glas waren. Es sah wie ein Ufo aus, das auf dem Dach des viereckigen Gebäudes des großen Museums gelandet war, wo Aliens nun darauf warteten, das Glas zu durchbrechen und die Stadt zu besetzen. Nachts, wenn er nicht schlafen konnte, weil er normalerweise bis Mittag schlief, setzte er sich an den Computer und schrieb so etwas. Über Zombies, Vampire und böse Geister. Blut und Tod. Er bekäme ganz sicher auch eine Diagnose, wenn der Psychiater das läse. Er spuckte in das grünbraune Wasser des Flusses und nickte.

      „Der Hehler flippt aus, wenn er das rausfindet. Ein bisschen könnte er sicher dafür kriegen, und wir …“

      „Jetzt halt die Fresse, Felix! Wir haben doch besprochen, dass wir auch was selbst behalten dürfen. Der Hehler muss nicht alles wissen“, knurrte Bjarke und Felix richtete den Blick auf den Computerbildschirm und verschwand wieder in sich selbst.

      „Hast du die Brieftasche geleert? Du könntest echt teilen“, fuhr Bjarke mürrisch fort. Er schnippte die Zigarettenkippe ins Wasser. Sie landete direkt neben Bertrams Spuckflatschen.

      „In den Taschen war nichts.“

      „Dann hast du also keine Ahnung, wem sie gehört? Was, wenn die zum Beispiel einem Bullen ist? Vielleicht sogar dem, der dich gestern Abend erwischt hat.“

      Sie wären beinahe geschnappt worden, als ein Verkäufer in einem Elektrofachgeschäft sie entdeckt hatte. Es musste Zufall gewesen sein, dass gerade ein Streifenwagen in der Nähe war, denn so schnell kamen die normalerweise nicht. Einer der Beamten war aus dem Auto gesprungen und hatte Bertram am Kragen gepackt, aber es war ihm gelungen sich loszuwinden und abzuhauen. Aber der Beamte hatte sein Gesicht gesehen und würde ihn problemlos wiedererkennen dank des braunen Muttermals von der Größe einer Zehn-Kronen-Münze an seinem rechten Ohr. Der Beamte hatte es angestarrt.

      Bertram zuckte die Schultern. „Und wie sollte er beweisen, dass es seine ist?“

      „Anhand des Flecks hinten an deiner Schulter. Ist das ein Brandfleck?“

      Bertram hatte den schwarzen Fleck nicht gesehen, der tatsächlich von näherem Kontakt mit einer glühenden Zigarette stammen konnte.

      „Verdammt“, fluchte er.

      Bjarke lächelte wieder sein schiefes Lächeln, das, so hatte er erzählt, von einer Hasenscharte herrührte, die operiert worden war, als er klein gewesen war. Andere meinten, sie sei das Resultat der einzigen Schlägerei, die er verloren hatte, bei der der Gegner seine Oberlippe gespalten hatte und dass er seitdem zum Boxen ging. Dann richtete er den stumpfen Blick auf etwas hinter Bertram.

      „Fuck! Apropros Hehler, guckt mal, wer da kommt!“

      Bertram wandte den Kopf und sah den kleinen, dicken Mann über das Gras watscheln, wo weitere junge Studenten unter den Bäumen lasen. Obwohl es noch nicht Frühling war, war der Møllepark gut besucht.

      Der Hehler blieb atemlos vor ihnen stehen. Unter seinen Hemdsärmeln zeichneten sich große, dunkle Flecken ab.

      „Dacht’ ich’s


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