Goldmadonna. Bernhard Wucherer

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Goldmadonna - Bernhard Wucherer


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      Bernhard Wucherer

      Goldmadonna

      Kriminalroman

      Impressum

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Daniel Abt

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © Christian Müller / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-6748-6

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      »Weiß Gott, sie war eine schöne Frau!«

      Die alte Dame nickte nur stumm. Dann bestätigte sie das, was sie soeben gehört hatte, und fügte hinzu: »Ja … wunderschön!«

      Weil der Regen wie entfesselt auf die schützenden Schirme klatschte, die sich deswegen dicht an dicht drückten, machte sie sich erst gar nicht die Mühe nachzusehen, wer ihr diese wichtige Information über das Aussehen der Verblichenen hatte zukommen lassen. Erstens kannte sie die offensichtlich viel zu früh Verstorbene nicht und zweitens wollte sie nicht Gefahr laufen, die hervorragende Position ihres Schirmes zu gefährden. Denn es hatte sie nicht nur ein scheinheiliges Dauerlächeln, sondern auch große Anstrengung gekostet, ihn unauffällig in geschlossenem Zustand zwischen den anderen Schirmen hindurchzuschieben und ihn dann zu öffnen.

      Dies war ihr nur gelungen, weil sie es über mehrere Jahrzehnte hinweg wohl an die hundert Mal geübt hatte. Sie war inzwischen eine wahre Meisterin, was Beerdigungen anging. Deswegen hatte es auch dieses Mal auf dem Friedhof im niederländischen Grenzort Vaals geklappt, ohne dass allgemeines Gezeter ausbrach.

      Die alte Dame drückte ihre Augen unter dem gehäkelten Schleier vor dem Gesicht zusammen und nickte unmerklich lächelnd vor sich hin. Mit dem bisherigen Verlauf dieser Beerdigung war sie rundum zufrieden. Wenn dies hier alles vorüber war und sich die ineinander verhakten Schirme über ihrem eigenen Regenschutz voneinander gelöst hatten, würde sie den Ehemann der Verstorbenen ansprechen und ihm nach allen Regeln der Kunst kondolieren. Dass dies der große Mann mit den langen blonden Haaren war, der ihr auf der anderen Seite des Grabes gegenüberstand, hatte sie bereits recherchiert, als sich die engsten Verwandten in der Aussegnungshalle zusammengefunden hatten.

      Ach, wie sie diese kleinen Unterredungen auf dem Friedhof liebte, die schon oft dazu geführt hatten, dass sie zum Leichenschmaus oder wenigstens zu Kaffee und Kuchen eingeladen worden war. Für sie gab es nichts Verbindenderes als den gemeinsamen Schmerz um Verstorbene. Da war es egal, ob sie diese gekannt hatte oder nicht. Und auch wenn bei Regenwetter getrauert wurde, war sie überglücklich.

      Jetzt aber musste sich die Dame erst einmal auf das Hier und Jetzt konzentrieren, denn gleich würde der Herr Pastor Erde auf den Sarg werfen. Das Geräusch, das die Dreckklumpen verursachten, wenn sie auf das hohl klingende Sargholz knallten, liebte sie fast mehr, als sich eine Einladung zum Leichenschmaus zu erschleichen.

      Doch dieses Mal sollte es ihr nicht gegönnt sein, sich auf das sehnlichst erwartete Geräusch zu konzentrieren, denn eine extrem raue Männerstimme riss sie aus ihren Gedanken: »Wie eine Madonna … Sie sah aus wie eine ›Schwarze Madonna‹!«

      Die alte Dame stutzte und war drauf und dran, ihren Kopf mitsamt dem Gesichtsschleier zu heben. Das hatte nicht wie eine der üblichen Beerdigungsphrasen geklungen, wie sie begeisterte »Friedhofsgänger« auswendig konnten. Sie kannte den Unterschied. Immerhin ging sie seit ihrem Eintritt in die Frühpension jahrein, jahraus auf jede katholische oder evangelische Beerdigung im Umkreis von 20 Kilometern, falls es von Aachen aus eine Buslinie gab, die in die Nähe des jeweiligen Friedhofes führte. Und weil dieses zwar irgendwie merkwürdige, ja fast schon hämisch klingende »wie eine ›Schwarze Madonna‹« von einem Mann gekommen war, der offensichtlich nicht zur Verwandtschaft gehörte – er stand hier und nicht auf der anderen Seite des Aushubes –, war sie neugieriger geworden, als sie es ohnehin schon gewesen war. Der Ehemann der Frau, die soeben unter die Erde gebracht wurde, stand ihr ja direkt gegenüber. Oder hatte sie sich getäuscht und möglicherweise sogar schlampig recherchiert? Falls dem so wäre, würde sie es der Tatsache zuschreiben, dass der Bus erst angekommen war, als die Zeremonie in der Aussegnungshalle bereits begonnen hatte.

      Schwarz, durchfuhr es sie wie einer der Blitze, die diese Beerdigung zu etwas ganz Besonderem für sie machten. Obwohl sie wegen der Schirme keinen einzigen sehen konnte, verliehen die grollenden Donnerschläge der Zeremonie eine außergewöhnliche Atmosphäre. Deswegen habe ich bei den Hinterbliebenen vorhin so viele asiatische Menschen mit dunkler Haut gesehen – ich hatte mich schon darüber gewundert. Die Verblichene war also eine Asiatin und hatte dunkle Haut …

      Sie überlegte, was zu tun war. Auf alle Fälle musste sie ihre Contenance bewahren. Schließlich war sie trotz dieses Fauxpas Beerdigungsprofi und hatte bei solch willkommenen Anlässen schon ziemlich alles erlebt, was die Abgründe der menschlichen Seele und das Verhalten von Hinterbliebenen herzugeben vermochten. Sie wurde unruhig. »Verdammt!«, entfuhr es ihr so laut, dass es sogar der Herr Pastor hörte. So viel zur Contenance.

      »Anindas Tod ist kein schmerzlicher Verlust und ihr Mann kann sich nun eine ehrenwerte Frau suchen«, flüsterte ihr die Dame zu, die schräg hinter ihr stand. Offenkundig war sie mit den Verhältnissen innerhalb der Familie vertraut. Hochinteressant! Eine Nachbarin vielleicht? Eine enge Verwandte war sie jedenfalls nicht, denn die standen ja alle um den Witwer herum. Aber das war im Moment nicht so wichtig, sie hatte zwei interessante Informationen erhalten, die ihren Zugang zum Leichenschmaus in greifbare Nähe gerückt hatten. Aninda war wohl ein Luder, zumindest aber keine gute Ehefrau gewesen, reimte sie sich hastig zusammen. Wenn sie noch den Namen des Ehemannes erfuhr, wäre das Festmahl gesichert. In gewohnt hinterhältiger Art fragte sie: »Äh … wie heißt er doch gleich wieder mit Vornamen?«

      »Wer?«

      »Anindas Mann.«

      »Louis … Louis van Basten! Ein waschechter Vaalser und dazu ein gottesfürchtiger Mensch! Den kenne ich schon seit seiner Kindheit!«

      Die durchtriebene Friedhoftouristin triumphierte innerlich, konnte ihre neuen Erkenntnisse aber nicht weiterverarbeiten, weil ausgerechnet in diesem Augenblick der Witwer ein Zitat aus dem Lukasevangelium loswerden musste. Bevor sich die Trauergäste – falls sie van Bastens Worte wegen des klatschenden Regens überhaupt verstanden hatten – darüber Gedanken machen konnten, knallte auch schon die Erde auf den Sarg, deren Geräusch die Dame so liebte.


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