Mythor 50: Die Mauern von Logghard. Paul Wolf

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Mythor 50: Die Mauern von Logghard - Paul Wolf


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      Nr. 50

      Die Mauern von Logghard

      von Paul Wolf

      Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

      Seit dem Tag der Wintersonnenwende, dem Tag der entscheidenden Schlacht, die auf dem Hochmoor von Dhuannin zwischen den Streitern der Lichtwelt und den Kräften des Dunkels ausgetragen wurde, sind Monde vergangen. Mit der Unterstützung Drudins, des obersten Dämonenpriesters, der die Kräfte der Finsternis mobilisierte, haben die eroberungssüchtigen Caer über die Kämpfer der Lichtwelt triumphiert und die große Schlacht für sich entschieden.

      Damit halten Tod und Verderben ihren Einzug auch in solchen Ländern, die bisher vom Krieg verschont geblieben sind. Massen von Menschen, unter ihnen die demoralisierten Besiegten der Schlacht, streben in heilloser Flucht nach Süden, die Herzen von Trauer und Hass erfüllt.

      Auch Mythor zieht südwärts, wobei der junge Held der Lichtwelt mit seinen jeweiligen Weggefährten oft aufgehalten und in eine ganze Reihe von lebensgefährlichen Abenteuern verwickelt wird. Dennoch verliert Mythor Logghard, die Ewige Stadt, die der siebte Fixpunkt des Lichtboten ist und daher das Ziel seiner Reise, nicht aus den Augen.

      Dabei weiß der Sohn des Kometen nicht, wie es in Logghard aussieht und was ihn dort erwartet. Er weiß nur eines: Seit vielen Jahrzehnten tobt ein erbitterter Kampf um DIE MAUERN VON LOGGHARD ...

      Die Hauptpersonen des Romans

      Mythor – Der Sohn des Kometen in der Ewigen Stadt.

      Albion – Mythors Nachfolger.

      Gamhed – Oberbefehlshaber von Logghard.

      Luxon, Sadagar und Hrobon – Mythors Gefährten.

      Jemon – Ein Krieger aus der Garde des Erleuchteten.

      Prolog

      »Wir sind Verlorene«, sagte der Reiter, dessen Visierhelm mit einem Federbusch geschmückt war. Einst mochte er ein Edelmann gewesen sein, doch das zählte nicht mehr. Er sah abgekämpft aus, seine Kleidung war zerschlissen, das Eisen seines Brustpanzers matt.

      »Egal, wohin wir reiten und wie lange wir unterwegs sind, wir kommen an kein Ziel.«

      Er sagte es wie zu sich selbst, aber sein Begleiter hörte seine Worte. Er erwiderte:

      »Wie lange sind wir schon in diesem Nebel? Ich fühle nichts mehr. Schlägt mein Herz noch? Atme ich? Ich weiß es nicht. Bin ich tot? Sind wir es alle – und reiten wir ins Land der Heroen ein?«

      »Schöne Helden sind wir!«, sagte der Reiter mit dem Federbusch abfällig. »Was haben wir gewonnen?«

      »Wir haben keinen Sieg errungen – aber auch keine Niederlage erlitten«, sagte sein Begleiter.

      Sie nannten es das Nebelland, obwohl der Ausdruck nicht zutreffend war. Die Düsternis, die sie einhüllte, war nicht wirklich Nebel.

      »Verdammt!« Der Edelmann trieb sein Pferd an und sprengte an der Kolonne von Kriegern vorbei, hinein in das verwaschene Nichts. In der Ferne zeigte sich kein Horizont. Nirgends ein Baum, kein Büschel Gras weit und breit, nicht einmal Sand. Kein Berg, kein Hügel unterbrach das eintönige Nichts. Man sah nicht einmal einen Steinwurf weit.

      Fußvolk und Reiter, alle von lange zurückliegenden Kämpfen gezeichnet, trotteten wie im Traum einher.

      »Da vorne! Land!«

      Der Ruf pflanzte sich wie ein Lauffeuer fort, einer rief es dem anderen zu, und Hoffnung keimte in den Herzen der Krieger auf.

      Das Land war ein schmaler heller Streifen in der ewigen Dämmerung. Wie eine Insel erhob sich die Landzunge aus dem trüben Nichts. Ein Streifen Grün, mit Tieren und Menschen darauf.

      Der Haufen der Verlorenen eilte darauf zu. Die Reiter trieben ihre Tiere ein letztes Mal an – dort war das rettende Land! Die Fußkrieger nahmen alle ihre Kräfte zusammen, um die grüne Insel zu erreichen.

      Das Donnern der Hufe und das Trampeln der Schritte erfüllte die Luft ... Doch als sie das vermeintliche Land erreichten, löste es sich wie ein Spuk auf.

      »Wir sind Verlorene«, sagte der Reiter mit dem Federbusch auf dem Visierhelm. »Was für einen Sinn hat unser Leben denn noch? Wenn wir doch wenigstens kämpfen könnten!«

      »Vielleicht sind wir Gefallene auf dem Weg ins Land der Heroen«, sagte sein Begleiter wieder.

      Die Ruhe kehrte in die Kolonne zurück, deren lange Schlange sich vorne und hinten in der Düsternis verlor. Alle fielen wieder in den hoffnungslosen Trott zurück.

      Jemand fragte:

      »Oder ist das die Schattenzone ...?« Niemand konnte ihm Antwort geben. Einige fröstelten bei diesem Gedanken. Andere machten verkniffene Gesichter, schoben solche Überlegungen weit von sich und dachten an bessere Zeiten, als sie noch in einer Welt lebten, wo das Unten auch wirklich unten war und das Oben von einem Himmel begrenzt, wo sie den Boden sahen, über den sie schritten – und vor sich einen Horizont, ein Ziel.

      »Weiter! Lasst den Kopf nicht hängen. Irgendwann einmal werden wir ...«

      Der Sprecher verstummte.

      Er hatte keine Vorstellung davon, was die Zukunft bringen mochte.

      1.

      »Das soll Logghard sein?«, sagte Steinmann Sadagar, nachdem er in dem uralten, verwitterten Gemäuer kurz Umschau gehalten hatte. »Wer weiß, wohin uns Flüsterhand geschickt hat. Ich traue diesen Stummen Großen jede Gemeinheit zu.«

      »Still!«, gemahnte Mythor, der nun im Besitz der gesamten Ausrüstung war, die der Lichtbote in sechs Fixpunkten hinterlegt hatte. Der siebte Lichtpunkt war Logghard, doch die Frage, was ihn dort erwartete, beschäftigte ihn noch nicht. Er fragte sich vorerst, wie Sadagar, ob dies hier überhaupt die Ewige Stadt war.

      Sie waren von Ruinen umgeben, die sich ringsum türmten. Es waren die Trümmer gewaltiger Mauern, die irgendwann einmal niedergerannt worden waren. Welche Mächte waren hier am Werk gewesen? Was hatten sie zerstört? Logghard? War die Ewige Stadt im 250. Jahr ihrer Belagerung gefallen? War er, Mythor, der sich nun mit Recht für den Sohn des Kometen halten durfte, zu spät gekommen?

      Diese Fragen schossen ihm durch den Kopf, während er mit seinen Gefährten den Geräuschen lauschte, die aus dem Ruinenberg kamen, in dem sie herausgekommen waren. Über den Trümmern lag ein gespenstisches Leuchten.

      Um sie war ein Rumoren. Manchmal hörte es sich wie fernes Wehklagen an, dann wieder klang es wie das Schleifen eines großen Körpers über losen, unebenen Untergrund. Irgendwo löste sich ein Stein, kollerte polternd in die Tiefe. Es dauerte eine geraume Weile, bis sein Aufschlag zu hören war. Ein Rascheln – und dann war zwischen den gespenstisch erhellten Ruinen eine Bewegung.

      »Da! Eine Gestalt!«, rief Luxon und deutete nach vorne. Als Mythor in die gewiesene Richtung blickte, war dort nichts mehr zu sehen. Luxon fuhr fort: »Hat einer von euch die Gestalt erkennen können? Für mich ging alles zu schnell.«

      »Ich habe überhaupt nichts gesehen«, meinte Sadagar, hatte aber die Hand nicht nur zufällig am Messergurt. Er blickte sich misstrauisch um. »Wo sind denn Flüsterhands Freunde, mit deren Hilfe er uns mittels des Hohen Rufes nach Logghard bringen wollte?« Er hob beide Hände und formte sie am Mund zu einem Trichter. »He, ich rufe die Stummen Großen!«

      Sein Ruf verhallte in den Ruinen, Stille folgte. Erst nach einiger Zeit setzten die unheimlichen Geräusche aus der Ferne wieder ein. Manchmal klang es wie das Rauschen von Wasser.

      »Wahrscheinlich sind wir immer noch in Erham – irgendwo unter dem Drachensee«, sagte Hrobon gehässig. Der Vogelreiter aus den Heymalländern hegte immer noch einen tiefen Groll gegen Mythor, den er stets zeigte, wenn er den Mund auftat.

      »Unsinn«, widersprach ihm Sadagar. »Flüsterhand hat keinen Zweifel darüber gelassen,


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