Picasso sehen und sterben. Jost Baum

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      Jost Baum

      Picasso sehen und sterben

      Provence-Krimi mit Rezepten

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      Jost Baum

      Picasso sehen

       und sterben

      Provence-Krimi mit Rezepten

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      Haftungsausschluss: Die Rezepte dieses Buchs wurden von

       Verlag und Herausgeber sorgfältig erwogen und geprüft.

       Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden.

       Die Haftung des Verlags bzw. des Herausgebers für Personen-,

       Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

      © 2007 Oktober Verlag, Münster

      Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung des

      Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster

       www.oktoberverlag.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz: Claudia Rüthschilling

      Umschlag: Tom van Endert

      Umschlagfoto: Franz R. / www.panthermedia.de

      Rezepte: Roland Tauber

      Herstellung: Monsenstein und Vannerdat

      ISBN: 978-3-938568-40-8

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       readbox publishing, Dortmund

       www.readbox.net

      Eins

      Die Hydropneumatik des Citroën ließ Kommissar Arnoult vergessen, daß er eine holprige schmale Straße der dritten Ordnung gewählt hatte, die unter einem malvenfarbenen Himmel parallel zur Küste durch schroffes Gebirge verlief, dessen Konturen wie geschmolzenes Glas in der Glut der Nachmittagshitze des 12. Juli funkelten. Rechts und links der Straße war der Boden karg und trocken. Übermannshohe Macchia mit Stein- und buschigen Kermeseichen, Ginster, Myrten und Mastix übernahm das Regiment, bis nur noch der blanke weiße Felsen in die flirrende Hitze emporragte. Besorgt blickte er immer wieder in den Rückspiegel und starrte auf die feuerrote Narbe, die in einer dünnen Schlangenlinie wie ein Kainsmal auf seiner schweißnassen Stirn prangte.

      Es ist der Mistral, der mich immer so in Rage bringt, dachte Arnoult wütend und fuhr sich mit der Hand über sein krauses Haar, um einige Tollen dazu zu bewegen, diesen blutroten Striemen zu bedecken. Der trockene Wind aus den Cevennen war in starken Böen über das Land hinweggetobt und hatte feinen Staub wie Patina über das Gebirge des Massif de St. Beaume gelegt und die Seelen der Menschen aufgewühlt, die durch das Tosen des Windes und den heftigen Temperatursturz nächtelang nicht schlafen konnten und nun müde und überreizt ihrer Arbeit nachgingen, in der Hoffnung, während der Mittagssiesta im Schatten einer Platane oder unter der Markise eines Bistros ein wenig des verlorenen Schlafes nachzuholen. Arnoult bremste, parkte den ID 19 in einer Nische zwischen zwei hoch aufragenden Felsen, kurbelte die Scheibe hoch und griff nach der Landkarte, die er im Handschuhfach deponiert hatte. Er vergewisserte sich, daß er nur noch wenige Kilometer zu fahren hatte, bis er die D 66 in Höhe von St. Louis/Les Lecques verlassen und eine kurvenreiche Straße wählen konnte, die ihn in halsbrecherischen Serpentinen bis zu der zerklüfteten buchtenreichen Felsenküste mit den handtuchschmalen Kiesstränden hinunterbrachte, die sich von St. Cyr-sur-mer im Osten bis Bandol im Westen erstreckt. Die Villa St. Fleurie war bereits von der Straße aus zu sehen. Das ockerfarbene zweigeschossige Gebäude lag am Ende eines Feldweges, der rechts und links von hundertjährigen Palmen gesäumt war, umgeben von verdorrten Weinfeldern, deren knorrige Rebstöcke wie anklagende Finger aus dem staubtrockenen Boden ragten. Grüne verwitterte Schlagläden, die geschlossen waren, ließen das Anwesen kahl und verlassen aussehen. Arnoult parkte den Citroën zwischen dem blauen Renault der Präfektur und einem weißen Peugeot 306, der vermutlich Inspektor Roubaix gehörte. Im Schatten einer Akazie stand ein silbergrauer Alfa Romeo Twin Spark. Wem auch immer dieser Wagen gehörte, er hatte einen Sinn für Form und Farbe, entschied Kommissar Arnoult. Er erinnerte sich wehmütig daran, daß er vor seinem Unfall, der Suzanne das Leben gekostet und ihm diese Narbe wie einen zornigen Gott der Rache bescherte, mit dem Gedanken spielte, sich ein sportliches Coupé zuzulegen. Arnoult seufzte müde, straffte dann aber seine Schultern und ging mit festen Schritten auf das Haus zu.

      Ein Polizist in schwarzglänzenden Stiefeln, Breeches und einem breiten Ledergürtel stand stumm wie einen Statue auf der letzten Stufe einer Steintreppe und bewachte den Eingang.

      Er nickte kurz mit dem Kopf und öffnete die eine Hälfte eines schweren Portals, als Arnoult seinen Dienstausweis zeigte. Arnoult trat ein. Ein vielarmiger Kristallüster hing unter einer Stuckdecke und tauchte die Szenerie in ein gespenstisches Licht. Am Fuße einer geschwungenen Steintreppe, die in den ersten Stock führte, war mit Kreide der Umriss eines Körpers auf den braunen Bodenfliesen markiert. Aus dem Halbschatten einer Säule, die einen Gipsengel trug, löste sich ein drahtiger junger Mann mit pechschwarzen Haaren, die er geölt und nach hinten gekämmt hatte. Er trug Jeans und ein T-Shirt unter dem verwaschenen Leinensakko. Seine nackten Füße steckten in italienischen Lederslippern.

      Inspektor Roubaix, murmelte er zwischen zwei Zügen aus seiner Zigarette. Alors, sie müssen Kommissar Arnoult sein, schön, daß sie schon da sind, grinste er ironisch und ließ die Gitanes von einem Mundwinkel in den anderen wandern. Biejeng, lassen sie uns beginnen, knurrte er dann in dem Tonfall der Provenzalen, bei dem die Nasale wegfallen, was bien auf hochfranzösisch heißen sollte und gut bedeutete. Arnoult, der aus Paris stammte und wegen des betörenden Lichts der Provence zum Kunststudium nach Marseille gekommen war, hatte sich immer noch nicht an den einheimischen Dialekt gewöhnt, bei dem Avignon wie Awinjong und quatrevingt wie kattreweng klang. Arnoult nickte beiläufig und betrachtete interessiert die Gemälde, die an den Wänden der Eingangshalle hingen. Bis auf das Portrait eines streng blickenden älteren Herrn in einer Uniform aus der Ära Napoleons des IV, waren die anderen Bilder der Französischen Schule um Henri Eugene Augustine Le Sidaner zuzuordnen. Eines der Ölgemälde, das zwischen zwei Stilleben aus dem 18. Jahrhundert zu sehen war, zeigte eine gedeckte Kaffeetafel im Garten einer mit Efeu bewachsenen Villa. Nichts wirklich Wertvolles, konstatierte Arnoult im Stillen. Er wunderte sich allerdings über einen schmalen Schlitz im Putz der Wand, der neben den Bildern gestemmt worden war, in dem ein rotes Elektrokabel lag, das bis zur Stuckdecke verlief und oben in einem kleinen Loch verschwand.

      Wenn sie mir bitte folgen wollen, Monsieur Arnoult, murmelte Roubaix, während er mit schnellen Schritten die geschwungene Steintreppe hinaufstieg, wobei Arnoult Mühe hatte, dem jungen Inspektor zu folgen. Als sie den ersten Stock erreicht hatten, standen sie in einem Flur, in dem auf beiden Seiten jeweils drei Türen zu sehen waren. Hier links in den drei Zimmern wohnen Madame und Monsieur Bertrand, das Hausmeisterehepaar. Die Umrisse der Leiche Monsieurs Bertrands haben sie bereits am Fuße der Treppe gesehen. Schräg gegenüber, am Ende des Flurs, hat Patrique, der dreißigjährige Sohn Bertrands, sein Zimmer. Patrique hat gestern Nacht im Yachthafen von St. Cyr gekellnert. Die beiden anderen Zimmer auf der rechten Seite sind laut Aussage von Madame Bertrand seit dem Tod des alten Monsieur Heroult, der vor einer Woche gestorben ist, unbewohnt. Kommissar Arnoult folgte Roubaix, der den Flur entlang ging und vor einer großen Doppeltür stehen blieb, die mit einem elektrisch betriebenen Zylinderschloß gesichert war, aber nun offen stand.

      Voilà, die Gemäldesammlung der Heroults, grinste Roubaix und trat ein. Die Gendarmerie hatte zwei riesige Scheinwerfer installiert, die den fensterlosen Saal in ein grelles Licht tauchten.

      Die Tür läßt sich nur öffnen, wenn man eine Zahlenkombination in diesen Kasten eingibt. Roubaix zeigte auf eine Art Tastentelefon, das


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