Syltmond. Sibylle Narberhaus
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Sibylle Narberhaus
Syltmond
Kriminalroman
Zum Buch
Rachsüchtig Während überall auf der Insel die traditionellen Biikefeuer brennen und Landschaftsarchitektin Anna Scarren mit ihrer Familie ausgelassen den Abschied vom Winter feiert, kommt eine junge Frau auf grausame Weise zu Tode. Im Rahmen ihrer Ermittlungen stößt die Sylter Polizei kurze Zeit später auf die Leiche einer zweiten Frau, die ebenfalls brutal ermordet wurde. Besteht ein Zusammenhang zwischen den beiden Opfern? Treibt womöglich ein Frauenmörder sein Unwesen auf dem beliebten Eiland? Sowohl der eben aus der Haft entlassene Sönke Brodsen, als auch der Chefarzt der Nordseeklinik, Dr. Frank Gustafson, geraten in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen. Unterstützung erfahren die Sylter Beamten von zwei Kollegen des LKA, was die Ermittlungsarbeit allerdings nicht unbedingt erleichtert. Auch in Annas Leben stehen einige Veränderungen an. Ihre Freude über die Nominierung zur Sylter Unternehmerin des Jahres verblasst schlagartig, als auch sie in Lebensgefahr gerät.
Sibylle Narberhaus wurde in Frankfurt am Main geboren. Nach einigen Jahren in Frankfurt und Stuttgart zog sie schließlich in die Nähe von Hannover. Dort lebt sie seitdem mit ihrem Mann und ihrem Hund. Hauptberuflich arbeitet sie bei einem internationalen Versicherungskonzern und widmet sich in ihrer Freizeit dem Schreiben. Schon in ihrer frühen Jugend entwickelte sich ihre Liebe zum Meer und insbesondere zu der Insel Sylt. So oft es die Zeit zulässt, stattet sie diesem herrlichen Fleckchen Erde einen Besuch ab. Dabei entstehen immer wieder neue Ideen für Geschichten rund um die Insel.
Impressum
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © YesPhotographers /
shutterstock.com
ISBN 978-3-8392-6988-6
Kapitel 1
Der Bahnhof von Niebüll lag in dichten Nebel gehüllt, der sämtliche Geräusche der Umgebung zu verschlucken schien. Es war Ende Februar, aber selbst der nahende meteorologische Frühlingsanfang schien in Anbetracht der Kälte in weite Ferne gerückt. Der Winter hatte das Land mit seinen eisigen Krallen seit Wochen fest im Griff. Über Nacht hatte der strenge Frost die kahlen Bäume und Sträucher mit Raureif überzogen. Selbst um den kleinsten Zweig lag ein filigraner weißer Stachelpanzer. Lediglich eine Handvoll Fahrgäste wartete auf dem beinahe verwaist anmutenden Bahnsteig auf den nächsten Zug. Wenige Stunden zuvor hatte es an diesem Ort von Pendlern, die mit der Bahn zu ihrem Arbeitsplatz auf die Insel fuhren, nur so gewimmelt. Er griff in die rechte Jackentasche, und seine Finger tasteten nach der Zigarettenschachtel. Obwohl er vor einem Monat mit dem Rauchen aufgehört hatte, war dieses Verhaltensmuster nach wie vor tief in ihm verankert. Doch auch diese Angewohnheit würde er im Laufe der Zeit ablegen. Schritt für Schritt würde er ein neues Leben beginnen und die Vergangenheit hinter sich lassen – so gut es eben ging. Einen konkreten Plan, wie sich seine nahe Zukunft gestalten sollte, hatte er bislang nicht. Eher eine vage Vorstellung, die von einigen nicht unerheblichen Faktoren abhing, die es im Vorfeld zu klären gab. Nachdenklich ließ er seinen Blick über den nahezu menschenleeren Bahnsteig schweifen, bis seine Augen auf einer jungen Frau hängen blieben, die wenige Meter von ihm entfernt ihre Aufmerksamkeit vollends auf das Smartphone in ihrer Hand gerichtet hatte. Bekleidet war sie mit einer gesteppten Winterjacke und einem dicken Wollschal, den sie fest um den Hals gewickelt hatte. Sie schien zu frieren, denn sie trat mit hochgezogenen Schultern von einem Fuß auf den anderen. Plötzlich bemerkte sie, dass sie beobachtet wurde, denn sie drehte ihren Kopf direkt in seine Richtung und sah zu ihm herüber. Ihre dunklen Augen hielten seinem Blick für einige Sekunden stand, und sie schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, bevor sie ihre Aufmerksamkeit erneut ihrem Smartphone widmete. Sie besaß ein ausgesprochen hübsches Gesicht und langes Haar, das sich durch die Feuchtigkeit in der Luft zu Locken kringelte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt mit einer Frau mehr als drei Worte gewechselt hatte, geschweige denn mit einer näher zusammen war. Würde es ihm jemals gelingen, sich ein weiteres Mal ernsthaft auf eine Frau einzulassen? War es überhaupt eine gute Idee, auf die Insel zurückzukehren nach allem, was passiert war? Bei diesem Gedanken spürte er eine eisige Kälte in sich emporkriechen, was nicht allein der Witterung geschuldet war. Umgehend stellte er den Kragen seiner Jacke auf. Erneut schenkte er der jungen Frau neben sich einen verstohlenen Seitenblick. Sollte er sie ansprechen? Ganz unverfänglich, nur ein belangloses Gespräch unter Reisenden. Ehe er seinen Gedanken nachhängen konnte, tauchte wie aus dem Nichts der einfahrende Zug auf und kam mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Mit einem Zischen öffneten sich die Türen automatisch. Er schwang sich seinen Seesack über die Schulter und stieg ein. Der Zug war kaum besetzt, sodass er mühelos einen freien Sitzplatz fand. Er stellte sein Gepäck auf den leeren Platz ihm gegenüber ab und ließ sich schließlich entgegen der Fahrtrichtung in seinen Sitz sinken. Draußen auf dem Bahnsteig sah er, wie sich zwei Frauen voneinander verabschiedeten. Eine der beiden hatte einen Koffer bei sich, während die andere außer einer Handtasche kein Gepäck mit sich führte. Sie winkte der anderen nach, die nunmehr den bereitstehenden Zug bestieg. Für die nächsten Minuten schloss er die Augen. Ein seltsames Gefühl überkam ihn, als er sich mit jedem Meter Schiene mehr und mehr seiner Heimat näherte. Er konnte die Reaktionen einiger bestimmter Personen auf sein Auftauchen kaum erwarten. Niemand wusste von seiner Rückkehr, die er bewusst für sich behalten hatte, denn es gab noch eine offene Rechnung zu begleichen. Diese Vorstellung entlockte ihm ein kurzes Lächeln. Dann lehnte er sich in seinem Sitz zurück, schloss erneut die Augen und ließ seine Gedanken vom gleichmäßigen Schaukeln des Zuges treiben.
Kapitel 2
Auf dem Heimweg vom Kinderschwimmen mit Christopher machte ich einen Abstecher zur Schokoladenmanufaktur in das Gewerbegebiet von Tinnum, um Kuchen und einige der köstlichen Trüffeln zu erstehen, von denen ich nie genug bekommen konnte. Für den Nachmittag hatte sich überraschend meine Freundin Britta angekündigt, die eine hochwichtige Neuigkeit zu vermelden hatte, wie sie am Telefon betont hatte. Alle meine Bemühungen, ihr dieses ominöse Geheimnis vorab zu entlocken, waren erfolglos geblieben. In dieser Hinsicht kannte Britta keine Gnade, da half auch nicht die Aussicht auf feinste Schokolade. Bereits beim Betreten des Ladens lief mir das Wasser im Mund zusammen, als ich an dem Kühlschrank mit den aufwendig verzierten Eistorten vorbeikam. Dieser Laden ließ jedem Schokoladenliebhaber das Herz höherschlagen.