Ein Junggeselle wird bekehrt. Barbara Cartland
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Ein Junggeselle wird Bekehrt
Barbara Cartland
Barbara Cartland E-Books Ltd.
Vorliegende Ausgabe ©2017
Copyright Cartland Promotions 1985
Gestaltung M-Y Books
1 ~ 1811
»Nein!« sagte der Marquis von Osminton.
Imogen Harlow stampfte mit dem Fuß auf. Es war ein sehr hübscher Fuß.
Auch ihr Gesicht war schön, doch im Moment war es vor Wut verzerrt.
»Wie kannst du so gefühllos sein ... so selbstsüchtig?« fragte sie.
»So ist mein Ruf«, entgegnete der Marquis lächelnd, »und ich schäme mich dessen nicht.«
»Das solltest du aber!« brauste sie auf. »Du denkst immer nur an dich, nie an jemand anderen!«
»Ich habe vor langer Zeit herausgefunden, daß mein Leben nur dann kompliziert wird«, erwiderte der Marquis bedächtig, »wenn ich an andere Menschen denke. Wenn ich mich dagegen ausschließlich um mich selbst kümmere, läuft alles reibungslos.«
»Nun, im Moment läuft es nicht gerade reibungslos«, sagte Lady Harlow bissig. »Ich sehe nicht ein, warum du den Prinzregenten nicht darum bitten kannst, mich ein einziges Mal zum Dinner einzuladen. Schließlich bist du fast jeden Abend dort.«
»Die kleinen Dinner-Partys des Prinzen sind nur für seine engsten Freunde«, erklärte der Marquis.
»Und wieso sollte ich nicht einer von ihnen werden?« fragte Lady Harlow herausfordernd. »Oder bist du eifersüchtig? Solltest du eifersüchtig sein, Chilton, bin ich beinahe geneigt, dir zu vergeben.«
»Ich bin nicht eifersüchtig, weil ich genau weiß, daß Seine Königliche Hoheit wesentlich ältere Damen bevorzugt. Du bist zu jung, Imogen, damit mußt du dich abfinden. In zehn Jahren mag dich der Regent vielleicht anziehend finden.«
»So alt werde ich in zehn Jahren nun auch wieder nicht sein!« meinte Lady Harlow gekränkt.
Der Marquis lächelte. Er hatte gewußt, daß sie auf diese Provokation eingehen würde. So würde sie zumindest für einen Moment von ihrem Vorhaben abgelenkt sein.
Sie wollte unbedingt ins Carlton House eingeladen werden, wenn sich der Prinz von Wales, der kürzlich ernannte Regent, mit seinen engsten Freunden und den Frauen traf, die er am attraktivsten fand. Derzeit war Lady Hertford, die bereits über fünfzig war, seine Favoritin. Sie hatte Mrs. Fitzwater aus seinem Herzen verdrängt.
Der Marquis war jedoch nicht daran interessiert, Lady Harlow in diesen auserwählten Kreis einzuführen. Obwohl er Imogen im Moment reizend und verführerisch fand, war er sich wohl bewußt, daß diese Liebesaffäre, wie so viele andere, nicht lange dauern würde.
Imogen hatte ihn unbedingt als Liebhaber gewollt, und da ihr Ehemann, Sir George Harlow, die Londoner Gesellschaft und ihre Zerstreuungen verabscheute, war es ihr nicht schwergefallen, sich dem Marquis zu nähern. Währenddessen weilte ihr Mann auf seinem Anwesen in Gloucestershire, wo er Vieh züchtete, das auf jeder örtlichen Viehausstellung Preise gewann.
Imogen Harlow war sich ihrer Schönheit nur zu bewußt, und da ihr Mann sehr großzügig war, war es ihr ein leichtes gewesen, sich in der Londoner Gesellschaft zu etablieren.
Sie wurde ins Devonshire House, ins Bedford House und ins Richmond House eingeladen, wo die großen Gastgeberinnen ihre Gäste unterhielten, aber von der Intimität des Carlton House war sie bis jetzt ausgeschlossen geblieben.
Da sie entschlossen war, ihr Ziel zu erreichen, schlug sie nun einen neuen Kurs ein.
»Ich dachte, du liebst mich, Chilton«, sagte sie mit jener Kleinmädchenstimme, die die meisten Männer unwiderstehlich fanden.
Der Marquis antwortete nicht, und nach einer Weile fuhr sie fort: »Ich weiß, du hast es niemals ausgesprochen, aber du kannst nicht abstreiten, daß ich dich errege und daß wir einige sehr, sehr glückliche Augenblicke miteinander erlebt haben.«
Den Marquis berührten ihre Worte nicht. Er war an Frauen gewöhnt, die eine Bezahlung für das Vergnügen erwarteten, das sie ihm boten. Imogen bildete da keine Ausnahme. Solange es um Juwelen oder andere Geschenke ging, war Osminton äußerst großzügig. Aber diesen Wunsch konnte und wollte er nicht erfüllen.
Zwar kursierten in der Londoner Gesellschaft gewisse Gerüchte über ihn und Lady Harlow, doch beweisen konnte niemand, daß sie eine Affäre miteinander hatten. Und so sollte es auch bleiben.
Also traf er Imogen privat, wann immer er wollte, war jedoch äußerst vorsichtig damit, wie oft und wo sie sich zusammen in der Öffentlichkeit zeigten.
Während sie immer noch auf eine Antwort wartete, trat Lady Harlow auf ihn zu und betrachtete ihn aufmerksam.
Der Marquis von Osminton war einer der am meisten bewunderten Männer der Gesellschaft. Er hatte eine schlanke, athletische Figur mit breiten Schultern und ein markantes, gutaussehendes Gesicht; zudem verfügte er über eine Eleganz, die ihresgleichen suchte.
Darüber hinaus gab es niemanden im Kreise des Prinzregenten, der eine Kutsche schneller und geschickter handhaben und feurigere Pferde reiten konnte oder ein treffsicherer Schütze mit der Duell-Pistole war.
»Ihr genießt nicht nur die Bewunderung der Damen, Chilton«, hatte der Prinz einmal beinahe vorwurfsvoll zu ihm gesagt, »sondern, verdammt, auch die Bewunderung der Herren!«
Der Marquis wußte, daß das stimmte. Gleichzeitig war er sich jedoch auch darüber im Klaren, daß er nicht nur Freunde und Gönner hatte.
Er war dafür bekannt, hart, in mancher Hinsicht rücksichtslos und, wie Lady Harlow gesagt hatte, außerordentlich selbstsüchtig zu sein.
Dies war insofern nicht verwunderlich, als er bereits als junger Mann sowohl einen alten, ehrwürdigen Titel als auch ein enormes Vermögen geerbt hatte.
Seine Besitztümer gehörten zu den prächtigsten von ganz England, und verständlicherweise war er sich seiner eigenen Bedeutung durchaus bewußt.
»Bitte, Chilton!« sagte Lady Harlow nun, als sie vor ihm stand.
Sie wußte wohl, daß er nicht umhinkonnte, ihre aufregende Figur zu bewundern.
Imogen sieht wunderschön aus mit ihren sanften Augen und ihren schwellenden Lippen, dachte der Marquis. Seine dunklen und durchdringenden Augen schienen jedoch hinter ihre Maske zu sehen.
»Das Thema beginnt mich zu langweilen, Imogen. Ich habe nein gesagt, und ich meine nein!«
Seine Stimme hatte einen scharfen Klang bekommen.
Imogens Augen füllten sich mit Tränen.
»Oh, Chilton!« hauchte sie unglücklich mit heruntergezogenen Mundwinkeln.
Der Marquis lachte, und es klang nicht besonders freundlich.
»Gegen Tränen bin ich immun«, sagte er. »Sie lassen mich kalt und machen mich meist ziemlich ärgerlich.«
Er legte seinen Arm um Imogen und hob mit seiner anderen Hand ihr Kinn an.
»Wenn du aufhörst, mich zu bedrängen«, versprach er, »werde ich dir das Armband schenken, das du gestern in der Bond Street so sehr bewundert hast.«
Einen Moment lang kämpfte Lady Harlow gegen den Wunsch an, ihm entgegenzuschleudern, er könne das Armband behalten. Doch dann sagte ihr ihr Verstand, daß ein weiterer Streit den Marquis nur gegen sie aufbringen und es für sie noch unmöglicher machen würde, das zu bekommen, was sie wollte.
»Ich danke dir«, flüsterte sie mit einer Stimme, die jeden anderen Mann dazu gebracht hätte, sich als Scheusal zu fühlen.
Während sie sprach, warf sie ihm einen verstohlenen Blick aus halbgeschlossenen Augen zu. Sein Gesichtsausdruck verriet ihr, daß