Am Himmelreich ist die Hölle los. Ilka Silbermann

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Am Himmelreich ist die Hölle los - Ilka Silbermann


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ich auch alleine. – Und du, Orko …!“ Sie wurde sehr streng. „Du bleibst jetzt hier unten, verstanden?“

      Orko legte sich ergeben hin und schaute traurig zu ihr hoch.

      „Hast es dir selbst zuzuschreiben, mein Lieber.“

      Mark ging unterdessen zum Auto und setzte es um. Holte sein Gepäck aus dem Fahrzeug, und gleich darauf stand er neben Sabrina, die bereits im Obergeschoss dabei war, die Betten in seinem Zimmer zu beziehen.

      „Eins hätte auch gereicht. Ich erwarte keinen Besuch.“

      „Es sieht so ungemütlich aus, wenn nur ein Bett bezogen ist“, erwiderte Sabrina und dachte: Das kann man nie wissen. – Ups, Sabrina!, ermahnte sie sich schmunzelnd.

      Mark sah ihren Gesichtsausdruck und schaute sie fragend an. „Hab ich was verpasst?“

      „Wie bitte?“ Sabrina wusste wirklich nicht, was er meinte.

      „Du grinst so.“

      „Ich? Nö. Nichts“, und widmete sich ausgiebig dem Bettbezug.

      „Wie lange hast du vor zu bleiben?“, fragte Sabrina.

      „Ich weiß es nicht. Ehrlich. Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Wollte einfach nur mal frische Luft schnuppern.“

      „Veränderung kann sehr hilfreich sein“, entgegnete Sabrina. „Und frische Luft gibt es hier in Hülle und Fülle.“

      Mark betrachtete sie nachdenklich, während sie das Bett glatt strich. Sah man ihm die Trennung so deutlich an? Oder was meinte sie mit ihrer Äußerung?

      ***

      Nachdem das Ehepaar die Verfolgung aufgeben musste, kehrte es nach einer Weile ins Wohnhaus zurück. Die Zeichnungen hatten die Männer zuvor noch in einer Tasche verstaut. Auch konnten Rolf und Gerda dort nichts anderes entdecken, das ihnen irgendwelche Hinweise lieferte.

      „Na, das ist doch mal ein Netter“, äußerte Gerda hingerissen und meinte damit den Neuankömmling.

      „Abwarten und Tee trinken“, erwiderte Rolf abwiegelnd.

      „Schön wär’s“, murmelte Gerda und blieb beobachtend an der Wand „stehen“.

      „Was meinst du?“ Rolf betrachtete ebenfalls den Neuankömmling.

      „Tee trinken und dazu ein schönes Stückchen Kuchen mit Sahne. Da läuft mir doch glatt das Wasser im Mund zusammen.“

      Rolf lachte. „Kenne ich nur zu gut, doch alles nur Einbildung, meine Liebe, alles nur Einbildung.“

      „Aber du musst doch zugeben, dass es ganz gut anfing?“

      „Du meinst, dass es, wenn sich unsere Tochter fast den Hals bricht, romantisch ist?“

      „Natürlich nicht. Aber er zeigte sich ritterlich. Ist doch ein vielversprechender Anfang.“

      „Frauen!“, schimpfte Rolf. „Du lässt dich auch sofort von einem bisschen Sexappeal einfangen. Ich jedenfalls werde ihn mir genau unter die Lupe nehmen. Guck ihn dir doch an. So einer macht üblicherweise auf den Malediven Urlaub, und wenn in Deutschland, dann bestimmt eher auf Sylt.“

      „Puh, bist du versnobt. Warum sollte er nicht hier Urlaub machen? Bei uns ist es doch gediegen.“

      „Ja, gediegen, das stimmt. Aber gediegen und teures Cabrio passen nicht zusammen.“

      Gerda gab nicht so leicht auf. „Vielleicht wäre er der richtige Mann für Sabrina. Er scheint finanziell abgesichert zu sein, ist jung, durchtrainiert und sieht zudem auch noch fantastisch aus. Er könnte auf sie aufpassen und ihr ein schönes Leben bieten.“

      Rolf sah sie verwundert an. „Was ist denn mit dir los? So kenn ich dich gar nicht. Was ist aus ‚unabhängig‘ und ‚man braucht keinen Mann, um glücklich zu sein‘ geworden?

      „Ach, du siehst doch, welchen Gefahren unsere Tochter ausgesetzt ist. Allein mit einer Ferienpension.“

      Rolf blickte sie besorgt an. Seiner Frau schien es wirklich nicht gut zu gehen. Wo war ihr Kampfgeist, ihre grenzenlose Energie? Täuschte er sich oder war ihre Erscheinung noch schemenhafter geworden als sonst?

      „Geht es dir nicht gut, mein Schatz?“, fragte nun Rolf.

      „Ich fühle mich müde, wenn ich über all diese Dinge nachdenke. Wie sollen wir unsere Tochter schützen? Wir können doch nicht einmal unser Zuhause verlassen? Ein Mann im Haus wäre schon beruhigend.“ Gerda blickte zu Mark. „Und wenn er Schriftsteller ist und die Abgeschiedenheit sucht, ist er hier genau richtig. Sollte es zwischen den beiden funken, könnte ich endlich beruhigt sterben.“

      „Sei nicht albern. Du bist bereits tot.“

      „Ach, ja, stimmt.“ Gerda starrte vor sich hin.

      „Orko hat einen Narren an ihm gefressen“, lenkte Rolf ein, der sich jetzt wirklich Sorgen machte.

      Der Hund lag nun zu Marks Füßen, der an dem kleinen Tisch saß und seinen Laptop aufgebaut hatte. Als hätte Orko seinen Namen vernommen, hob er den Kopf und wedelte kurz verhalten mit dem Schwanz.

      Mark streichelte ihn geistesabwesend.

      „Au Backe, ob Mark uns wahrnimmt?“ Gerda schaute prüfend zu ihm hinüber.

      „Nein, er hat auf Orkos Verhalten automatisch reagiert. Ich glaube nicht, dass er sein Handeln überhaupt selbst registriert hat.“

      In diesem Moment zückte Mark sein Smartphone, schaltete es ein und entsperrte es.

      „Kein Empfang!“ Er stand auf und ging zum Fenster. Prüfend hielt er es hoch. „Orko, habt ihr WLAN?“ Er schaute auf den Hund herab und lächelte. „Na, komm! Das wollen wir mal von deinem entzückenden Frauchen erfahren.“ Er öffnete die Tür und machte eine einladende Handbewegung.

      „Darf ich bitten, Orko? – Du zuerst.“

      Und schon schlitterte der Hund die Treppe hinab.

      Rolf richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Gerda. „Du solltest dich ausruhen. Du siehst so, so – ich weiß nicht, so komisch aus.“

      „Was?“ Gerda fuhr zusammen. „Wie, komisch?“

      „Na, komisch, so anders eben.“

      Sie rauschte ins Schlafzimmer zum Spiegel und blickte hinein. Unwillkürlich wich sie vor Überraschung zurück.

      ***

      Dicke graue Wolken hingen am ostfriesischen Himmel. Unterschiedliche Nuancierungen von hell bis dunkelgrau grenzten die Formen ab. Mehrere Schichten waren erkennbar, die der Sonne an diesem Tag keine Chance geben würden.

      Die ständige Brise machte es den beiden Radfahrern nicht leicht, die als Einzige über den Deich am Benser Tief Richtung Norden strampelten. Die Strickmütze, tief ins Gesicht gezogen, schloss mit dem Rand der heute überflüssigen Sonnenbrille ab. Doch Iwan war so daran gewöhnt, sie zu tragen, dass er sich ohne sie unsicher und durchschaut fühlte.

      Er hielt den Blick gesenkt und achtete auf den schmalen Pfad, als ihn plötzlich etwas am Kopf traf und er fast in Antons Fahrrad gefahren wäre, der vor ihm bisher das Tempo vorgegeben hatte. Doch nun bremste er schlagartig ab. Er sprang vom Rad und stürzte seiner davoneilenden Truckercap nach, die ihren Weg bereits fortsetzte, nachdem sie von Iwans Stirn abgeprallt war.

      Während Anton sich bemühte, sie wieder einzufangen, schimpfte Iwan laut: „Lass die blöde Kappe, die fliegt dir sowieso wieder weg. Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dir eine vernünftige Mütze kaufen?“

      Anton ignorierte ihn und hechtete wie ein Torwart der Kopfbedeckung hinterher, die im Wind Kapriolen schlagend den Heimweg antrat. Doch gleich darauf hatte er sie unter sich begraben. Innerlich triumphierend nahm er sie an sich, streifte den Schmutz ab und drückte sie fest auf seinen Kopf.

      „Können


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