Was war das für eine Zeit, damals, Anfang der 1970er Jahre, als der graue Schleier aufbrach? Uns Jungen gingen die alten Autoritäten gewaltig auf den Sack. Hatten sie aus dem Kriegsdesaster gelernt? Wir wollten leben, einfach nur leben: Liebe, Freiheit, Musik hören, auf Festivals feiern, Reisen, andere Kulturen kennen lernen. Noch immer wurde Schreckliches aus Vietnam berichtet. Noch immer regnete es Bomben unserer US-Freunde über dieses geschundene Land. Waren das überhaupt Freunde? Alles im Namen der Demokratie? Wir hatten das Gefühl, von allen belogen zu werden. Eine heuchlerische, verkorkste Gesellschaft. Eine lieblose, noch immer viel zu prüde Gesellschaft – mit endlosem Konsumzwang. Dem wollten wir uns entziehen. Für uns wurde der Aufbruch eine Frage des inneren Überlebens. Wir wurden rebellisch und hofften auf die Befreiung durch die Macht der Liebe. Wer liebte, konnte nicht Krieg spielen – dachten wir. Und so hieß unser Motto «Make Love – Not War!» Die Organisation in politischen Gruppen, Vereinigungen und Parteien folgte auf dem Fuß – bald schon würde die Revolution alles Alte und Verkommene beseitigen. Unsere Hoffnung hielt uns aufrecht. Sich anpassen und beugen war nicht unsere Sache. Noch nicht. Unsere Visionen erreichten Blüten. Unsere Illusionen kämpften mit der Realität. Wir hofften und bangten. Vieles geriet durcheinander: Wertvorstellungen, Arbeitsmoral, Kulturelle Ansprüche. Es änderten sich Sprache, Musik und die gesellschaftliche Atmosphäre als es hieß, man wolle mehr Demokratie wagen. Konnte die Verheißung erfüllt werden?