"Tief im Hessenland, verloren in endlos gedehnten Waldungen, auf einsamer Bergkuppe ragend, steht eine Ruine, die ›Wolfsburg‹ genannt. Wenig Mauerreste zeugen von ihrer Vergangenheit …" Doch: «Wenn der Vollmond durch die Wolken bricht und der verspätete, wegmüde Wanderer sich an der Ruine zur Ruhe gelegt hat und wie im Traum fern her vom Dörflein zwölf dumpfe Schläge hört, dann ist es ihm plötzlich wie ein seltsames Gesicht: langsam baut sich Stein auf Stein in der Ruine, wie mit Zaubermächten wachsen die verwitterten Trümmer empor, schimmernde Hallen und Säulen wölben sich über dem Zitternden, er schaut den Burghof, er sieht die geharnischten Gestalten in wilder Hast über die Fließen stürmen, bäumende Rosse jagen an ihm vorüber – Waffenklirren und Kampfruf …» Was Eschstruth hier in der bestrickenden Einleitung ihrer Meistererzählung beschreibt, ist genau das, was in der Tat nun auch dem Leser passiert, wenn er sich in den packend-anschaulichen Bericht vom Schicksal und den äußerlichen und inneren Kämpfen des Freiherrn Carl Wolfgang von Wolfsgeil vertieft. Wie von Zauberhand lässt Eschstruth in dieser Mittelalter-Erzählung eine untergangene, ferne Welt plastisch wiedererstehen!Eschstruth erzählt die Geschichte der legendären Wolfsburg in Hessen, um die herum sich im 12. Jahrhundert die Stadt Marburg gründete. In der fast tausendjährigen Geschichte des Hauses trug das Bauwerk verschiedene Namen und erfüllte diverse Zwecke. Eschstruth zeichnet diese wechselvolle Geschichte exemplarisch am Hause der Freiherrn von Wolfsgeil nach. Als Carl Wolfgang von Wolfsgeil mitten in der Heide einen Unfall erleidet, findet ihn das schöne, wilde Heidemädchen Mustela und ist sogleich fasziniert von ihm. Als seine Gefolgsleute ihr sagen, um wen es sich bei dem schwer Verwundeten handelt, weigert sich Mustela jedoch, ihm mit ihrer Heilkunst zu helfen. Denn ihr Großvater, der Vogelsteller Juan Piccolo, hegt gegen die Wolfsgeils einen tiefen, unüberwindbaren Hass. Schließlich erklärt sich das Mädchen bereit, den Edelmann bei sich aufzunehmen, jedoch nur unter der einen Bedingung, dass ihr Großvater auf keinen Fall erfährt, um wen es sich handelt …-