Musikeinsatz im Französischunterricht. Andreas Rauch

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Musikeinsatz im Französischunterricht - Andreas Rauch


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Schule – von Brassens und Brel zu Rap und Bruel im o. g. Themenheft Der fremdsprachliche Unterricht Französisch versucht Ralf Böckmann eine Standortbestimmung zur Rolle des französischen Chansons im Französischunterricht mit dem Fazit, dass der Platz des französischen Chansons im Unterricht zwar schon seit langem gesichert ist, wobei er allerdings für den Einsatz aktueller Chansons plädiert, für „Beispiele der 90er Jahre […], Interpreten dieser Tage, die in der frankophonen Welt und darüber hinaus bekannt und beliebt sind, auch solche, die es vielleicht erst bei uns zu entdecken gibt.” So sollte die „didaktische Diskussion über das Was und das Wie […] heute innerhalb des Spannungsfeldes von klassischem französischem Chanson, von Pop, Rap und kommerzieller Medienkultur verlaufen.”51 In seinem Artikel Chansons im Französischunterricht (Schwerpunkt: Sekundarstufe II) im Themenheft Musik und Fremdsprachenunterricht52 zeigt Werner Weilhard methodisch-didakische Möglichkeiten im Bereich des Hörverstehens53 auf:

      Hinsichtlich der Methoden des Chansoneinsatzes sollte […] das Prinzip „Vario delectat” [sic] gelten. In jedem Fall unverzichtbar ist im Vorfeld der Planung eine möglichst präzise Klärung der Schwierigkeitsfaktoren und -grade im Lernbereich Hörverstehen.54

      Für die Sekundarstufe I gibt Wolfgang Froese Ende der 1980er und bis Ende der 1990er Jahre das beliebte Liederheft En chantant55 heraus, das neben 15 kindgemäßen Chansons traditionnelles56 auch 12 Chansons didactiques57 enthält. Das 1994 im Institut für Didaktik populärer Musik von Karl Rohrbach und Matthias Ganz herausgegebene Werk Chansons pour toi58 besteht aus drei Heften mit 5 CDs, wobei Band 1 einfache Lieder, Kanons, Chansons für die ersten zwei bis drei Jahre Französischunterricht vorstellt. Es dominieren die Chansons traditionnelles. Band 2 enthält Lieder der Nouvelle génération française wie Jean-Jacques Goldman, Michel Fugain, Stephan Eicher und Patricia Kaas. Dazu geben die Autoren handlungsorientierte Aufgabenstellungen vor: (Wir schreiben ein eigenes Chanson).59 Band 3 ist als Lehrerband60 konzipiert und bietet zahlreiche didaktische Hinweise sowie die kompletten Notenarrangements. So beginnt der Lehrerband mit dem Titel Das Lied im Französischunterricht und dem Zitat „Guter Unterricht ist ganzheitlicher Unterricht“.61 Die Autoren beschreiben die gegenseitige Wechselwirkung der linken und rechten Hemisphäre des Gehirns, wobei nach Forschungen der Neurobiologie bei der linken Hirnhälfte die rational-analytische, bei der rechten Hirnhälfte die intuitiv-imaginative Funktion im Mittelpunkt steht:

      Das Chanson bietet die Möglichkeit, wieder beide Seiten unseres Bewußtseins anzusprechen: es beinhaltet Musik und Sprache, es weckt Emotionen, entspringt der Realität oder der Phantasie … – kurz: es berührt den ganzen Menschen, nicht bloß den Kopf.62

      Der Liedeinsatz im Französischunterricht ermöglicht ein ganzheitliches Lernen – im Pestalozzischen Sinne mit Kopf, Herz und Hand. 2002 erscheint ein Themenheft der Zeitschrift Der fremdsprachliche Unterricht Französisch zu „Sprache und Musik“63 mit einer Auswahlbibliographie, die zeigt, dass Ende der 1990er Jahre diese Interdependenz von Sprache und Musik in mehreren fremdsprachendidaktischen Publikationen thematisiert wird.64

      Eine weitere Tendenz der 1990er Jahre ist durch die Interdisziplinarität geprägt: Ursula Mathis organisierte 1993 an der Universität Innsbruck das interdisziplinäre Symposium La chanson française contemporaine. Politique, société, médias, an dem neben den Romanisten namhafte Historiker, Journalisten, Kultur-, Sprach-, Literatur- sowie Musikwissenschaftler und Soziologen beteiligt waren.65

      Dieser fachübergreifende, interdisziplinäre Ansatz dominiert auch im 1997 von Norbert Becker herausgegebenen Themenheft zum Chanson.66 Becker prophezeit im Vorwort die Medienrevolution der 2000er Jahre, die durch den Triumph und die Ausbreitung des Internets charakterisiert werden kann, sowie neue Kommunikationsplattformen, die mit Videoclips, mp3, mp4, deezer u. a. ein neues Medienzeitalter einläuten.67

      Zum visuellen Medieneinsatz aus einer interdisziplinären Perspektive erscheint auch 1992 Marcus Reinfrieds Dissertationschrift Das Bild im Fremdsprachenunterricht68 als erste lückenlose Darstellung der historischen Entwicklung der visuellen Medien im Französischunterricht. 1996 gibt Gabriele Blell mit Karlheinz Hellwig den interdisziplinären Band Bildende Kunst und Musik im Fremdsprachenunterricht69 heraus und charakterisiert den fremdsprachendidaktischen Zusammenhang wie folgt:

      Motivierender Fremdsprachenunterricht beginnt beim Lernenden und seinen Interessen. Der Einsatz von Bildern im Fremdsprachenunterricht ist […] zu einer beliebten und sprachlich produktiven Selbstverständlichkeit geworden. Das gilt insbesondere für Formen mediuminterner Verbindung mit der Fremdsprache: wie z. B. für Bildergeschichten, Cartoons, Comics, Buchillustrationen zu literarischen Texten, Filmen und Videos. Ähnlich verhält es sich mit Musik. Durch elektronische Apparate ist Musik überall. Es gibt auch kaum einen Lernenden, der sich nicht in irgendeiner Form von Musik für das Fremdsprachenlernen motivieren ließe. […]. Die mediumexterne Kombination von Bild und Fremdsprache sowie von Musik und Fremdsprache, d. h. das Sprechen über Bildkunstwerke: Malereien, Graphiken und Collagen – oder über Tonkunstwerke ohne Wort: Programm-Musik und Charakterstücke – war jedoch lange Zeit ein auffällig vernachlässigter Bereich der Fremdsprachendidaktik im neusprachlichen Unterricht.70

      Zwei Jahrzehnte nach der kommunikativen Wende kommt Frank G. Königs in Anlehnung an Hans-Eberhard Piephos proklamierter „postkommunikativer Phase”71 nach einer Bestandsaufnahme der Forschungen in der Fremdsprachendidaktik zum Ergebnis, dass diese Neuentwicklungen als Belege für eine „Veränderung des Verständnisses von fremdsprachenunterrichtlicher Kommunikation und natürlich auch von fremdsprachenunterrichtlich bezogener kommunikativer Kompetenz” interpretiert werden können.72 Königs prägt den Begriff „neokommunikativ”, der diese Neuentwicklungen treffender darstelle als „postkommunikativ”.73 Parallel zu Frank G. Königs, dessen Aufsatz in der wenig verbreiteten chilenischen Zeitschrift Taller de letras erschien und deutschlandweit nur in der UB Frankfurt konsultierbar ist, bezeichnete auch Marcus Reinfried diese unterrichtsmethodischen Strömungen in seiner Vorlesung über Methodenkonzeptionen an der damaligen PH Erfurt als „neokommunikativ“.74 Dieser Paradigmenwechsel hin zum neokommunikativen Fremdsprachenunterricht wurde von Reinfried nach einer empirischen Auswertung der Sachregister der Bibliographie Moderner Fremdsprachenunterricht aus drei Jahrzehnten analysiert75, wobei er daraus folgende fünf unterrichtsmethodische Leitprinzipien abgeleitet hat:76

      (1) Handlungsorientierung (mit den Unterrichtsformen kooperatives Lernen, kreative Arbeitsformen und Lernen durch Lehren); (2) fächerübergreifender Unterricht (dem der Projektunterricht, die Mehrsprachigkeitsdidaktik und der bilinguale Unterricht zugeordnet werden); (3) ganzheitliches Lernen77 (mit Inhaltsorientierung sowie authentischem und inzidentellem, d. h. beiläufigem Lernen); (4) Lerner- und (5) Prozessorientierung (mit der Individualisierung des Lernens, dem autonomen Lernen und dem reflektierten Einsatz von Lerntechniken).78

      Zur Mehrsprachigkeitsdidaktik erschien 1998 ein von Franz-Joseph Meißner und Marcus Reinfried herausgegebener umfangreicher Sammelband.79 Ein Jahrzehnt später verfasste Franz-Joseph Meißner darüber hinaus einen grundlegenden historischen Aufsatz, der sich erstmals der diachronen Perspektive der Mehrsprachigkeitsdidaktik widmete und deren historischen Vorläufern unter semasiologischen und onomasiologischen Aspekten nachging.80

      In mehreren Bänden der von Gabriele Blell und Rita Kupetz herausgegebenen Reihe Fremdsprachendidaktik inhalts-


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