Argumentation. Kati Hannken-Illjes

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Argumentation - Kati Hannken-Illjes


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       Deduce and judge deduction

       Make material inferences

       Make and judge value judgements

       Define terms and judge definitions, using appropriate criteria

       Attribute unstated assumptions

       Consider and reason from premises

       Integrate dispositions and other abilities in making and defending a decision

      Kritisches DenkenKritisches Denken besteht also aus wichtigen Aspekten der Argumentation: die Konzentration auf eine klar bestimmte Fragestellung, die Fähigkeit, Argumente analysieren zu können, ungeäußerte, implizite Annahmen zu identifizieren und zuzuordnen. Aus dieser Liste wird deutlich, dass das Modell des Kritischen Denkens keine Praxis der Argumentation ist und auch nicht die praktische Umsetzung der Informellen Logik. Zugleich sind argumentative Fähigkeiten aber essentiell für Kritisches DenkenKritisches Denken. „Argument analysis, I contend, is but one important part of critical thinking“ (Govier, 1989, S. 117). Die Analyse von Argumentation ist immer Kritisches DenkenKritisches Denken, aber nicht jede Form von Kritischem Denken besteht in der Analyse von Argumentation (Govier, 1987, S. 238). Kritisches DenkenKritisches Denken soll es ermöglichen, verschiedene Fragen zu untersuchen und so informierte, fundierte Entscheidungen zu treffen. Eine ausgeprägte Argumentationsfähigkeit ermöglicht damit auch gesellschaftliche Teilhabe.

      3.2 Fehlschlüssigkeit und Fehlschlüsse

      Die Informelle LogikInformelle Logik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als ein enorm fruchtbares Feld der Argumentationsforschung etabliert. Ein zentraler Gegenstand dieses Feldes ist die Forschung zu den Fehlschlüssen. Den Ausgangspunkt dafür bietet wieder einmal eine Schrift von Aristoteles, die „Sophistischen Widerlegungen“. Nimmt Aristoteles die Fehlschlüsse auch in der „Analytik“ und der „Rhetorik“ wieder auf, so scheinen die „Sophistischen Widerlegungen“ doch die Grundlage für das Verständnis der Fehlschlüsse zu bilden (vgl. Tindale, 2010). Um diese Einordnung nachvollziehbar zu machen, ist es wichtig zu beleuchten, wer die Sophisten waren und wie sie beurteilt wurden. Der Platz der Sophisten ist eigentlich in der Rhetorik und in der rhetorischen Perspektive auf Argumentation. Sie waren Gelehrte und Redelehrer im antiken Griechenland. Sie unterrichteten Rhetorik – Rede und Argumentation. Die Auffassungen der Sophisten zur Rhetorik waren an die Praxis der öffentlichen Rede gebunden. Sie gingen von der wichtigen epistemologischen Prämisse aus, dass die Rhetorik sich nicht mit wahren Aussagen (wie die Analytik), sondern mit wahrscheinlichen Aussagen befasst. Die Aufgabe des Redners ist es, die WahrscheinlichkeitWahrscheinlichkeit einer These, einer Aussage plausibel zu machen. Dies wird dann besonders relevant, wenn man sich vor Augen hält, dass rhetorisches Handeln notwendig wird, wenn es um Entscheidungen geht, die auf Grund begrenzten Wissens getroffen werden müssen. Hier haben die Teilnehmerinnen nicht immer die Möglichkeit alle Fragen bis in den letzten Aspekt zu klären. Zudem handelt es sich häufig um Fragestellungen, die eher Werturteile berühren und weniger Fakten. So wird in „Die zwölf Geschworenen“ diskutiert, ob die Gesellschaft den Jungen im übertragenen Sinne „geschlagen“ habe. Diese Frage lässt sich nicht auf der Basis von Faktenwissen beantworten, sondern bezieht Überzeugungen darüber ein, in welchem Verhältnis die Gesellschaft und das Individuum zueinander stehen und stehen sollten.

      Drei zentrale Figuren der Sophisten waren Gorgias, Protagoras und Isokrates. Besonders die wenigen überlieferten Aussprüche von Protagoras machen die Denkweise der Sophisten deutlich. Zum einen die Aussage, dass es zu jeder StreitfrageStreitfrage zwei Seiten gibt, und dass die Rhetorik die Kunst ist, die eine Seite zu erheben und die andere niederzuwerfen. Auf Grund dieser Aussage wird Protagoras auch häufig Vater der Debatte genannt. Protagoras drückt die Überzeugung aus, dass eine Aussage nicht per se zustimmungsfähig ist, sondern dass Zustimmungsfähigkeit durch den Redner hergestellt werden muss. Das beinhaltet auch, dass eine Aussage nicht a priori einen höheren Wahrheitsgehalt hat als eine andere. Zum anderen bestimmt Protagoras durch den homo-mensura-Satz die epistemologische Grundhaltung zumindest einiger Sophisten: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge. Der seienden, dass sie sind und der nicht-seienden, dass sie nicht sind.“ Lesen lässt sich dieser Satz als eine relativistische erkenntnistheoretische Position. Erkenntnis ist nur möglich und wird gefiltert durch die Wahrnehmung des Menschen, es gibt keine objektive Erkenntnis. Erfahrungen sind immer Erfahrungen für jemanden. Für die Rhetorik und die Argumentationswissenschaft ist diese Auffassung wichtig, da in Entscheidungssituationen nicht auf das objektiv Gegebene zurückgegriffen werden kann, sondern zwischen verschiedenen Wahrnehmungen vermittelt werden muss. Diese Vermittlung muss symbolisch, muss sprachlich geschehen.

      Die Rolle der Sophisten für die Rhetorik und die Philosophie ist umstritten. Über lange Zeit galten sie als Überredungskünstler, die ihre Kunst gegen Geld verkauften, damit aber keinen Beitrag zur Wahrheitsfindung lieferten, sondern diese vielmehr korrumpierten. In der modernen Rezeption der Sophisten bekommen sie zunehmend die Position von Rhetorikern im besten Sinne, die sowohl die Praxis der Rede beherrschten und lehrten als auch wichtige Grundannahmen anboten, wie unter den Bedingungen von Unsicherheit Entscheidungen getroffen werden können. So sind die Sophisten zwar für die Rhetorik weitgehend rehabilitiert, aber nicht notwendigerweise auch für die Argumentationswissenschaft. Wie Tindale (2010, S. 3) feststellt, wird sophistisches Argumentieren immer noch mit FehlschlüssigkeitFehlschlüssigkeit gleichgesetzt.

      Wenn Aristoteles seine „Sophistischen Widerlegungen“ schreibt, so nutzt er den Begriff „sophistisch“ pejorativ, impliziert damit also eine Abwertung. Unter sophistischem Handeln versteht Aristoteles Wortgeklingel, das über die eigentlichen Absichten und die miserablen Gründe für diese Absichten hinwegtäuschen soll. Die Sophisten sind solche, „die nur des Zankes und Streites wegen disputieren“ (Aristoteles, 1995a, 1655b), „der Sophist (ist) ein Mensch, der mit scheinbarer, nicht wirklicher Weisheit Geschäfte macht“ (Aristoteles, 1995a, 1655a). Aristoteles rückt sophistisches Argumentieren in die Nähe eristischer Argumentation, also einer Argumentation, die bewusst fehlleiten will. Bei Aristoteles haben die Fehlschlüsse ihren Platz im dialogischen Austausch und sind nicht Eigenschaften eines Arguments. Er unterscheidet zwischen Fehlschlüssen sprachlicher und nicht-sprachlicher Natur. Da diese Systematik für uns heute nicht mehr aktuell ist, sollen hier allerdings nicht alle Fehlschlüsse nach Aristoteles aufgeführt werden.

      Im 17. Jahrhundert führt Locke eine Kategorisierung von Fehlschlüssen ein, bekannt als ad-Fehlschlüsse (ad hominem, ad bacculum, ad misericordiam etc.). Van Eemeren et al. (2014) stellen heraus, dass sich in der folgenden Zeit FehlschlüssigkeitFehlschlüssigkeit zunehmend auf die Verbindung von Aussagen bezogen hat und so weder an den dialogischen Austausch noch an einen bestimmten Kontext gebunden war (vgl. S. 25). Dadurch wird und wurde es zunehmend schwierig zu erklären, was wirklich die FehlschlüssigkeitFehlschlüssigkeit eines Arguments ausmacht. Mit Fehlschlüssen sind dabei nicht in erster Linie logische Fehler gemeint, also nicht das Ziehen einer falschen Konklusion beispielsweise durch falsche Generalisierung. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Verbindung von Regen und nasser Straße. Obwohl das Argument „Immer wenn es regnet, ist die Straße nass. Es regnet. Also ist die Straße nass“ formallogisch korrekt ist, ist die Umkehrung „Immer wenn es regnet, ist die Straße nass. Die Straße ist nass. Also regnet es“ formallogisch nicht korrekt. Diese Art von logischen Fehlern ist aber nicht der Hauptgegenstand der Arbeiten zu Fehlschlüssen, sondern vielmehr die Argumente oder Argumentation, die die Gefahr bergen, den argumentativen Austausch zu erschweren, ob vorsätzlich oder fahrlässig.

      Dieses Problem wird auch deutlich, wenn man betrachtet, was Hamblin bereits 1970 als die „Standarddefinition“ (standard treatment) eines FehlschlussesFehlschluss nennt: Ein FehlschlussFehlschluss ist ein Argument, das gültig erscheint, es aber nicht ist (vgl. auch Tindale, 2013, S. 109). Diese Definition ist in vielerlei Hinsicht problematisch. Zum einen muss der Begriff der Gültigkeit bestimmt werden. Wenn man formallogische Gültigkeit annimmt, wäre ein Zirkelschluss (petitio principii) nicht notwendigerweise ein FehlschlussFehlschluss, da aus den PrämissePrämissen die Konklusion folgt. Dennoch würde man einer Diskussionspartnerin, die sich auf Zirkelschlüsse verlegt, schlechte Argumentation vorwerfen, da ihre Argumente keine


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